Jose Luis, könntest du für die Menschen in Deutschland bitte kurz beschreiben, was deine Hauptaufgaben beim WWF Peru sind?

Kamerafallenbild eines Bergtapirs in Peru © WWF Peru
Kamerafallenbild eines Bergtapirs in Peru © WWF Peru

Ich bin Direktor für Süßwasser und Wildtiere beim WWF Peru und Leiter des Wildlife-Programms. Zu meinen Aufgaben gehört die Entwicklung von Untersuchungen zur Ökologie und zum Schutz gefährdeter Arten. In den letzten Jahren habe ich mich der Beobachtung der Populationen von Bergtapir und Andenbären im Norden Perus gewidmet, sowie der Bewertung der Rolle von Schutzgebieten und Waldkonzessionen bei der Erhaltung von Säugetieren des peruanischen Amazonasgebiets – mit Schwerpunkt auf dem Jaguar

Warum ist es wichtig, mehr über die Bestandszahlen des Jaguars und seiner Beutetiere zu wissen?

Der Jaguar steht an der Spitze der Nahrungspyramide und hat besondere Anforderungen an seinen Lebensraum. Allein die Fläche: auf etwa 200 Quadratkilometer gibt es im Durchschnitt nur ein Individuum. Ihre Hauptbeute sind unter anderem Pekaris, Hirsche oder Tapire. Der Jaguar sorgt so für eine natürliche Kontrolle der Populationen dieser Arten. Aus diesem Grund gelten Jaguare als Indikatorarten: Sie liefern Informationen über den Erhaltungszustand der Ökosysteme, in denen sie leben. Wenn es lebensfähige Populationen von Jaguaren und deren Beute gibt, ist der Wald gesund.

Was war für dich persönlich die bislang größte Herausforderung in diesem Projekt?

Logistik! Wir arbeiten in einer abgelegenen Gegend an den Grenzen zwischen Peru, Ecuador und Kolumbien. Zum Beispiel dauert die Reise von Lima (wo sich unser Büro befindet) in das Studiengebiet (den Güeppi-Sekime Nationalpark) drei Tage!

Die Flächen, in denen die Kamerafallen ausgebracht wurden, befinden sich in einem Korridor aus geschützten Flächen, der sich über die drei Länder Peru, Ecuador und Kolumbien hinzieht. Warum habt ihr dieses Gebiet für das Monitoring ausgewählt?

Dieser Korridor gewährleistet den Erhalt von etwa 1.000.000.000 Hektar Amazonaswäldern und einer Population von etwa 200 Jaguaren. Dieses Monitoring ist eine große Möglichkeit für den Schutz des Jaguars im nördlichen Amazonasgebiet.

Wie habt ihr die Standorte für die Fotofallen ausgewählt? Sind sie in bestimmten Abständen zueinander aufgestellt worden, oder orientieren sich die Standorte an bestimmten Landschaftsmerkmalen?

Wir haben einen Aufbau für das Monitoring entwickelt, der das Vorkommen und die Häufigkeit des Jaguars einbezieht. Ebenso berücksichtigen wir den Aktionsraum der Jaguare. Deshalb betrug der Abstand zwischen den Kameras etwa zwei Kilometer. Im Büro haben wir mit Hilfe des Geographischen Informationssystems (GIS) die Standorte ausgewählt, an denen wir Kamerafallen im Feld dann aufgestellt haben. 

Um möglichst viele Individuen zu identifizieren, haben wir Kamerafallen auf Pfaden aufgestellt, das ist ganz wichtig. Und, dass immer zwei Kamerafallen auf beiden Seiten der Pfade angebracht sind: Denn so erhalten wir Bilder von beiden Seiten eines Jaguars, was die Erkennung von Individuen entscheidend ist. Diese Daten brauchen wir, um Populationsdichten zu berechnen.

Wie sieht ein Tag typischerweise aus, an dem ein Standort für eine Fotofalle gesucht und die Kamera angebracht wird?

An einem typischen Tag verlassen wir das Lager gegen sieben Uhr morgens. Zuvor haben wir die geographische Lage der Kamerastationen im GPS eingegeben und Gruppen von zwei bis drei Personen eingeteilt. An einem Tag haben dann z.B. drei Gruppen die jeweilige Aufgabe, mindestens zwei Kamerastationen zu installieren.

Wir arbeiten mit Einheimischen und Parkwächtern, lokalen Gemeindemitgliedern und unseren Spezialisten zusammen. In der Regel beginnt ein Arbeitstag um 7:00 Uhr und endet etwa um 18:00 Uhr. Manchmal sehen wir im Laufe des Tages Spinnenaffen, Rehe oder Pekaris, auf jeden Fall aber immer mehrere Vogelarten.

Wie geht es jetzt weiter? Es sind ja weitere Monitorings geplant bzw. schon im Gang. Was ist geplant?

Wir machen derzeit ein zweites Jaguar-Monitoring. Die Daten werden im Mai-Juni 2019 verfügbar sein.

Wie können die Menschen in Deutschland dem Jaguar und seinem Lebensraum helfen?

Was der Jaguar braucht, ist ein gesunder Lebensraum. Alles, was wir tun können, um intakte Wälder zu erhalten, ist wertvoll: von der klugen Wahl der Produkte, die wir konsumieren, bis hin zur Unterstützung von Feldforschung wie der unseren.

Gibt es einen besonderen, persönlichen Moment in deiner Arbeit, den du mit den Menschen in Deutschland teilen möchtest?

Wenn wir die Bilder analysieren und dann Individuen identifizieren – das ist für mich ein emotionaler Moment. Wir können damit bestimmen, wie viele Jaguare in unserem Untersuchungsgebiet leben – in einem Gebiet, in dem wir vor einigen Wochen Kamerafallen aufgestellt haben.

Wenn du dir etwas für die Jaguare wünschen könntest – was wäre das?

Platz! Jaguare sind erstaunliche Tiere. Sie brauchen Platz, genügend Lebensraum, damit sie langfristig bewahrt werden können.

Über Josè-Luis Mena

Jose Luis Mena © Sebastian Castaneda / WWF-Peru
Jose Luis Mena © Sebastian Castaneda / WWF-Peru

José Luis verfügt über mehr als 20 Jahre Erfahrung in der Erforschung der Ökologie von Populationen und Gemeinschaften terrestrischer Säugetiere und ist deshalb häufig im Feld unterwegs gewesen.

Zu Beginn seiner Karriere arbeitete er als Mitarbeiter am Javier Prado Museum of Natural History an der National University of San Marcos. Er hat außerdem einen Master-Abschluss in Biological Sciences von der Universidad Nacional Autónoma of Mexico und war Teil des Vertebrate Ecology and Conservation Laboratory.

Seit 2002 ist er Teil des WWF Peru, wo er zahlreiche Untersuchungen zur Ökologie und zum Schutz gefährdeter Arten entwickelt hat – mit innovativen Methoden und Techniken wie der Installation von Kamerafallen, Bioakustik und kürzlich auch Umwelt DNA.

In den letzten Jahren widmete sich José Luis der Beobachtung der Populationen von Bergtapir und Andenbär im Norden Perus sowie der Bewertung der Rolle von Schutzgebieten und Waldkonzessionen bei der Erhaltung von Säugetieren des peruanischen Amazonasgebiets, mit Schwerpunkt auf dem Jaguar. Derzeit arbeitet er auch als Leiter der Abteilung für Zoologie am Naturkundemuseum "Vera Alleman Haeghebaert" der Ricardo-Palma-Universität. Außerdem promoviert er an der National University of San Marcos.

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