Nach dem Film nun also ein Buch. Der Autor Wilfried Huismann hat es auf den WWF abgesehen. Er wirft dem WWF erneut zu Unrecht vor, an der Zerstörung des Regenwaldes und der Vertreibung von Indigenen beteiligt zu sein. Auch bereits vom Kölner Landgericht einstweilig verfügte Aussagen, die der WDR so nicht mehr verbreiten darf, finden sich in abgewandelter Form im Buch wieder.

„Das Buch enthält eine Vielzahl halbwahrer oder sogar falscher Aussagen, die entweder auf ungenauen Recherchen beruhen oder bewusst falsch sind. Das Buch beschreibt diverse existierende Umweltprobleme etwa im Zusammenhang mit der Soja- oder Palmölproduktion. Der Autor stellt die Problematik immer so dar, als läge die Verantwortung dafür beim WWF. Das Gegenteil ist richtig, der WWF versucht, Märkte zu verändern, um eine möglichst nachhaltige Wirtschaftsweise voranzutreiben“, sagt Marco Vollmar, damals Mitglied der Geschäftsleitung des WWF Deutschland.

Sojabohnenpflanzen auf dem Feld © fotokostic / iStock / Getty Images Plus
Sojabohnenpflanzen auf dem Feld © fotokostic / iStock / Getty Images Plus

So wird behauptet, der WWF habe „sich mit Monsanto verbündet“. Tatsächlich ist der US-Agrarkonzern neben weiteren 150 Mitgliedern Teilnehmer am „Runden Tisch für verantwortungsvolles Soja“ (RTRS). Neben dem WWF vertreten 15 weitere Nichtregierungsorganisationen (NGOs) die sozialen und ökologischen Interessen der Zivilbevölkerung. 

„Die Zertifizierung von Agrarrohstoffen ist ein Ansatz, den wachsenden Druck auf die Natur durch die Nachfrage nach Soja, Palmöl, Holz und Fisch zu verringern. Runde Tische können ein Teil der Lösung sein, sie sind aber kein Allheilmittel. Freiwillige Verpflichtungen allein werden die Entwaldung in den Tropen nicht stoppen, sie müssen durch Gesetze, Landnutzungskonzepte und die Ausweisung von Schutzgebieten gestützt werden. Siegel und Zertifikate sollen den Verbrauchern Orientierung geben. Sie zeigen: hier wird mehr für die Natur und Umwelt gemacht als gesetzlich vorgeschrieben ist. Das ist nicht perfekt, aber ein Fortschritt. Deshalb unterstützt der WWF diese Zertifikate und arbeitet kontinuierlich daran, sie zu verbessern“, erklärt Christoph Heinrich, damals Geschäftsführer Naturschutz des WWF.

Außerdem wiederholt der Autor in leicht abgewandelter Form die bereits vom Landgericht Köln einstweilig verfügte Falschaussage, der WWF schütze 80 Hektar große Wälder. Richtig ist: Der Wald gehört zur Plantage PT Rimba Harapan Sakt. Darüber hinaus wurde mit Satellitenaufnahmen und Ortsbesichtigungen auch die Flächenangabe überprüft. Statt der behaupteten 80 Hektar umfasst die tatsächliche Fläche des beschriebenen Waldes 4.000 Hektar.

Der Autor suggeriert weiterhin, dass die Existenz des Stammes der Kanume und seines Häuptlings Kasimirus durch die Palmölindustrie gefährdet sei. Er stellt den WWF fälschlicherweise in Zusammenhang mit dieser Bedrohung. Ebenso falsch ist, dass der WWF starken Druck auf den Häuptling und seinen Stamm ausgeübt habe. Das Stammesgebiet der Kanume befindet sich im Wazur Nationalpark auf Papua Neuguinea, der staatlich von einer Umwandlung in Palmölplantagen geschützt ist. Mitarbeiter des WWF Indonesien haben sich am 02.07.2011 mit Chief Kasimirus getroffen und eine Botschaft von Häuptling Kasimirus aufgezeichnet.

Marco Vollmar: „Die Vertreibung von Ureinwohnern gehört zu den dunkelsten Kapiteln des Naturschutzes. Der WWF hat dazugelernt und lehnt Zwangsumsiedlungen schon lange ab. Indigene sind ein entscheidender Erfolgsfaktor für den Naturschutz. Vertreibung schadet allen, den Menschen und dem Naturschutz.“

Gemähtes Sojabohnen Feld in Brasilien © Juan Pratginestos WWF
Gemähtes Sojabohnen Feld in Brasilien © Juan Pratginestos WWF

Ein weiterer Vorwurf: Der WWF würde nichts gegen die Waldzerstörung des Chaco-Gebietes tun, sondern sie sogar zugunsten der Sojaindustrie billigen. Richtig ist, dass sich das WWF-Netzwerk gemeinsam mit seiner assoziierten Partnerorganisation FVSA (Fundacion Vida Silvestre Argentina) für den Erhalt des wichtigen Trockenwaldes Gran Chaco durch die Aufstellung detaillierter Landnutzungs- und Schutzgebietspläne einsetzt. Zusammen mit Greenpeace Argentinien, der Organisation FARN und dem Environment Secretary of Argentina erarbeitete FVSA einen Entwurf für ein neues Waldgesetz. Für 49 Prozent der verbliebenen Chaco-Region wurden eine hochgradige Schutzbedürftigkeit und ein enormer ökologischer Wert nachgewiesen. Die Erhebungen von schutzwürdigen Flächen weltweit sind nach Einschätzung des WWF ein unverzichtbares Instrument zur Ausweisung von Schutzgebietsflächen.

