Der Bezirk Kwale liegt an der Küste Kenias. Diese Region hat in den letzten Jahren ein schnelles industrielles Wachstum erfahren. Ein Wachstum, das den Druck auf die bereits sehr fragmentierten Wälder des Bezirks massiv erhöht. Schätzungsweise 103.000 Hektar Mangroven-, Küsten- und Trockenwälder gibt es hier. Der WWF arbeitet daran, diese Wälder zu schützen und zu erhalten. Jana Kanig, Projektmanagerin für Süd- und Ostafrika beim WWF Deutschland, war vor Ort, um sich ein Bild von der Situation zu machen und das WWF-Projekt gemeinsam mit dem Team vor Ort voran zu bringen.

„Die Küstenwälder ziehen sich über weite Strecken der Küste Ostafrikas hinweg, sie bieten vielen Arten Lebensraum und sind wahre Hotspots der Artenvielfalt. Doch gerade in der Region Kwale nimmt der Druck auf die Ökosysteme durch große Industrieprojekte, Straßen, Siedlungen und Landwirtschaft stark zu“, erzählt Jana Kanig. „Dabei sind die Küstenwälder schon jetzt stark fragmentiert.“ Schätzungsweise 60 Prozent der Wälder in der Region sind bereits verschwunden – auch aufgrund der steigenden Nachfrage nach Brennholz und des unkontrollierten grenzüberschreitenden Handels, vor allem mit Holzkohle.

Kwale liegt damit an der vordersten Front der Entwaldung in Ostafrika und gehört laut Living Planet Report des WWF zu den Regionen, die in naher Zukunft voraussichtlich die höchsten Waldverluste oder schwerwiegende Degradierungen erleben werden.

„Wir möchten mit unserer Arbeit die Menschen vor Ort dabei unterstützen, ihre Wälder gemeinsam mit der nationalen Forstbehörde zu schützen und zu verwalten,“ erklärt Jana Kanig. „Wir ermutigen sie, ihre Stimme zum Erhalt der Wälder und ihre eigenen Lebensgrundlagen zu erheben und sich so Gehör zu verschaffen bei Regierungen, der Öffentlichkeit und den Medien. Denn ohne Mangroven verlieren die Menschen vor Ort auch die ‚Kinderstuben‘ ihrer Fischgründe und mit dem Dahinschwinden der Küstenwälder viele andere essentielle natürliche Ressourcen – von Grundwasser bis Holz oder Bienenweiden.

Jana Kanig, Projektmanagerin für Süd- und Ostafrika

Auf dem Weg in die Mangroven

Jana Kanig © Privat
Jana Kanig bei einem Projektbesuch in Kenia © Privat

Bei ihrer Reise im Februar 2022 nach Kwale tauchte Jana in die Welt der Mangroven ein und schaute sich an, in welchem Zustand dieses besondere Ökosystem ist, das an der Grenze zwischen Land und Meer wächst. „Vor jedem Ausflug in die Mangroven hieß es erst einmal: Schuhe wechseln! In den Mangroven-Wäldern ist es matschig, da braucht es Gummistiefel“, erklärt Jana Kanig. „Von dem Ort Vanga aus sind wir mit einem kleinen Boot in die Mangroven gefahren. Je weiter wir uns vom Dorf entfernt haben, desto lauter wurden die Naturgeräusche. Überall hörte man ein Zirpen, das Rauschen der Blätter und Vogelgezwitscher“, schildert Jana Kanig ihre Reise.

Innenansichten eines Mangrovenwaldes © Jana Kanig WWF
Innenansichten eines Mangrovenwaldes © Jana Kanig WWF

„Nach einiger Zeit – man sah am Ende des Flusses bereits das offene Meer – legten wir an und stiegen aus dem Boot. Sofort sanken wir in den matschigen Untergrund und die Gummistiefel liefen mit Wasser voll. Wir mussten uns sehr vorsichtig bewegen, denn mit jedem Schritt könnte man weiter einsinken. Vom Wasser aus sah der Wald intakt aus. Doch nach dem Aussteigen sah man sofort eine große Freifläche, auf der vor Jahren noch Mangroven standen, so erzählte man es mir. Mir wurde erklärt, dass die Fischer hier im Boden nach Ködern graben, die sie zum Fischen brauchen. Über die Jahre haben sie dabei leider Stück für Stück mehr Mangroven zerstört. Das ganze Ausmaß wird erst nach einer Weile deutlich: Kahle Streifen ziehen sich jetzt auf beiden Seiten entlang des Flusses durch die Mangroven.“ Auf genau diesen Flächen werden im Rahmen des WWF-Projekts bald wieder Mangroven angepflanzt. „Damit hier nicht noch mehr Mangroven-Wälder zerstört werden, ist der Nationale Forstservice mit den Fischern ins Gespräch gegangen, um gemeinsam Alternativen zu den Ködern aus den Mangroven zu finden,“ so Jana Kanig. 

Viele weitere Flächen hat Jana während ihrer Reise besucht. Auf der in der Nähe von Vanga – und auch an anderen Stellen – hat das Team so genannte Tags angebracht. Das sind Markierungen, mit denen das Projektteam die Gebiete kenntlich macht, auf denen in der nächsten Regenzeit Mangroven-Setzlinge gepflanzt werden sollen. Die Tags dienen dazu, die Entwicklung der Pflanzungen über die Jahre hinweg beurteilen zu können. Sie dienen als Referenzpunkt in der Landschaft, von welcher halbjährlich Fotos gemacht werden, um so die Entwicklung zu dokumentieren.

