Gute Neuigkeiten aus Südostasien: Die Greater Mekong-Region mit den Ländern Myanmar, Thailand, Laos, Kambodscha und Vietnam ist eine wahre Wundertüte für Forscher:innen und Naturschützer:innen. Jahr für Jahr werden dort neue Arten entdeckt und beschrieben.

Cleyera Bokorensis © Shuichiro Tagane
Cleyera Bokorensis © Shuichiro Tagane

Der im Mai 2023 veröffentlichte WWF-Report „New Species Discoveries in the Greater Mekong 2021 & 2022“ listet ganze 380 Neuentdeckungen, darunter 46 Reptilien, 24 Amphibien, 19 Fische, ein Säugetier und 290 Pflanzen.

Der Bericht dokumentiert die Arbeit hunderter Wissenschaftler:innen, die in Universitäten, Naturschutzorganisationen und Forschungsinstituten tätig sind. Damit wächst die Zahl der seit 1997 in der Region entdeckten Tier- und Pflanzenarten auf 3.389.

Einzigartige Flora und Fauna der Mekong-Region

Der New Species Report belegt erneut eindrucksvoll, dass die Mekong-Region zu den weltweiten Hotspots der Artenvielfalt gehört.

Ein ausgeprägtes Relief mit Gebirgsketten, die über 5.000 Meter Meereshöhe reichen, Trockenwälder, Feuchtgebiete und Mangroven sowie hohe Jahresniederschläge und feuchtheißes Klima haben den Evolutionsmotor in der Region über die letzten Millionen Jahren angekurbelt.

Greater-Mekong-Region © Hkun Lat / WWF Australia
Greater-Mekong-Region © Hkun Lat / WWF Australia

Von den 13.500 Gefäßpflanzenarten, die in der Greater Mekong-Region gefunden wurden, sind 52 Prozent endemisch, das heißt, sie kommen ursprünglich nur hier vor. Bei den Wirbeltieren sind die Zahlen ähnlich: 54 Prozent der Amphibien, 39 Prozent der Reptilien und 16 Prozent der Säugetierarten kommen ausschließlich in der Mekong-Region vor.

Die heutigen Wälder dieses Gebiets sind Relikte eines ausgeprägten Waldgürtels, der die Region vor circa sechs Millionen Jahren umspannte. Die Unzugänglichkeit von weiten Teilen der Region hat die mittleren und hohen Lagen der Wälder sowie die einheimische Floren- und Faunenwelt lange Zeit vor Zerstörung und Ausrottung bewahrt.

Neu entdeckte Arten bereits jetzt durch Umweltzerstörung bedroht

Umso tragischer ist es, dass viele der Arten, die gerade erst neu entdeckt wurden, bereits stark durch den Verlust ihres Lebensraumes und Wilderei bedroht sind.

Der Evolutionsmotor der Mekong-Region gerät aufgrund fortschreitender Umweltzerstörung zunehmend ins Stocken. Seit den 1970er Jahren werden hier jährlich etwa 1,2 Millionen Hektar Wald abgeholzt. Gleichzeitig sind im Mekong und seinen Nebenflüssen rund 150 Wasserkraftanlagen geplant, die den Lebensraum zahlreicher Wasserlebewesen irreversibel zu zerstören drohen.

„Die neu entdeckten Arten zeigen, was auf dem Spiel steht, wenn wir ihre Lebensräume nicht schützen und erhalten."

Dr. Stefan Ziegler, Südostasien-Referent beim WWF Deutschland

„In der Mekong-Region gibt es vermutlich noch unzählige Arten, die die Wissenschaft nicht kennt. Es könnten Tier- und Pflanzenarten für immer ausgelöscht werden, bevor wir überhaupt von deren Existenz erfahren", so Dr. Stefan Ziegler. „Unser Ziel muss es sein, die biologisch wertvollen Gebiete am Mekong grenzüberschreitend und dauerhaft zu schützen sowie die natürlichen Ressourcen nachhaltig zu nutzen. Gesunde und intakte Ökosysteme kommen dabei auch der lokalen Bevölkerung zugute.“

Es ist ein Wettlauf gegen die Zeit”, so Prof. Thomas Ziegler, Kurator am Zoologischen Garten Köln, und appelliert schon 2020 im Vorwort des Reports eindringlich, die gemeinsame Arbeit zu beschleunigen und die internationale Zusammenarbeit zu verstärken, um diesen Schatz an biologischer Vielfalt zu erfassen, bevor er unwiederbringlich verloren geht.

Entdeckungen des Reports aus 2020

Der im Januar 2022 veröffentlichte WWF-Report „New Species Discoveries in the Greater Mekong 2020“ listet ganze 224 Neuentdeckungen, darunter 35 Reptilien, 17 Amphibien, 16 Fische, ein Säugetier und 155 Pflanzen.

Überraschend sind auch die Orte, an denen die Forscher:innen fündig wurden. Ein orange-brauner Krokodilmolch mit auffälligen Teufelshörnern beispielsweise war in einer 20 Jahre alten Reisezeitschrift über Thailand abgebildet, die einem aufmerksamen Wissenschaftler zufällig in die Hände fiel. Er machte sich daraufhin im Norden Thailands auf die – erfolgreiche - Suche nach der Art.

Ein neu beschriebener Popa-Langur konnte vom WWF und Fauna und Flora International (FFI) in freier Wildbahn fotografiert und anhand eines 100 Jahre alten Museumsexemplars im Natural History Museum in London identifiziert werden. Die ausgestorben geglaubte Art ist noch lebendig!

  • Dawei Road © WWF - Myanmar / Hkun Lat Mekong-Region

    Der Mekong ist mit etwa 4.500 Kilometern Länge der zehntgrößte Fluss der Welt und seine Artenvielfalt ist fast so gewaltig wie die des Amazonas. Weiterlesen ...