Kaltwasserkorallen oder Tiefwasserkorallen im Steckbrief

Wissenschaftlicher Name Anthozoa:  1. Hexacorallia mit Ordnungen Scleractinia/Steinkorallen (622 Arten), Zoanthidea/Goldkorallen (3 Arten), Antipatharia/ Schwarze K. (182 Arten) 2. Octocorallia = Alcyonaria/Horn- und Lederkorallen (2.325 Arten 3. einige Hydrozoa (224 Arten)
Lebensraum Die meisten Arten benötigen einen festen Untergrund zur Anheftung. Man findet Kaltwasserkorallen ausschließlich in sauerstoff- und planktonreichem Meerwasser mit vollem Salzgehalt. Sie kommen bei Wassertemperaturen von 4 bis 13 Grad Celsius in Tiefen zwischen 40 und mehr als 3.000 Metern Tiefe vor.
Geografische Verbreitung Kaltwasserkorallenriffe gibt es in allen Weltmeeren an den Hängen der Kontinentalschelfe, auf dem Mittelatlantischen Rücken sowie auf zahlreichen Seebergen und Bänken.
Gefährdungsstatus sehr hoch bis 2.000 Metern Tiefe (so genannter Fischereihorizont)
Bestandsgröße unbekannt

Kaltwasserkorallen: Bunte Vielfalt in dunklen Tiefen

Kaltwasserkorallen. © Erling Svensen / WWF-Canon
Kaltwasserkorallen. © Erling Svensen / WWF-Canon

Kaltwasserkorallen umfassen eine große Gruppe von Korallenarten, die in kaltem und/oder tiefem Wasser vorkommen – im Gegensatz zu ihren tropischen Verwandten, die ausschließlich in warmen, oberflächennahen Gewässern zu finden sind. Von den mehr als 5.000 weltweit bekannten Korallenarten kommen etwa 3.400 Arten in Wassertiefen zwischen 50 und 6.000 Metern vor.

Korallen sind mikroskopisch kleine festsitzende Polypen, die entweder einzeln vorkommen oder Kolonien bilden. Horn- und Fächerkorallen zum Beispiel können baumförmige Kolonien bilden und mehr als zwei Meter hoch werden. Ihre Kalkablagerungen formen so genannte „Mounds“, ganze Berge aus Korallenablagerungen.

Die ältesten noch lebenden Korallen könnten noch aus Zeiten stammen, bevor Tutanchamun Ägypten regierte: Die Hornkoralle Leiopathes spp. etwa wird vermutlich mehr als 4.000 Jahre alt. Noch älter werden die durch abgestorbene Korallen geformten Riffe: Die Fundamente der Steinkorallenriffe in der Antarktis und Neuseeland sind 50 beziehungsweise 20 Millionen Jahre alt. Korallen ermöglichen uns auch einen Blick in die Vergangenheit: Wie bei Bäumen lassen sich an den Wachstumsringen von Korallen und ihrer Dicke Alter und Umweltbedingungen ablesen. Die Analyse ihrer chemischen Zusammensetzung lässt Rückschlüsse über die Umweltverhältnisse in den Ozeanen über mehrere Millionen Jahre zu.

Kaltwasserkorallen filtrieren mit ihren Tentakeln aktiv Plankton und andere Nahrungspartikel aus dem Wasser. Daher sind ihre besten Standorte dort, wo es Strömungen mit reichlich Plankton im Nahrungsangebot gibt. Hier entstehen unter günstigen Bedingungen Korallenriffe, die mit der Zeit selber strukturreiche Lebensräume für eine Vielfalt an Organismen bilden. Insgesamt wurden bislang weit mehr als 1.300 Tierarten bestimmt, die an und in Kaltwasserkorallenriffen allein im Nordatlantik vorkommen.

Fischer wissen seit langer Zeit, dass der Fang in der Nähe eines strukturreichen Untergrundes besonders reich ist. Was sich im letzten Jahrhundert grundlegend verändert hat, ist ihr Potenzial, den Meeresgrund zu schädigen. Erst die von starken Motoren angetriebenen Fischtrawler haben vermocht, die über Jahrtausende gewachsenen Korallen und Korallenriffe zu zerstören. So schätzten norwegische Wissenschaftler 2002, dass heute 30 bis 50 Prozent der bekannten Korallenriffe in norwegischen Gewässern bereits vernichtet sind. Da Kaltwasserkorallen nur sehr langsam wachsen und sehr empfindlich gegenüber mechanischer Belastung sind, bleiben Korallenriffe, wenn sie einmal zum Beispiel durch Bodenschleppnetzfischerei zerstört sind, für immer zerstört.

Auch der Klimawandel mit seiner atmosphärischen CO2-Erhöhung stellt für Korallen neben der Erwärmung der Meere eine weitere Gefahr dar: Durch die vermehrte Aufnahme von Kohlendioxid in das Meerwasser wird es saurer – möglicherweise bis zu einem Wert, der die Kalkbildung nicht nur behindert oder verhindert, sondern irgendwann zur Lösung aller Kalkstrukturen führt.

Seit 1998 setzt sich der WWF national, regional und global für den Schutz dieses Ökosystems ein. Unter anderem trug er dazu bei, dass in vielen europäischen Gewässern die Bodenfischerei verboten wurde und einige Kaltwasser-Korallenriffe als europäische Schutzgebiete ausgewiesen wurden.

TRAFFIC setzt sich außerdem gegen den unkontrollierten internationalen Handel mit Korallen ein. So sind schon einige Gattungen von Kaltwasserkorallen in Anhang II des Washingtoner Artenschutzübereinkommens CITES gelistet. Sie dürfen legal nur mit Genehmigung gehandelt werden.

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