Europäischer Gerichtshof verhandelt Fischerei-Klage von Umweltverbänden gegen Bundesrepublik Deutschland

EuGH in Luxemburg befasst sich mit Grundschlepp- und Stellnetz-Fischerei in Meeresschutzgebieten der deutschen Nord- und Ostsee – Zerstörung von Lebensräumen schreitet seit Jahren ungebremst voran

Lederkoralle (c) Stephan Lutter / WWF
Lederkoralle (c) Stephan Lutter / WWF

Berlin / Luxemburg: Gestern hat sich der Europäische Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg mit einer von Umweltverbänden eingereichten Klage gegen Grundschlepp- und Stellnetz-Fischerei befasst. Der Umweltdachverband Deutscher Naturschutzring (DNR) hatte bereits Anfang 2015 in Vertretung einer Allianz deutscher Umweltverbände aus BUND, Deutscher Umwelthilfe (DUH), Greenpeace, NABU, Whale & Dolphin Conservation (WDC) und WWF beim Verwaltungsgericht Köln den Stopp der Fischerei mit Grundschlepp- und Stellnetzen in Natura-2000-Gebieten der deutschen Nord- und Ostsee gefordert. Diese Klage wurde vom Kölner Verwaltungsgericht mit einem Ersuchen auf Vorabentscheidung an den EuGH weitergeleitet. Beim gestrigen Anhörungstermin ging es im Kern darum, ob die Verpflichtungen der Mitgliedstaaten zur Umsetzung der Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie durch die sogenannte Fischereigrundverordnung der Gemeinsamen Fischereipolitik der EU (GFP) eingeschränkt bzw. verdrängt werden, wie das die Bundesregierung behauptet. Eine Entscheidung wird im Jahr 2018 erwartet.

 

„Mit jedem Tag, der aufgrund der festgefahrenen politischen Situation vergeht, sterben Seevögel und Meeressäugetiere, während gleichzeitig ihre Lebensräume zerstört werden“, beklagten die Umweltverbände beim Anhörungstermin vor dem EuGH. „Angesichts des Mangels an politischem Willen und der fortgesetzten erheblichen Beeinträchtigung der Meeresschutzgebiete in der deutschen Nord- und Ostsee durch schädliche Fischereimethoden war es zwingend geboten, diesen Weg zu beschreiten.“

 

Bereits Mitte 2014 hatten die Umweltverbände durch ihren Bevollmächtigten, den Hamburger Rechtsanwalt Rüdiger Nebelsieck, beantragt, umgehend die Fischerei mittels mobiler grundberührender Fanggeräte (Grundschleppnetze) bzw. Stellnetze in ausgewählten Schutzgebieten zu untersagen. Hilfsweise sollte angeordnet werden, dass die beschriebene Fischerei in diesen Gebieten eingestellt wird, bis entweder eine FFH-Verträglichkeitsprüfung erhebliche Beeinträchtigungen der maßgeblichen Erhaltungsziele der Gebiete ausschließt oder – nach Beteiligung der anerkannten Umweltverbände – eine Abweichungsprüfung die Fischerei trotz erheblicher Beeinträchtigungen gestattet.

 

Nach erfolglosem Vorverfahren erhob der DNR Anfang 2015 Klage beim Verwaltungsgericht Köln, um dem Naturschutzrecht in den deutschen Meeresschutzgebieten zum Erfolg zu verhelfen. Gegenstand der Klage sind die Umgehung des Verbandsbeteiligungsrechts bei FFH-Verträglichkeitsprüfungen (hier Fischerei als erheblicher Eingriff bzw. als Projekt im Sinne der FFH-Richtlinie) und das Initiativrecht eines EU-Mitgliedstaats im Rahmen der Gemeinsamen Fischereipolitik bei notwendigen Naturschutzmaßnahmen.

 

Vor einem Jahr kam es zur mündlichen Anhörung und Entscheidung des Verwaltungsgerichts Köln, die Frage der Zuständigkeit und des Verhältnisses von FFH-Richtlinie und GFP dem EuGH vorzulegen. „Die Verhandlung beim EuGH ist ein wichtiger Meilenstein hin zu einer Klärung der zu Grunde liegenden Rechtsfragen auf dem Weg zu einem effektiveren Meeresnaturschutz“, betonten die Umweltverbände. „Nach Jahren des Stillstands und der politischen Blockaden hoffen wir auf eine Entscheidung, die Schweinswalen, Seevögeln und Lebensräumen wie Riffen und Sandbänken zu dem Schutz verhilft, der ihnen nach europäischem und nationalem Umweltrecht verpflichtend zusteht.“

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