Unsere Stromversorgung muss aus Klimaschutzgründen und wegen der unkalkulierbaren Risiken bei der Nutzung der Kernenergie bis Mitte des Jahrhunderts vollständig auf erneuerbare Energien umgestellt werden. Für das Gelingen der Energiewende ist der Um- und Ausbau der Stromnetzinfrastruktur von zentraler Bedeutung, zum einen für die verbesserte Einspeisung aus erneuerbaren Energien in das Verteilernetz, zum anderen für den Transport des regenerativ erzeugten Stroms zu den Verbrauchszentren. Hierzu bedarf es nicht nur neuer Übertragungskapazitäten, sondern ebenso der Ertüchtigung der bestehenden Stromnetzinfrastruktur.

Erneuerbare Energien ausbauen

Mit dem Beschluss des Energiekonzeptes 2010/11 und der Festlegung des Ausbaukorridors für erneuerbare Energien im Zuge der EEG-Novellierung 2014 wurden Mindestausbauziele für erneuerbare Energien in Deutschland festgelegt. Die Stromversorgung soll bis 2050 vollständig aus erneuerbaren Energien erfolgen. Der Ausbau der erneuerbaren Energien wird sich dabei voraussichtlich auf Onshore-Windenergie und Photovoltaik, die kostengünstigsten Technologien, sowie Offshore-Windenergie konzentrieren und regional sehr unterschiedlich ausfallen. Onshore- und Offshore-Windenergie wird aufgrund der besseren Windverhältnisse größtenteils in Nord- und Nordostdeutschland zugebaut werden, Photovoltaik aufgrund der höheren Sonneneinstrahlung vermehrt im Süden und Südwesten der Republik.

Gleichzeitig konzentriert sich der Großteil des Stromverbrauches weiterhin auf die sogenannten Verbrauchs- oder Lastzentren in den Ballungsräumen und industriell geprägten Regionen in Süd- und Südwestdeutschland. Vormals wurde der Strom in unmittelbarer Nähe der Verbraucher erzeugt, mit dem Voranschreiten der Energiewende wird sich dies zunehmend ändern. Demnach besteht ein Bedarf für den Ausbau der Stromnetzinfrastruktur, um den Strom aus den vermehrt dezentralen Erzeugungsstandorten in die Verbrauchszentren transportieren zu können, auch länderübergreifend im Sinne einer europäischen Energiewende.

Stromnetzausbau im Einklang mit Mensch und Natur

Netzinfrastruktur © Chris Martin Bahr / WWF
Netzinfrastruktur © Chris Martin Bahr / WWF

Der Ausbau der Stromnetzinfrastruktur ist energiepolitisch notwendig und volkswirtschaftlich sinnvoll, denn er erhöht die Kosteneffizienz und die Versorgungssicherheit des Stromsystems. Gleichwohl findet der Um- und Ausbau der bestehenden Stromnetzinfrastruktur in der direkten Umgebung vieler Menschen in Deutschland statt. Er wird dabei häufig als zusätzliche Belastung für Natur, Landschaft und Bewohner wahrgenommen, die zu vielfältigen, bereits bestehenden Beeinträchtigungen hinzukommen.

Der WWF ist jedoch überzeugt davon, dass der Stromnetzausbau in Deutschland eine entscheidende Stellgröße für das Gelingen der Energiewende ist und beides nur dann Erfolg haben kann, wenn die Bürger frühzeitig und umfassend an der Planung des Netzausbaus mitwirken und dieser im Einklang mit Natur- und Umweltschutz erfolgt. Der WWF setzt sich für einen naturverträglichen und von den Bürgern akzeptierten Aus- und Umbau der Stromnetzinfrastruktur für das Gelingen der Energiewende ein. Es ist von besonderer Bedeutung, den Planungsprozess frühzeitig transparent, partizipativ und nachvollziehbar zu gestalten, auch um weiterhin ein hohes Maß an Akzeptanz für die Energiewende und die damit verbundenen Infrastrukturprojekte zu gewährleisten.

WWF Kernforderungen:

  • Der Ausbau der Stromnetzinfrastruktur ist auf Übertragungs- und Verteilnetzebene im Einklang mit Mensch und Natur zu gestalten.
  • Das bedeutet, dass Netzausbaumaßnahmen stets das Mittel der letzten Wahl darstellen und erst dann erfolgen sollten, wenn zuvor alle Optionen für die Netzoptimierung und –verstärkung in einem transparenten und nachvollziehbaren Verfahren geprüft worden sind. Dabei müssen die jeweils technisch verfügbaren Optionen für die Optimierung, für die Verstärkung und für den Ausbau getrennt und konkret benannt werden.