Nur noch etwa 2.500 der früher weit verbreiteten Borneo-Orang-Utans leben in den tiefen Wäldern im Grenzgebiet von Malaysia zu Indonesien. Die Region ist auch Heimat der indigenen Iban-Gemeinden. Doch Abholzung, Ölpalmenplantagen und Straßenbauprojekte bedrohen sowohl die Orang-Utans als auch Leben und Kultur der Iban.

Orang-Utans: Letzte Chance Sarawak

Orang-Utan in Sarawak / Malaysia © Zora Chan / WWF Malaysia
Orang-Utan in Sarawak © Zora Chan / WWF Malaysia

Borneo-Orang-Utans kommen heute nur noch in kleinen, meist voneinander isolierten Beständen vor. Im malaysischen Bundesstaat Sarawak auf der Insel Borneo finden sie ihren größten noch verbliebenen zusammenhängenden Lebensraum.

Die indigenen Iban-Gemeinden hier sind fest mit dem Wald und den Orang-Utans verwurzelt. Doch ihre Einkommensmöglichkeiten sind begrenzt und umso verlockender die Angebote der Palmölindustrie: Viele der indigenen Iban sind bereits aus ihrer Heimat abgewandert, um in Städten Arbeit und bessere Bildung zu finden. Diejenigen, die geblieben sind, erhalten Angebote von Unternehmen, mit ihnen zusammen Land zu erschließen. In der Regel für den Anbau von Ölpalmen.

Ulu Sungai Menyang: Heimat für Menschen und Tiere

Ulu Sungai Menyang heißt die einzigartige Landschaft an der Grenze zu Indonesien, in der die Iban leben und deren Wälder noch zu 98 Prozent unberührt sind. Die wilden Wälder grenzen an zwei wichtige Schutzgebiete und bieten nicht nur den Orang-Utans eine wichtige Heimat, sondern vielen weiteren gefährdeten Arten wie Gibbons, Sunda-Nebelparder, Zibetkatzen oder Helmhornvögel. Seit 2017 setzt sich der WWF für den Erhalt dieser Wälder ein. Wir arbeiten eng mit den Iban zusammen, unterstützen den Ausbau nachhaltiger Einkommensmöglichkeiten und stärken die Gemeinden in ihrer Selbstbestimmung und beim Schutz ihrer Wälder.

Die große Bedeutung der Orang-Utans für die Iban

Die Iban haben eine enge Verbindung zur Natur © Victoria Müller / WWF
Die Iban haben eine enge Verbindung zur Natur © Victoria Müller / WWF

Die Mythologie der Iban in Sarawak ist eng mit der Unversehrtheit ihrer natürlichen Umwelt verbunden, einschließlich der örtlichen Orang-Utan-Populationen. Die indigenen Gemeinden leben seit Generationen mit den Orang-Utans zusammen und glauben, dass die Primaten mit den Menschen eine bedeutende Ahnenverbindung haben.

Den Orang-Utans nicht zu schaden, ist wichtiger Teil ihrer Kultur, genau wie der Schutz ihrer Wälder. Die Iban sind deshalb die besten Verbündeten des WWF beim Erhalt der Art und ihrer Lebensräume.

Langhäuser und Kunsthandwerk

Die Iban leben traditionell in Langhäusern die tatsächlich mehrere hundert Meter lang sein können und in denen die ganze Dorfgemeinschaft Raum zum Leben und Arbeiten findet. Einige der Gemeinden stellen Kunsthandwerk-Produkte wie Körbe, gewebte Matten und Stoffe her. Doch bis auf einige Touristen und Touristinnen fehlen ihnen die Absatzmärkte. Auch das Sammeln von Waldprodukten und ihre kleinbäuerliche Landwirtschaft dienen den Iban hauptsächlich zur Selbstversorgung. Für den Verkauf mangelt es jedoch häufig an Startkapital und auch hier dem Marktzugang.

Baumsetzlinge zum Schutz der Orang-Utans

Iban bei der Gaharu-Tee-Ernte in Sarawak © WWF Malaysia
Iban bei der Gaharu-Tee-Ernte in Sarawak © WWF Malaysia

Um auf lange Sicht gut leben und dabei den Regenwald schonen zu können, brauchen die Iban ein breit gefächertes, sicheres Auskommen. Eine Möglichkeit bietet der Anbau des hochwertigen Gaharu-Tees. 11.000 Setzlinge der Gaharu-Bäume, auch Agrarwood genannt, konnte der WWF schon bereitstellen.

Im Rahmen eines weiteren Projektes haben wir Pflanzungen der Iban-Gemeinde Rumah Manggat mit 400 Obstbäumen verschiedener Sorten unterstützt: die „Durian“, die in Malaysia gerne gegessen wird, aber zu Recht den Namen Stinkfrucht trägt, die „haarige“ Rambutan und die Jackfrucht, die man in verarbeiteter Form auch in deutschen Supermärkten findet. Für die Pflege der Setzlinge wurde eine Baumschule gegründet.

