Die Internationale Grüne Woche Berlin ist mit mehr als 1.600 Ausstellern die weltgrößte Messe für Ernährung, Landwirtschaft und Gartenbau. Dort werden laut Veranstalter Messe Berlin GmbH auch Trends wie Bio-Lebensmittel und Bioenergie sowie der nachhaltigen Anbau von Rohstoffen aufgegriffen. Einen wichtigen Trend hingegen hat der Veranstalter offenbar verschlafen: Die Vermeidung von Lebensmittelabfällen. Das ergaben Recherchen des WWF Deutschland.

Die Messe Berlin, dessen Hauptgesellschafter mit 99,7 Prozent das Land Berlin ist, hat demnach kein eigenes Konzept zur Vermeidung von Lebensmittelabfällen – weder für die Grüne Woche noch für andere Messen. Weggeworfene Nahrungsmittel werden bislang weder erfasst noch analysiert. Somit ist auch unklar, wie hoch der Anteil an vermeidbaren Lebensmitteln ist.

Enorme Wegwerfquote

Dabei ist die Wegwerfquote der im Außer-Haus-Markt zubereiteten Lebensmittel, zu dem auch Messen gehören, enorm: Sie liegt nach neuesten Kenntnissen bei bis zu 35 Prozent. „Dass ausgerechnet die Leitmesse für Landwirtschaft, Ernährung und Gartenbau keine Strategie im Kampf gegen die Lebensmittelverschwendung hat, ist ein großes Versäumnis für das Land Berlin“, kritisiert der WWF Deutschland. Der WWF appelliert daher an Berlins Wirtschaftssenatorin Ramona Pop als stellvertretende Vorsitzende im Aufsichtsrat der Messe Berlin, dies zügig zu ändern.

Zwölf Tonnen Essen an Berliner Tafel

Dass die Messe Berlin Aussteller informiert, übrig gebliebene Lebensmittel an die Berliner Tafel abzugeben, ist löblich. Immerhin konnten sich deren Mitarbeiter:innen nach eigenen Angaben 2018 insgesamt zwölf Tonnen Lebensmittel auf der Grünen Woche abholen.

Doch die Abgabe ist freiwillig. Darüber hinaus sind die Aussteller:innen nicht verpflichtet, Angaben über die abgegebenen Lebensmittelreste zu machen.

Expert:innen für Lebensmittelverschwendung gefragt

Brotabfall © Bryan Alberstadt / iStock / GettyImages Plus
Brotabfall © Bryan Alberstadt / iStock / GettyImages Plus

Erschwerend kommt hinzu, dass bei den 13 Bundesländern, die auf der Grünen Woche mit großen Ständen vertreten sind, die für das Thema Lebensmittelverschwendung Verantwortlichen nicht in der Messevorbereitung eingebunden sind. Dies kommt auch daher, dass die Zuständigkeiten für die Organisation des Messeauftritts und das Thema Lebensmittelverschwendung teilweise sogar in verschiedenen Ministerien beziehungsweise Ressorts liegen.

Der WWF sieht da klaren Handlungsbedarf: Die Expert:innen für Lebensmittelverschwendung müssen mit an Bord, um konkret Lebensmittelabfälle bei den Speiseangeboten in den Länderhallen zu reduzieren und verstärkt für eine höhere Wertschätzung von Lebensmitteln zu werben.

Messe Berlin braucht Vermeidungskonzept

Außerdem sollte sich nach Ansicht des WWF der Berliner Senat rasch darum kümmern, dass  die Berliner Messe GmbH Lebensmittelabfälle künftig systematisch erfasst und reduziert. Dazu gehört auch die Entwicklung von Kommunikationsmaterialien für Aussteller und Caterer sowie die Schulung von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Zukünftig sollte das Thema in das Nachhaltigkeitsmanagement der Messe Berlin GmbH integriert sein. Ebenfalls sollte das Thema in die von der Senatsverwaltung für Wirtschaft angekündigte „Zero-Waste-Strategie“ mit aufgenommen werden.

Lichtblicke in den Messehallen

Immerhin: Einige Bundesländer bieten auf der diesjährigen Grünen Woche konkrete Aktivitäten zum Thema „Vermeidung von Lebensmittelabfällen“. So hat das Land Berlin eine Kochshow zur Weiterverwendung von Essensresten mit Verbraucherschutzsenator Dirk Behrendt angekündigt.

Am Stand vom Land Hessen werden werktäglich Schulklassen zum Thema Lebensmittelwertschätzung und Vermeidung von Verschwendung fortgebildet. Und in der Halle des Landes Nordrhein-Westfalen gibt die dortige Verbraucherzentrale Tipps, wie verschiedene Obst- und Gemüsesorten gelagert werden sollten, wann sie optimal reif sind und wie auch weniger Frisches noch zu leckeren Gerichten verarbeitet werden kann.

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