WWF: Deutsche EU-Ratspräsidentschaft muss die EU aus drei Krisen führen

Deutschland übernimmt im Juli 2020 für ein halbes Jahr die EU-Ratspräsidentschaft. In dieser Zeit koordiniert die Bundesregierung die gemeinsamen Aufgaben und Vorhaben für alle 27 EU-Mitgliedsländer im Rat der Europäischen Union. WWF Naturschutzvorstand Christoph Heinrich kommentiert: „Klimakrise, Artensterben und die Corona-Pandemie – die Ratspräsidentschaft fällt in eine Zeit historischer Herausforderungen, aber gleichzeitig auch beispielloser Chancen. Die Bundesregierung wird ab Juli daran gemessen, ob sie ihren Beitrag dazu leisten kann, die Mitgliedsländer der EU aus diesen Krisen zu führen.” 

EU-Haushalt

Der EU-Haushalt (MFR) für die nächsten sieben Jahre und die darin enthaltenen Konjunkturhilfen gestalten die EU für Jahrzehnte. Die entscheidenden Verhandlungen zum MFR fallen mitten in die deutsche Ratspräsidentschaft. Der WWF fordert, dass die Hälfte des neuen EU-Haushalts in den Schutz des Klimas und der Biodiversität fließen. Die übrigen Ausgaben sollten darüber hinaus nach dem “do no harm”-Prinzip des European Green Deal verwendet werden, sodass sie der Umwelt keinen Schaden zufügen. „Für eine nachhaltige und klimaneutrale EU-Zukunft sind jetzt die Verhandlungskünste der Bundesregierung gefragt. Sie muss die Mitgliedstaaten geschickt aus den Verhandlungsgräben herausholen und sich auch selbst für eine klimaneutrale und krisenfeste Wirtschaft in Europa einsetzen.  Kommende Generationen müssen den Wiederaufbau der Wirtschaft bezahlen, deswegen muss auch jeder Euro in ihre Zukunft einzahlen.”, kommentiert Heinrich. 

Klima

Der WWF begrüßt, dass die Bundesregierung Klimaschutz als einen Fokus der Ratspräsidentschaft identifiziert hat. Denn 2020 ist ein entscheidendes Jahr für den weltweiten Klimaschutz. Alle Staaten sind aufgerufen, ihre Klimaschutzbeiträge (NDC, Nationally Determined Contribution) zu verschärfen und beim UNFCCC neu einzureichen. Die EU spielt hier eine Schlüsselrolle: Als größter Wirtschaftsraum und drittgrößter Verursacher weltweit kann sie durch die Erhöhung ihres Klimabeitrages ein deutliches Signal an die internationale Staatengemeinschaft senden. Heinrich nennt zwei entscheidende Forderungen: „Erstens sollte Deutschland vorangehen und die Zielerhöhung von mindestens 55 Prozent Treibhausgas-Minderung zu 1990 im Rahmen des Green Deals aktiv vorantreiben. Der WWF fordert sogar eine Verschärfung auf 65 Prozent Minderung, um einen fairen EU-Beitrag dazu zu leisten, den Anstieg der durchschnittlichen Erdtemperatur auf 1.5 Grad zu begrenzen. Zweitens sollte Deutschland seine Moderationsrolle nutzen, um das europäische Klimaschutzgesetz zu einem Beschluss zu bringen, welches das Ziel der Klimaneutralität bis spätestens 2050 gesetzlich verankern soll. Damit wäre die Klimaneutralität der neue Kompass Europas, gültig für alle Politikbereiche.”

Biodiversität

Mit der Veröffentlichung der EU-Biodiversitätsstrategie hat die Europäische Kommission im Mai 2020 einen wichtigen Schritt in Richtung einer nachhaltigen europäischen Wirtschaft und Gesellschaft getan. Die Strategie, im Einklang mit der ebenfalls neuen Farm-to-Fork-Strategie, hat das Potenzial Großes für die europäische Natur zu erreichen. Während der EU-Ratspräsidentschaft muss die Bundesregierung sich dafür einsetzen, das Ambitionsniveau der Strategie hochzuhalten. Gelegenheit dazu bieten die Beschlüsse des EU-Umweltrates, die voraussichtlich im Oktober gefasst werden. Als EU-Ratsvorsitzende hat die Bundesregierung die wichtige Aufgabe, die entsprechenden Verhandlungen zwischen den Mitgliedstaaten effektiv zu koordinieren und zu einem positiven Ergebnis kommen zu lassen. Besonders wichtig ist aus Sicht des WWF die Behauptung des 30-Prozent-Ziels zum Schutz von Land- und Meeresfläche. Zudem muss das in der Strategie angekündigte rechtlich bindende Flächenziel zur Wiederherstellung zerstörter Ökosysteme unbedingt beibehalten werden.

Hintergrund

Mit anderen Umweltverbänden hat der WWF das Forderungspapier „Die EU zukunftsfähig machen” erarbeitet. Es enthält die ausführlichen Forderungen der deutschen Umweltverbände an die Ratspräsidentschaft Deutschlands.

Kontakt

Rebecca Gerigk

WWF Pressestelle