Es gibt sie noch in Deutschland: frei fließende, lebendige Flüsse und Bäche, die Lebensraum für viele Tier- und Pflanzenarten und für uns Menschen wertvolle Naturerlebnisse bieten. Doch es sind nur noch wenige und sie sind bedroht. Der WWF will diese wertvollen Flussabschnitte als „Gewässerperlen“ auszeichnen und schützen.

Die Idee dazu stammt aus Frankreich und der Schweiz. Dort werden die letzten naturnahen Flüsse bereits als „Riviére sauvage“, beziehungsweise als „Gewässerperlen PLUS“, ausgezeichnet. Gemeinden, regionale Verbände oder Vereine können ihre besonders wertvollen Gewässer zertifizieren lassen. Die Motivation dahinter: Die Menschen der Regionen können stolz sein auf „ihren Fluss“, der etwas Besonderes ist, weil er noch lebendig ist, natürlich fließt und sich über seine Ufer ausbreiten kann. Sie möchten, dass er erhalten bleibt.

„Unser Ziel ist es, unsere Gewässerperlen zu finden, sie auszuzeichnen und ihnen damit den Wert zu verleihen, den sie verdienen. Wir wollen sie erhalten – für zukünftige Generationen, für unsere Kinder.“

Franka Lenz, Referentin Gewässerperlen beim WWF Deutschland

Diese Idee der Auszeichnung bringt der WWF mit finanzieller Unterstützung der Deutschen Postcode Lotterie nun nach Süddeutschland und führt das Label „Gewässerperle PLUS“ auch hierzulande ein – zunächst in Bayern und Baden-Württemberg. Dafür sucht der WWF Deutschland derzeit geeignete Gewässer und Menschen, die sich für diese einsetzen möchten.

Warum brauchen wir gesunde Gewässer?

Kanu-Tour © Julia Baer / WWF
Kanu-Tour © Julia Baer / WWF

Flüsse, Bäche, Seen und ihre Ufer sind eng mit den Menschen verbunden, sie sind Orte der Erholung und der Aktivität. Und sie wecken Kindheitserinnerungen: Viele Erwachsene erinnern sich gern daran, wie sie die Sommer am Fluss oder Bach verbracht haben – planschend im Wasser oder Verstecke bauend am Ufer. Diese Erlebnisse sollen auch nachfolgende Generationen genießen können.

Gesunde Flüsse können aber noch mehr: Sie gehören zu den artenreichsten Lebensräumen Europas, sie speisen das Grundwasser und sind damit entscheidend für die Wasserverfügbarkeit. Und zusammen mit ihren Auen und Überflutungsflächen bilden sie einen natürlichen Hochwasserschutz und können die Auswirkungen von Dürreperioden abmildern.

Wie gesund sind Deutschlands Flüsse?

Ammerschlucht © Claire Tranter / WWF
Ammerschlucht © Claire Tranter / WWF

Anfang 2024 veröffentlichte der WWF Deutschland einen Hintergrundbericht zu naturnahen Gewässerabschnitten in Süddeutschland. Das ernüchternde Ergebnis: Nur rund ein Prozent der Bäche und Flüsse erfüllen die Anforderungen für das Gewässerperlen-Label, sind also auf einer Strecke von mindestens zwei Kilometern weitgehend naturnah.

Diese potenziellen Gewässerperlen-Strecken beschränken sich auf die Mittelgebirge sowie den Alpen- und Voralpenraum. In den stärker landwirtschaftlich genutzten und besiedelten Regionen Süddeutschlands hat der Mensch die Fließgewässer bereits zu stark verändert, längere zusammenhängende Abschnitte sind selten.

Und selbst von den 16 Kandidaten, die am besten für die Gewässerperlen-Zertifizierung geeignet wären, sind nur fünf länger als zehn Kilometer. Die beiden längsten zertifizierbaren Gewässerstrecken – die Ammer in Oberbayern und die Wutach im Schwarzwald – liegen in schwer zugänglichen Schluchten und sind daher von starken Veränderungen verschont geblieben.

Was ist das Label „Gewässerperle PLUS“?

Die Wutach-Schlucht ist eine mögliche Gewässerperle © Franka Lenz / WWF
Die Wutach-Schlucht ist eine mögliche Gewässerperle © Franka Lenz / WWF

Gewässerperlen sind dynamische Bäche und Flüsse, die wertvolle Lebensräume für Tier- und Pflanzenarten, aber aufgrund ihrer Natürlichkeit auch einzigartige Naturerlebnisse für uns Menschen bieten. Diese naturnahen Gewässer können mit dem Label „Gewässerperle PLUS“ ausgezeichnet werden.

Das Label kann von Gemeinden, Regionalverbänden oder Tourismusverbänden beantragt werden und bringt alle an einen Tisch, die ein Interesse an ihrem Gewässer haben: das sind Anwohner:innen, Fischer:innen, Wassersportler:innen, Naturschutzvereine und Behörden. Gemeinsam wird ein Entwicklungsplan erarbeitet, wie der Zustand der Gewässerperle über die nächsten fünf Jahre – so lange gilt das Zertifikat – erhalten oder sogar verbessert werden kann.

In der Schweiz wird das Label unter anderem auch zur Entwicklung eines sanften Naturtourismus und zur Lenkung der Naherholung genutzt. Von naturnahen Flüssen profitiert letztlich nicht nur die Artenvielfalt, sondern auch wir Menschen.

Was zeichnet Gewässerperlen aus?

Damit ein Gewässer mit dem Label „Gewässerperle PLUS“ ausgezeichnet werden kann, muss es einige Kriterien erfüllen:

So können Sie den WWF beim Schutz von Lebensräumen unterstützen:

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