Weiter behauptet der Autor, erst seit der Fukushima-Katastrophe habe sich der WWF von der Atomenergie distanziert. Stimmt nicht. Der WWF spricht sich seit über 10 Jahren gegen die Atomenergie aus. Nur ein Beispiel: Der WWF International hat im Jahr 2003 in seinem „WWF Position Statement Nuclear Power“ eine eindeutig ablehnende Position zu Atomenergie für das WWF Netzwerk verabschiedet. Im Jahr 2009 veröffentlichte der WWF die „Modell Deutschland-Studie“, die sich am Ausstiegsbeschluss der damaligen rot-grünen Bundesregierung 2002 orientiert und wissenschaftlich fundierte Begründungen für einen Atomausstieg liefert.

Und noch eine falsche Anschuldigung: Der WWF verfolge eine 10-Prozent-Faustregel, wonach nur 10 Prozent der Wälder erhalten werden sollen, ist falsch und stellt die Tatsachen auf den Kopf. Richtig ist stattdessen, dass sich der WWF seit Jahren sowohl international als auch in den wichtigsten Waldregionen der Erde gegen Entwaldung einsetzt und damit zu den führenden Organisationen gehört, die das international abgestimmte Ziel eines Stopps der Entwaldung bis 2020 vorangebracht haben. Die Rolle des WWF in diesem Politikfeld wurde insbesondere auf der Vertragsstaatenkonferenz zur Konvention über die Biologische Vielfalt (CBD) im Jahr 2008 in Bonn deutlich, als der WWF eine Resolution zum Stopp der Entwaldung bis 2020 von zahlreichen Umweltministern und Staatschefs hat abzeichnen lassen.

Der WWF setzte sich im Jahr 1997 generell dafür ein, dass mindestens 10 Prozent der Erdoberfläche, vor allem der Wälder, in Schutzgebieten gesichert werden. Es war und ist jedoch völlig unstrittig, dass der Schutz von Wäldern und anderen Ökosystemen niemals nur durch noch so gut geplante Schutzgebiete alleine gewährleistet werden kann. Schutzgebiete stellen nur die besonders konsequent gesicherten und gemanagten hochprioritären Bestandteile eines umfassenderen Schutzkonzepts für Wälder (bzw andere Ökosysteme) dar. Weitere unverzichtbare Bestandteile eines umfassenden Schutzkonzepts sind seit jeher auch der Erhalt von Ökosystemen außerhalb von Schutzgebieten durch nachhaltige Bewirtschaftung (nicht jedoch Umwandlung in Plantagen) und Festschreibung als zu erhaltende Waldfläche in Landnutzungsplänen. Die konkreten Schutzgebietsplanungen des WWF in den wichtigsten Waldregionen der Erde sahen und sehen dabei regelmäßig erheblich höhere Prozentsätze als 10% vor.

Schließlich wird erneut behauptet, der WWF sei mitverantwortlich, dass Regenwald abgeholzt werde. Dieser Vorwurf ist infam. Der WWF hilft weder direkt noch indirekt Regenwaldflächen zu zerstören. Der WWF hat sich für die Gründung des Zertifzierungssystems RSPO eingesetzt, um ein Instrumentarium zu erhalten, das die weitere ungeregelte Zerstörung von Tropenwäldern durch Palmölplantagen einzudämmen helfen kann. Ein Zertifizierungssystem, dessen zentrales Anliegen der Schutz von wertvollen Waldbeständen bei der Planung und Anlage von Plantagen ist, kann nicht als indirekte Hilfe bei der Zerstörung der Regenwaldflächen bezeichnet werden. 

Waldzerstörung durch Sojaanbau und Viehzucht © Lucas Mongelos
Waldzerstörung durch Sojaanbau und Viehzucht © Lucas Mongelos

Darüber hinaus bedarf es weiterer Ansätze, um der Dramatik und enormen Dynamik der Regenwaldzerstörung durch Plantagen aber auch Minen und sonstige illegale Rodung zu begegnen. So trat der WWF in der Vergangenheit gegenüber der Indonesischen und Malayischen Regierung immer wieder illegalen Waldrodungen oder besonders zerstörerischen Planungen entgegen.

Beispiel: Für umgerechnet 400 Millionen Euro sollte in Lahad Datu im Osten Sabahs ein Kohlekraftwerk gebaut werden, nur 20 Kilometer entfernt vom Tabin-Wildreservat, einem der letzten Rückzugsgebiete für das vom Aussterben bedrohte Borneo-Nashorn. Im Wald der Region leben außerdem Borneo-Orang-Utans und Borneo-Zwergelefanten. Außerdem hätte das Kühlwasser die Meeresbucht erwärmt, sodass die einheimischen Fischer um ihre Existenz fürchteten. Nach dreijährigem Protest von Umweltschützern hat der Ministerpräsident Sabahs − auch im Namen der Staatsregierung − im Februar bekannt gegeben, dass das Projekt zu den Akten gelegt worden ist. Der wachsende Energiebedarf seines Bundesstaats dürfe nicht auf Kosten des Gemeinwohls und der Umwelt gehen. Man werde stattdessen nach alternativen Energiequellen suchen. Ein schöner Erfolg für das Heart of Borneo!" Der Vorwurf, der WWF helfe indirekt dabei, neue und viel größere Regenwaldgebiete zu zerstören ist absurd, falsch und extrem ehrenrührig.

„Gute und konstruktive Kritik nehmen wir sehr ernst. Der Autor argumentiert im Buch jedoch mit falschen Tatsachenbehauptungen und fehlerhaften Recherchen. Darauf müssen wir in Verantwortung für unsere rund 438.000 Förderer in aller Deutlichkeit hinweisen und werden uns mit allen uns zur Verfügung stehenden Mittel dagegen wehren“, sagt Marco Vollmar.