Naturschutzgebiete sind ein wichtiger Eckpfeiler zum Erhalt der Biodiversität. Deshalb engagiert sich der WWF ganz besonders, neue Schutzgebiete auszuweisen und bestehende zu erweitern. Darüber hinaus reicht es nicht, Schutzgebiete auszuweisen – sogenannte "Paper Parks" können ihren Schutzaufgaben aufgrund fehlender Strukturen und Ressourcen nicht nachkommen. Der WWF unterstützt daher auch existierende Schutzgebiete dabei, die notwendigen Strukturen aufzubauen (zum Beispiel durch die Ausbildung und Ausrüstung von Wildhütern) und die dafür notwendigen Ressourcen bereitzustellen (zum Beispiel über nachhaltige Naturschutzgebietsfinanzierung).

Die Aufgaben von Schutzgebieten sind sehr facettenreich. In erster Linie sollen sie die Ökosysteme mit deren Tier- und Pflanzenarten langfristig vor menschlichen Einflüssen schützen. Sie sind so Rückzugsgebiete für rund 8.000 verschiedene Tier- und Pflanzenarten. Die atemberaubende Wildnis im Kaukasus gewinnt aber auch zunehmend an Interesse für den Tourismus – sowohl für die lokale Bevölkerung als auch für internationale Touristen. Um diese Bedürfnisse zu befriedigen, fördert der WWF mit seinen Partnern einen sanften Tourismus, der die Naturschutzziele nicht beeinträchtigt. Zusätzlich leisten Schutzgebiete mit ihrer Infrastruktur (zum Beispiel Informationszentren in den Nationalparks) einen wichtigen Beitrag zur Umwelterziehung und Sensibilisierung der Bevölkerung für die Belange des Naturschutzes.

Borjomi-Kharagauli-Nationalpark

Borjomoni-Kharagauli Nationalpark © Luc Deslarzes / WWF
Borjomoni-Kharagauli Nationalpark © Luc Deslarzes / WWF

Seit 1995 haben sich der WWF Deutschland und die KfW-Bankengruppe mit Hilfe finanzieller Unterstützung des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit (BMZ) gemeinsam dafür eingesetzt, dass der einmalige Naturraum im südlichen Kaukasus unter Schutz gestellt wird. Im Jahr 2001 war es dann soweit: Der erste Nationalpark Georgiens, der Borjomi-Kharagauli-Nationalpark, wurde offiziell eingeweiht. Er liegt am Nordrand des Kleinen Kaukasus.

Der über 85.000 Hektar große Nationalpark umfasst einmalige, nahezu unberührte Natur. Der Nationalpark ist Lebensraum vieler Großsäuger wie Braunbär, Luchs, Wolf oder Kaukasus-Maral-Hirsch. Steinadler, Gämse, verschiedene Fledermausarten, das Kaukasische Birkhuhn und die Kaukasische Viper stehen sogar auf der internationalen Roten Liste der vom Aussterben bedrohten Arten. Auf etwa zwei Dritteln der Fläche des Parks befinden sich die für die Zentralregion des Kaukasus typischen Bergmischwälder.

Mit den Wölfen heulen - sanfter Tourismus im Nationalpark

Der vom WWF erstellte Nationalpark-Management-Plan dient als Leitfaden für den Aufbau und die Verwaltung der Parkinfrastruktur. Er stellt sicher, dass die facettenreichen Aufgaben des Nationalparks, wie Natur- und Artenschutz, Förderung von sanftem Tourismus, Bekämpfung von Wilderei und illegalem Holzeinschlag usw., umgesetzt werden. Heute profitieren lokale und internationale Touristen von den rund 170 Kilometern Wanderwegen. Naturliebhaber können den Park mit einheimischen, fachkundigen Touristenführern erforschen, nach Bärenspuren suchen, mit Wölfen heulen, die Hirschbrunft erleben und in abgelegenen Berghütten übernachten.

Auf Wunsch können auch Lastenpferde das Gepäck auf den zum Teil langen Wanderungen tragen. Der nachhaltige Tourismus kombiniert Artenschutz mit der Möglichkeit für Besucher, die einzigartige Natur Georgiens kennen zu lernen. Durch den Tourismus wurden in der Region dringend benötigte Arbeitsplätze geschaffen und der Bevölkerung wird eine wirtschaftliche Zukunft aufgezeigt – ohne die Natur zu zerstören.

