Innerhalb der nächsten Jahre will der WWF Nepal seine Nashorn-Populationen vergrößern. Es gibt bereits Nationalparks mit stabilen Bestandzahlen, aber auch andere Regionen, in denen Nashörner nach wie vor sehr selten sind. Um das zu ändern, sollen Nashörner umgesiedelt werden. Doch wie geht das?

Zu allererst benötigt man ein Nashorn. Die Kollegen vom WWF Nepal sind dafür nach Chitwan, Nepals ältesten Nationalpark, gefahren. Chitwan ist die Heimat von etwa 605 der 645 nepalesischen Nashörner. Über 100 Umweltschützer beteiligen sich am frühen Morgen an der Suche. Unterstützt werden die Forscher von 30 Elefanten, die sich ihren Weg durch den Nationalpark bahnen.

Über Funk kommt die Nachricht: “Wir haben ein einzelnes Exemplar in der Grassavanne entdeckt, wohl ein Männchen.” Die Veterinäre haben ein Luftdruckgewehr vorbereitet, um die Nashörner möglichst schnell und schmerzfrei zu betäuben. Das Nashorn-Sedativum ist so stark, dass sogar schon ein einzelner Tropfen auf menschlicher Haut fatale Auswirkungen hat.

Vor dem Umziehen kommt noch die Besenderung

Betäubung © Akash Shrestha / WWF Nepal
Betäubung © Akash Shrestha / WWF Nepal

Zwei Tierärzte sind auf Bäume geklettert, während die Elefanten das Nashorn umringen und versuchen, es in Richtung einer der beiden Bäume zu navigieren. Der zweite Versuch klappt. Das Nashorn wurde am Hinterteil getroffen, ein perfekter Schuss. Bis das Betäubungsmittel wirkt, dauert es allerdings paar Minuten.

Anschließend muss das Nashorn mit einem Sender versehen werden. Nur so können die entscheidenden Daten gesammelt werden, die Auskunft geben, ob und wie sich das Nashorn an seinem späteren Wohnort zurechtfindet, welche Routen es zurücklegt und ob es gesund ist. Etwa 20 Minuten benötigt Kanchan Thapa vom WWF Nepal für das Anlegen des Halsbandsenders und für einige grundlegende Untersuchungen.  

Das Nashorn hat schlechte Laune

Verladung © Akash Shrestha / WWF Nepal
Verladung © Akash Shrestha / WWF Nepal

Insgesamt bleibt etwa eine Stunde Zeit, bis das Sedativum nachlässt und es ungemütlich werden kann. Das bedeutet, von nun an muss alles schnell gehen. Die Umweltschützer wuchten das Nashorn mit einer Rampe in eine hölzerne Transportbox. Ein Spezialtruck soll das Tier in seine neue Heimat bringen. Diese heißt Shuklaphanta und ist etwa 600 Kilometer entfernt von Chitwan an der Grenze zu Indien gelegen.

Die Transportbox wird mit Stahlseilen auf die Ladefläche des Lastwagens geschnallt, damit sich das Tier auf dem Weg dorthin über huckelige Pisten nicht verletzt, während es langsam wieder das Bewusstsein erlangt. Das geschieht erst, nachdem die Türen versperrt sind und sich niemand mehr in Reichweite des Nashorns befindet. Zum Glück, denn das Rhino ist nach dem Wachwerden äußerst schlecht gelaunt. Es rammt sein Horn gegen das Dach und die Wände, doch die Spezialkonstruktion hält.

Nashorn vor der Dehydrierung schützen

Inzwischen ist es Mittag und es wird zunehmend heißer. Zeit für eine Verschnaufpause. Der Truck steht zum Glück im Schatten, wo er auch noch eine Weile warten wird. Damit der Dickhäuter nicht dehydriert, schütten die WWF-Kollegen Wasser zur Abkühlung über dessen mächtigen Leib.

Nach Sonnenuntergang setzt sich der Truck in Bewegung. Längere Pausen sind nicht geplant - bei möglichst wenigen, kurzen Stopps können die Fahrer sich stärken, auf die Toilette gehen und natürlich das Nashorn füttern.

Ankunft in der neuen Heimat

Freilassung nach Transport © Akash Shrestha / WWF Nepal
Freilassung nach Transport © Akash Shrestha / WWF Nepal

Inzwischen ist es fast schon wieder mittags, als der Truck sein Ziel erreicht - den Shuklaphanta-Nationalpark. Hier findet das Nashorn beste Lebensbedingungen in einem Gelände mit ausgedehnten Gras- und Feuchtgebieten. Nun jedoch steht die letzte Aufgabe bevor: die Freilassung. Der Truck wird dafür an eine extra dafür vorgesehene Stelle gefahren. Nach einem Signal der Parkleitung öffnet sich langsam das Tor. Normalerweise nutzt das Nashorn diesen Moment, um schnellstmöglich in Freiheit zu gelangen. In diesem Fall jedoch dauert es über zehn Minuten, bis es schließlich langsam herausschreitet. Anstatt die neue Heimat zu inspizieren, interessiert das Nashorn sich für das Gefährt, dem es die letzten Stunden in Gefangenschaft verdankt. Mit seinem Horn stößt es noch ein paar Mal dagegen, bevor es endlich in den nahe gelegenen Wald läuft.

Umsiedlung für neue Generationen nepalesischer Nashörner

Das ist der Moment, für den alle gearbeitet haben. Über 24 Stunden Arbeit liegen hinter den meisten. Noch ist die Mission jedoch nicht abgeschlossen. In den folgenden Tagen wurden weitere vier Nashörner von Chitwan nach Shuklaphantan überführt. Mit den bereits existierenden zehn Exemplaren sollen diese die Grundlage für eine gesunde und stabile Nashornpopulation in westlichen Terai-Arc-Komplex bilden, damit in Zukunft vielleicht wieder über 800 dieser Dickhäuter durch die Wälder von Nepal streifen.

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