Es muss kein Entweder-oder sein. Keine Entscheidung für die Natur und gegen die Wirtschaft − oder andersherum. Durch die Klage gegen die Elbvertiefung hat sich der WWF gemeinsam mit NABU und BUND klar für die Interessen der Natur eingesetzt. Denn eine erneute Vertiefung der Tideelbe würde zu großen Umweltschäden in den europäischen Naturschutzgebieten führen.

Der WWF bringt nun eine langfristig tragfähige Alternative in die Diskussion ein. Eine aktuelle Studie zeigt: Eine Kooperation der Häfen in Hamburg und Bremerhaven mit dem JadeWeserPort (JWP) in Wilhelmshaven stärkt den Hafenstandort Deutschland gegenüber Rotterdam und Antwerpen. Auch ohne Vertiefung der Flussmündungen von Elbe und Weser profitieren davon alle deutschen Seehäfen.

Bereits im Jahr 2000 gingen die Länder Hamburg, Bremen und Niedersachsen für den Bau des JadeWeserPorts, eines gemeinsamen Tiefwasserhafens, einen wichtigen Schritt: Sie unterschrieben einen Kooperationsvertrag und verkündeten das Ende der Hafenkonkurrenz. Doch 2002 stieg Hamburg wieder aus und beantragte die Elbvertiefung. Bremen, Mitbetreiber des JWP, beantragte im gleichen Zeitraum die Vertiefung der Außenweser. Schwerwiegende Auswirkungen auf die Natur wie die Versalzung von Süßwasserlebensräumen oder die Verlandung von Gewässerbereichen wären Folgen solcher Vertiefungen. Gleichzeitig sieht die wirtschaftliche Lage des JWP aufgrund des fehlenden Containerumschlags derzeit düster aus.

Für eine neue Hafenkooperation

Hamburger Hafen © Martina Kohl / WWF
Hamburger Hafen © Martina Kohl / WWF

Wie kann die Vertiefung der Flussmündungen verhindert und gleichzeitig der Hafenstandort Deutschland gestärkt werden? Mit dieser Frage befasste sich Prof. Dr. Frank Ordemann von der Ostfalia Hochschule für angewandte Wissenschaften im Auftrag des WWF. Er zeigt eine − aus ökologischer wie ökonomischer Sicht − sinnvolle Alternative zur Vertiefung: eine Kooperation der Häfen Hamburg und Bremerhaven mit dem JadeWeserPort. Diese könnte die Vorteile der drei Hafenstandorte optimal nutzen. Das entworfene Szenario sieht unter anderem eine konsequente Profilierung des JWP als Transshipmenthafen vor, also als Umschlagplatz für Container von großen auf kleinere Frachtschiffe.

Hamburg und Bremerhaven können so in Kooperation mit dem Tiefwasserhafen in Wilhelmshaven den zukünftigen Tiefgangsrestriktionen für die weltgrößten Containerschiffe begegnen. Durch die Abgabe der Transshipmentcontainer im JWP werden die weltgrößten Containerschiffe leichter und können mit weniger Tiefgang die Elbe befahren. Eine Anpassung der Fahrwassertiefen in der Elbe an die Schiffsgrößenentwicklung ist zudem schon heute nicht mehr möglich. Ohne die Kooperation mit dem JWP würden die Transshipmentcontainer voraussichtlich vermehrt in Rotterdam abgeladen werden. Die Bindung der großen Reedereien an Deutschland würde dadurch abnehmen.

Die Analyse zeigt , dass eine Kooperation die Attraktivität des gesamten Hafenstandorts Deutschland gegenüber Rotterdam und Antwerpen stärken und der Hamburger Hafen auch bei einem Verzicht auf die Elbvertiefung ein international bedeutender Containerhafen bleiben kann. Mit dem Gutachten will der WWF die Chancen der Kooperation aber nicht nur verdeutlichen, sondern diese gleichzeitig vorantreiben − indem er eine neue Debatte anstößt. Zwischen Hafenbetreibern und Logistikern, Reedereien und Politikern.

Für sinnvolle Investitionen

Auch mit Blick auf die Finanzen ist ein Verzicht auf die Vertiefungen sinnvoll. Dies betrifft nicht allein die 650 Millionen Euro, die bereits in den JadeWeserPort investiert wurden. Durch die vorgeschlagene Kooperation würden zudem Mittel eingespart, die an anderer Stelle dringend benötigt werden und dem Hafenstandort Deutschland direkt zugute kommen könnten. Sinnvoll sind etwa Investitionen in die Erneuerung der veralteten Schleuse bei Scharnebeck oder die Sanierung des Nord-Ostsee-Kanals. 750 Millionen Euro würden bei einem Verzicht auf Vertiefungen von Elbe und Weser frei für solche wichtigen Infrastrukturprojekte.

Für die Natur und die Wirtschaft

Die Natur ist im Recht. Denn die geplanten Vertiefungen verstoßen gegen diverse europäische Regelungen wie unter anderem die Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie. Versalzung, Verlandung und Sauerstoffprobleme in Elbe und Weser müssen verhindert werden. Daher will der WWF, dass die Natur ihr Recht auch bekommt − und hat eine Lösung vorgestellt, die den Hafenstandort Deutschland im internationalen Wettbewerb stärkt ohne die Natur weiter zu schädigen.

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