Bodenlos

Erdreich zweitgrößer Kohlenstoffspeicher des Planeten. / WWF zum Internationalen Tag des Bodens: Eine Milliarde Pilze und über eine Million Kleinstlebewesen und Insekten pro Quadratmeter Boden.

Intakte Böden sind nach den Ozeanen die größten Kohlenstoffspeicher der Welt und speichern rund doppelt so viel CO2 wie die Atmosphäre. Allerdings gehen weltweit jährlich 24 Milliarden Tonnen fruchtbarer, gesunder Mutterboden allein durch Erosion verloren, so die Warnung der Naturschutzorganisation WWF anlässlich des Weltbodentages am 5. Dezember. Die Verluste haben laut WWF Auswirkungen auf die Ernährungssicherheit, die biologische Vielfalt und das Weltklima. Der WWF fordert daher, endlich die geplante, aber immer wieder verschobene, europäische Bodenschutzrichtlinie zu realisieren. Zudem müsse sich die Entwicklungszusammenarbeit konsequent an nachhaltigen Agrar-Konzepten orientieren, anstatt weiterhin bodenzerstörende industrielle Landwirtschaft zu exportieren.

 

„Wenn man ihn lässt, ist der Boden ein engagierter Klimaschützer. Kommt das fragile Netzwerk aus Lebewesen, Wasser- und Kohlenstoffspeicher jedoch aus dem Gleichgewicht, sind die Folgen oft fatal“, warnt Christoph Heinrich, Vorstand Naturschutz beim WWF Deutschland. Bodenschutz sei, so Heinrich, ein aktiver Beitrag zum Klimaschutz. Anlässlich der Weltklimaschutzkonferenz in Paris fordert der WWF daher gezielte Maßnahmen, um den Humus in landwirtschaftlichen Flächen zu erhalten und weiter aufzubauen, etwa durch den effektiven Schutz von Grünlandflächen sowie vielfältige Fruchtfolgen auf dem Acker. Gleichzeitig müsse der Schutz und die Wiedervernässung von Mooren vorangetrieben werden, da diese Böden fast doppelt so viel Kohlenstoff speichern, wie zum Beispiel Waldböden. Zwar berücksichtigten, so die WWF-Kritik, die Sustainable Development Goals der UN den Boden als kritischen und limitierenden Faktor, es fehle jedoch an klaren Zielvorgaben und internationalen Aktionspläne zum Schutz und der Renaturierung wertvoller Böden.

 

Auch in Bezug auf die Ernährungssicherheit spiele der Boden eine zentrale Rolle. Derzeit beansprucht laut WWF-Studie jeder Deutsche pro Jahr durchschnittlich 1562 m² Ackerfläche für seine Ernährung, einen Großteil davon in Entwicklungs- und Schwellenländern. Allerdings wird sich, so die WWF-Prognose, die weltweit verfügbare Ackerfläche bis 2050 auf 1166 m² pro Person und Jahr verringern. Besonders der hohe Fleischkonsum und die dafür benötigten Massen an Futtermittel – vor allem Soja aus Südamerika – müssten verringert werden.

 

Wesentlich für einen produktiven und zugleich ökologisch wertvollen Boden ist laut WWF die Artenvielfalt im Erdreich. In einem Bodenstück von einem Quadratmeter Größe und 30 Zentimetern Tiefe leben im Durchschnitt eine Milliarde Pilze, eine Million Fadenwürmer, 100.000 Milben, 50.000 Springschwänze, 20.000 Borstenwürmer, 150 Doppelfüßer, 150 Regenwürmer,  100 Käfer und Larven sowie jeweils 50 Hundertfüßer, Asseln, Schnecken und Spinnen. Hinzukommen noch einmal eine Millionen Algen und eine Billion Bakterien.

 

Hintergrund

Pflanzen atmen das CO2 aus der Luft ein, bauen es in ihre Wurzeln, Äste und Blätter ein oder geben es sogar direkt als Zucker zur Fütterung ihnen hilfreicher Bodenlebewesen ab. Diese wiederum wandeln abgestorbene Pflanzen zum Teil in Humus um. Monokulturen und die einseitige Nutzung von synthetischen Düngemitteln schädigen das Bodenleben stark, sodass der Boden Humus ab- statt aufbaut, also netto CO2 an die Luft abgibt anstatt dieses zu speichern. Zudem speichert intakter Boden Regenwasser wie ein Schwamm und kann so extreme Wetterereignisse wie lange Dürre- bzw. Niederschlagsperioden abfedern, indem er entweder gespeichertes Wasser an die Pflanzen abgibt oder überschüssiges Wasser aufsaugt.

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WWF Presse-Team