Die Lage in Brasilien im Streit um Abholzungs- und Nutzungsrechte im Amazonasgebiet spitzt sich weiter zu. Nachdem Präsident Temer erst sein Veto gegen zwei Dekrete eingelegt und somit verhindert hat, dass rund 600.000 Hektar Schutzfläche verloren gehen, legte er wenig später ein neues Gesetz vor, das diejenigen freuen wird, die sich mehr Zugang zu den Schutzgebieten erhoffen.

Letztes Jahr teilte die brasilianische Regierung mit, dass zwischen August 2015 und Juli 2016 7.989 Quadratkilometer Regenwald verloren gegangen sind. Das bedeutet einen Anstieg von 29 Prozent im Vergleich zum Jahr 2015. Es ist der größte gemeldete Waldverlust seit 20 Jahren.

Schutzbestimmungen werden weiter aufgelöst

Waldbrand in Brasilien © Mauri Rautkari / WWF
Waldbrand in Brasilien © Mauri Rautkari / WWF

Nun werden die Schutzbestimmungen weiter aufgelöst. Agrar- und Bergbauunternehmer sollen leichter an wirtschaftlich interessante Gebiete kommen, unter anderem Indigene-Schutzgebiete. Dazu hat Präsident Temer im Juli eine neue Gesetzesvorlage eingereicht, die über 300.000 Hektar aus dem Jamanxim Schutzgebiet im Norden Brasiliens herauslösen soll. Die Größe entspricht mehr als ein Viertel des gesamten Schutzgebietes, sprich 27 Prozent. Ursprünglich sollten sogar 37 Prozent des Nationalparks dem Raubbau geopfert werden.

Der Grund für die Aktion ist laut Regierung, man wolle "Rechtssicherheit" wiederherstellen. In den vergangenen Monaten war es immer wieder zu gewaltsamen Protesten von dort ansässigen Farmern und Großgrundbesitzern gekommen, deren Ruf nach einer Aufhebung des Schutzgebietes zwecks weiterer wirtschaftlicher Nutzung immer stärker geworden war.

In Folge dessen wurden auch Sicherheitsbeamte und Angehörige von Umweltschutzorganisationen wie IBAMA zum Ziel der Proteste, wie zum Beispiel in Pará bei Novo Progresso. Anfang Juli wurden dort acht neue Geländewagen der Umweltbehörde niedergebrannt, die eigentlich dazu angeschafft worden waren, besser gegen die illegale Waldrodung vorzugehen. Als Reaktion auf die Attacke ordnete der IBAMA Präsident eine Blockade der Sägewerke in Novo Progresso an. Novo Progresso ist einer der zentralen Orte von illegaler Landbesetzug und -rodung im Norden des Landes.

Weitere Schutzgebiete sollen geopfert werden

Die neue Gesetzesvorlage kommt der Bergbau- und Agarlobby mehr als gelegen. Nach der Zusage Temers, nun doch den Unternehmen entgegenzukommen, beruhigten sich die Proteste in Pará. "Nun sollen die Schutzgebiete weiter aufgelöst und der Abbau von Rohstoffen und die Rodung der Flächen kann legal mit dem Schutz der Regierung weiter vorangetrieben werden", fasst WWF Südamerika-Referent Roberto Maldonado die Situation zusammen.

Und ein Ende ist nicht in Sicht: Weitere Gesetzesinitiativen stehen auf der Agenda, mit denen mittel- bis langfristig rund zehn Millionen Hektar Schutzgebietsflächen und zusätzliche Indigene-Schutzgebiete in erheblichem Umfang für Landwirtschaft, Bergbau und Infrastrukturentwicklung aufgelöst, verkleinert oder im Schutzstatus gemindert werden sollen. Betroffen hiervon wäre unter anderem auch der größte Tropenwald-Nationalpark der Welt, der Tumucumaque-Nationalpark im Norden des Landes.

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