Kurzfristig müssen die Hilfsorganisationen wie zum Beispiel das World Food Programme mit den notwendigen finanziellen Ressourcen ausgestattet werden, damit sie die höheren Lebensmittelpreise zahlen können. Aber das allein reicht nicht.
„Es ist wichtig, dass die internationalen Agrarmärkte möglichst offen bleiben“, betont Rathke. „Denn hier geht es um existentielle Fragen, um die Versorgung der Menschen mit Lebens- und Nahrungsmitteln.“
Und wir müssen unser Agrarsystem umstellen. Allein in Deutschland werden rund 60 Prozent des Getreides für die Herstellung von Tierfutter verwendet. Diesen Anteil müssen wir deutlich reduzieren, um mehr Getreide für die Herstellung von Lebensmitteln zu haben. Dies geht letztlich aber nur, in dem der Konsum von tierischen Produkten deutlich eingeschränkt wird – eine enorme gesellschaftliche und politische Herausforderung. Auch die Herstellung von Agrokraftstoffen müssen wir hinterfragen. Gerade die jetzige Situation verdeutlicht: Getreide gehört auf den Teller, nicht in Trog und Tank.
Die derzeitige Verfügbarkeit von Getreide ist eine Momentaufnahme. Der Blick in die Zukunft lässt uns vor allem mit großen Unsicherheiten konfrontieren: der drastische Rückgang der Artenvielfalt, die katastrophalen Auswirkungen der Klimakrise oder ein schlechter Gewässerzustand. All diese Herausforderungen erhöhen die Risiken von Ernteausfüllen oder eine Gefährdung von Agrarökosystemen. Deshalb ist gerade in der jetzigen Situation der Bedarf groß, Maßnahmen zu treffen, die die Biodiversität verbessern, das Klima und die natürlichen Ressourcen schützen. Die EU-Kommission hat deshalb die Farm to Fork-Strategie entwickelt, die zahlreiche Maßnahmen bereithält. Diese jetzt umzusetzen, ist Gebot der Stunde, denn Ernährungssicherheit können wir nur gewährleisten, wenn wir Produktionssicherheit haben.