Gemeinsam auf Vorhandenem aufbauen

In einem großen, auf vier Jahre angelegten Projekt unterstützen wir die Iban ab 2023 weiter dabei, ihren Lebensunterhalt nachhaltig zu sichern. Basierend auf bestehenden Praktiken, Kenntnissen und Ressourcen ermitteln wir mehr geeignete Nutzpflanzen, stellen Werkzeuge und Setzlinge zur Verfügung und helfen beim Anbau und dem Zugang zu geeigneten Märkten. Auch bessere Absatzmöglichkeiten für ihre kunsthandwerklichen Erzeugnisse wollen wir gemeinsam mit den Iban erschließen, die Produktion durch eine Vernetzung der Gemeinden ausbauen und bei Bedarf Setzlinge für die dafür nötigen „Bemban“-Pflanzen bereitstellen. Denn die handgefertigten Einzelstücke haben Potenzial.

Einnahmen und Naturbewusstsein durch Ökotourismus

Langhaus der Iban © WWF Malaysia / Mazidi Abd Ghani
Langhaus der Iban © WWF Malaysia / Mazidi Abd Ghani

Schon heute besuchen regelmäßig Touristen und Touristinnen die Region. Interessierte Gemeinden unterstützen wir darin, ihr touristisches Angebot auszubauen – zum Beispiel durch kulturelle und ökologische Vorträge und Ausstellungen in ihren Langhäusern. Denn die breitere Entwicklung eines naturnahen Inlandstourismus in das Gebiet kann gleichzeitig die Lebensbedingungen der Gemeinden verbessern und bei ihren Besucher:innen das Bewusstsein für die Bedrohungen und den Naturschutz erhöhen.

Problematisch: Wenn Orang-Utans die Ernte fressen

Trotz ihrer Verbundenheit mit Wald und Arten kommt es aber auch bei den Iban zu Mensch-Wildtier-Konflikten. Immer wieder dringen Orang-Utans und andere Tiere in ihre Obstgärten ein und plündern die Ernte. Eine Lösung können wilde Sagopalmen sein, die in einiger Entfernung der Langhäuser als Futter für die Orang-Utans angepflanzt werden. Diese zu kaufen und richtig anzupflanzen – dafür fehlen den indigenen Gemeinden jedoch wiederum die Mittel und manchmal auch das nötige Wissen. Im Rahmen unseres Projektes werden wir gemeinsam mit den Iban einen geeigneten Mechanismus entwickeln, um diese Konflikte nachhaltig zu adressieren.

Straße durch den Urwald

Boote sind das Haupttransportmittel der Iban in Sarawak © WWF Malaysia
Boote sind das Haupttransportmittel der Iban in Sarawak © WWF Malaysia

Aktuell bedroht der geplante Bau einer Straße die wertvolle Ökoregion Ulu Sungai Menyang. Die Straße würde zwar den Iban-Gemeinden eine bessere Erreichbarkeit ermöglichen. Doch sie birgt die große Gefahr, dass weitere Erschließungen – zum Beispiel für Plantagen – folgen, die Landschaft zerstören und sichere Lebensräume für Orang-Utans und andere Tiere fragmentieren und verkleinern.

Eine Straße würde auch Wilderern und Holzfällern das Eindringen leichter machen. Im Rahmen unseres Projektes wollen wir die genauen, negativen Auswirkungen dieser Entwicklung nachweislich ermitteln. Damit Schutz- und Umweltbelange in die Entwicklungsplanung des sensiblen Gebietes einbezogen werden, arbeiten wir mit den lokalen Behörden zusammen.

Gleichzeitig dürfen die Bedürfnisse der lokalen Bevölkerung nicht übergangen werden. In einem ganz eigenen Projekt helfen wir deshalb bei der Erstellung eines Zonierungsplans für eine klare Abgrenzung verschiedener Zonen in der großen Landschaft und entwickeln gemeinsam Leitlinien für kommunale Schutzgebiete.

Wir unterstützen die Iban, ihre Rechte und Belange durchzusetzen und die Wälder zu schützen. Denn mit den ursprünglichen, dichten Regenwäldern der Region schwinden auch die traditionellen Lebensgrundlagen der lokalen Gemeinden.

Unterstützen Sie die Naturschutzarbeit des WWF

  • Orang Utan mit Nachwuchs © naturepl.com / Anup Shah / WWF Borneo und Sumatra

    Die Inseln Sumatra und Borneo sind mit ihren tropischen Regenwäldern, Bergwäldern und Mangroven der letzte Lebensraum vieler Arten. Mehr zu Borneo

  • Orang-Utan in Sarawak / Malaysia © Zora Chan / WWF Malaysia Orang-Utans: Die gefährdeten Affen mit dem roten Fell

    Orang-Utans sind die größten heute noch lebenden Baumsäugetiere sowie die einzigen überlebenden Großen Menschenaffen Asiens.

Logo des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) © BMZ

Das vierjährige Projekt gemeinsam mit den Iban in Ulu Sungai Menyang wird gefördert vom Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ). Die vorangegangenen Pflanzungen der Gaharu-Bäume waren Teil eines vom Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz (BMUV) geförderten Projekts.