Gemeinsam für den Schutz der Wälder

Beim Verladen der jungen Bäume im County Kwale zur Wiederaufforstung © WWF Kenia
Beim Verladen der jungen Bäume im County Kwale zur Wiederaufforstung © WWF Kenia

„Das WWF-Projekt in Kwale umfasst elf verschiedene Gebiete und deckt etwa 30.000 Hektar Wald ab“, so Jana Kanig. „Unser Ziel ist es, wichtige Küstenwald- und Mangrovenökosysteme in Kwale zu schützen und wiederherzustellen. Wichtig ist dabei vor allem, die vergleichsweise kleinen, verbliebenen Ökosysteme vor den negativen Auswirkungen von Bergbau, Holzeinschlag und Landwirtschaft zu schützen“, erklärt Jana Kanig. „Das machen wir, indem wir Partnerschaften zwischen der Zivilgesellschaft, dem öffentlichen und dem privaten Sektor aufbauen."

In dem Projekt arbeitet der WWF daher mit Gemeinden, Regierungsbehörden und dem Privatsektor zusammen und fördert so die Wiederherstellung von Ökosystemen, die nachhaltige Bewirtschaftung von Ressourcen und die Einbeziehung von Umwelt- und Sozialstandards in Politik und Entwicklungspläne auf nationaler Ebene und auf Bezirksebene. Darüber hinaus befasst sich das Projekt mit den Auswirkungen der Erderhitzung auf die Ökosysteme und versucht sie dagegen resilienter zu machen. Zum Beispiel mit der Pflanzung anpassungsfähiger Baumarten, dem Schutz vor Bränden und einer naturverträglichen Nutzung.

„Wir möchten mit unserer Arbeit die Menschen vor Ort dabei unterstützen, ihre Wälder gemeinsam mit der nationalen Forstbehörde zu schützen und zu verwalten,“ erklärt Jana Kanig. „Wir ermutigen sie, ihre Stimme zum Erhalt der Wälder und ihre eigenen Lebensgrundlagen zu erheben und sich so Gehör zu verschaffen bei Regierungen, der Öffentlichkeit und den Medien. Denn ohne Mangroven verlieren die Menschen vor Ort auch die ‚Kinderstuben‘ ihrer Fischgründe und mit dem Dahinschwinden der Küstenwälder viele andere essentielle natürliche Ressourcen – von Grundwasser bis Holz oder Bienenweiden. Auch kulturell spielen die Wälder eine große Rolle für die Menschen: die sogenannten ‚Kayas‘ sind heilige Wälder mit enormer Bedeutung für Spiritualität und Traditionen.“

Mit wem arbeitet der WWF zusammen?

Der WWF arbeitet direkt mit den Gemeinden oder den sogenannten Community Forest Associations (CFAs) zusammen. Die CFAs sind Zusammenschlüsse der besonders vom Wald abhängigen Gemeindemitglieder und/oder Ältestenräten in verschiedenen Waldgebieten des Bezirks Kwale. Dabei geht es zum Beispiel um Ausbildung von Gemeindescouts, die die nationalen Waldranger:innen bei ihrer Arbeit unterstützen, außerdem um Weiterbildung zum Thema Wiederherstellung von Wäldern, um Wiederaufforstung oder Unterstützung für alternative Einkommensmöglichkeiten. Mit dieser Arbeit erreicht der WWF direkt rund 4.000 Menschen. Die Gemeinden werden dabei unterstützt, die ihnen zur Verfügung stehenden Ressourcen und Ökosystemleistungen nachhaltig zu nutzen. Ziel der Zusammenarbeit ist es, die Lebensgrundlagen der Menschen vor Ort zu erhalten und zu verbessern. 

Der WWF hat die verschiedenen CFAs in Kwale außerdem dabei unterstützt, sich in einem Netzwerk zusammenzuschließen (KECOFA), um ihre Anliegen gemeinsam auf Bezirksebene einfließen zu lassen und umzusetzen. 

 

Organisationen der Zivilgesellschaft

Der Ältestenrat der Kaya-Wälder, das Kwale County Natural Resources Network (KCNRN), das sich für eine nachhaltige Bewirtschaftung der natürlichen Ressourcen in Kwale einsetzt, die South Coast Family Forest Cooperative Society, die sich für eine nachhaltige Produktion von Waldprodukten (einschließlich Brennholz, Schnittholz und Nichtholzprodukten) einsetzt, und die National Civil Society Environmental Alliance, eine Plattform für Umweltorganisationen, die sich auf nationaler Ebene für den Umweltschutz einsetzt. 

Privatsektor

Im Rahmen des WWF-Projekts haben sich viele Firmen des Bezirks Kwale freiwillig dazu verpflichtet, an einem Projekt zur Einführung ressourcenschonender Produktionstechnologien teilzunehmen, um so die Auswirkungen auf die Umwelt zu minimieren. 

Regierungsbehörden

Der WWF arbeitet eng mit der Umweltbehörde des Bezirks Kwale zusammen, um die Standards für Umweltverträglichkeitsprüfungen in Kenia zu verbessern und die Mitarbeiter:innen der Behörde zu internationalen Vorgehensweisen bei Umweltverträglichkeitsprüfungen zu schulen. 

  • Flusspferd im Selous in Tansania © Michael Poliza / WWF Kenia und Tansania

    Die Nationalparks der ostafrikanischen Länder beheimaten eine immense Artenvielfalt und die größte Elefantenpopulation Afrikas. Weiterlesen ...