Grenzübergreifendes Schutzgebiet Lake Arpi und Javakheti-Nationalpark

Javakheti Schutzgebiet © Aurel Heidelberg / WWF
Javakheti Schutzgebiet © Aurel Heidelberg / WWF

Kontinentales Klima mit sehr kalten, schneereichen Wintern, baumfreie Bergwiesen sowie Seen und Feuchtgebiete machen es zu einer besonderen Naturlandschaft. Die Seen und Feuchtgebiete dienen vielen Zugvögeln als Rastplatz auf ihrem langen, kräftezehrenden Flug in ihre Überwinterungs- beziehungsweise Brutgebiete. Hier finden sie ein umfangreiches Nahrungsangebot und den notwendigen Schutz vor menschlichen Störungen. Doch Überweidung durch die vielen Rinder- und Schafherden und die damit einhergehende Zerstörung der Vegetation und Eutrophierung (Überdüngung) der Gewässer gefährdete die Ökosysteme zusehends.

Von 2009 bis 2015 entstand, finanziert durch die KfW.Bankengruppe und das Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit (BMZ), der erste grenzübergreifende Schutzgebietskomplex von mehr als 37.000 Hektar, der den armenischen Lake-Arpi-Nationalpark und den georgischen Javakheti-Nationalpark mit seinen fünf assoziierten Schutzgebieten umfasst.

Enge Zusammenarbeit mit der Bevölkerung

Die Planung der Schutzgebiete wurde in enger Abstimmung mit den umliegenden Bergdörfern durchgeführt. Managementpläne für alle Schutzgebiete wurden auf Grundlage internationaler Standards entwickelt. Gleichzeitig unterstützte der WWF die Schutzgebietsverwaltungen, adäquate Infrastruktur (z. B. Besucherzentrum und Verwaltungsgebäude, Vogelbeobachtungstürme, Wanderwege) aufzubauen und bildete das Schutzgebietspersonal aus.

Um das Javakheti-Schutzgebietssystem in die Landnutzung des Projektgebietes zu integrieren, wurde darüber hinaus ein umfassender Flächennutzungsplan zusammen mit zehn ausgewählten Pufferzonengemeinden in einem gemeinsamen Planungsprozess entwickelt. In den abgelegenen, sehr armen Pufferzonengemeinden (Bergdörfer) konnten kleinere Entwicklungsprojekte (z. B. Ausbau der Trinkwasserversorgung, Aufbau von Imkereigenossenschaften zur Vermarktung von Honigprodukten, Aufbau von privaten Übernachtungsmöglichkeiten) umgesetzt werden.

Landschaftschutzgebietes Gnishik

Wildtier-Experte Alexander Malkhasyan mit einem Ranger in Gnishik © WWF
Wildtier-Experte Alexander Malkhasyan mit einem Ranger in Gnishik © WWF

Im Jahr 2014 ist dem WWF mit der Einrichtung des Landschaftschutzgebietes Gnishik ein weiterer wichtiger Schritt gelungen. Mit seiner mehr als 6.000 Hektar großen Fläche ist das Gebiet nicht nur ein wichtiger Lebensraum für den Kaukasus-Leopard, sondern auch die Heimat von rund 1.500 Tier-und Pflanzenarten. Gnishik ist das erste Schutzgebiet im Kaukasus, das von den umliegenden drei Gemeinden verwaltet wird. Sie haben einen Teil ihres Gemeindelandes dazu gegeben und sind nun gemeinsam für die nachhaltige Bewirtschaftung und seinen Schutz verantwortlich. Alle anderen Schutzgebiete im Land werden vom nationalen Umweltministerium verwaltet.

Der WWF hat die Gemeinden maßgeblich beim Aufbau des Schutzgebietes unterstützt und ist für die Ausbildung und Ausrüstung von Wildhütern verantwortlich. Nun wird auch eine Tourismus-Infrastruktur aufgebaut, von der die Gemeinden direkt profitieren. Sanfter Tourismus ermöglicht eine eigenständige Finanzierung des Schutzgebietes, schafft Arbeitsplätze und schützt indirekt vor Wilderei. Damit der Druck auf Landschaft und Tiere weiter abnimmt, hat der WWF mit 80 Familien der Region alternative Einkommensquellen erschlossen: So gibt es heute in der Region Gnishik eine Imkergenossenschaft; ein Laden für die Vermarktung von regionalen Produkten, wie Obst, Wein und Nüsse, soll bis Ende 2017 abgeschlossen sein.

Zudem soll die Trinkwasserversorgung der Gemeinden verbessert und ein Bewässerungssystem für die Felder aufgebaut werden. Im Schutzgebiet selber wird der WWF die Wildhüter weiterhin mit Feld-Ausrüstung (z. B. Uniformen, Ferngläser, GPS-Geräte) unterstützen und die Weiterentwicklung des sanften Tourismus fördern.

Es sollen weitere Schutzgebiete im Kaukasus mit direkter Unterstützung des WWF und in enger Zusammenarbeit mit den Regierungen und der lokalen Bevölkerung ausgewiesen werden: 2018 Tatev-Nationalpark in Armenien mit geplanten 10.000 Hektar und ebenfalls 2018 Racha-Nationalpark und Erusheti-Nationalpark in Georgien mit zusammen 75.000 Hektar.

Weitere Schutzgebiete etablieren

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