Wälder haben eine Schlüsselrolle bei der Transformation hin zu einer nachhaltigen, klima- und biodiversitätsfreundlichen Wirtschaft und Lebensweise. Eine vom WWF Deutschland beauftragte Studie guckt genau hin: In welchem Umfang wir Plastik, Beton und andere Baustoffe durch Holz ersetzen, Kleidung oder Bioplastik aus Holz herstellen können. Die zentrale Frage lautet: Gibt es überhaupt genug nachhaltig verwendbares Holz auf der Welt? ANFANG JULI gibt die Studie detaillierte Antworten.

Gesamtholzeinschlag 2011 bis 2021 in Deutschland. © Statistisches Bundesamt (Destatis), 2022
2021 wurden in deutschen Wäldern ca. 83,0 Millionen Kubikmeter Holz eingeschlagen. Ein neuer Höchstwert, der auch aufgrund der großen Schäden in den Wäldern entsteht. © Statistisches Bundesamt (Destatis), 2022

Alles aus Holz – Der Rohstoff der Zukunft oder die nächste selbstgemachte Krise? Dieser Frage widmet sich eine gleichnamige Studie, die der WWF Deutschland beauftragt hat. Sie wird Anfang Juli 2022 veröffentlicht und wir wollen an dieser Stelle schon Ihr Augenmerk darauf richten. Die Untersuchung schaut sich das „Greenwishing“ an, das sich darum dreht, dass der Rohstoff Holz weltweit künftig in immer mehr Bereichen als nachwachsende Ressource genutzt werden könne.

Der Begriff „Nachhaltigkeit“ hat seinen Ursprung in der Forstwirtschaft. Die Wälder heute nachhaltig zu nutzen bedeutet, ihnen weniger zu entnehmen als nachwachsen kann. Bis zu 50 Prozent des Holz-Zuwachses braucht der Wald, um die biologische Vielfalt und Bodenfruchtbarkeit langfristig zu erhalten. Nur so können die komplexen Waldökosysteme und Waldlebensräume all ihre Funktionen auf Dauer erfüllen. Je größer die ökologisch und nachhaltig getriebenen Holznutzungsambitionen werden, desto größer kann die Schere werden zwischen dem, was Wälder leisten können und dem, was von ihnen erwartet wird.

Ein Borneo-Elefant spaziert durch eine Ölpalmenplantage der Sabah Softwoods auf Borneo. © Chris J Ratcliffe / WWF-UK
Der Verlust des Waldes, insbesondere durch die großflächige Ausbreitung der Ölpalmplantagen, hat die biologische Vielfalt der Wälder in Asien deutlich reduziert. © Chris J Ratcliffe / WWF-UK

Wälder, insbesondere die Primärwälder, spielen nicht nur eine enorm wichtige Rolle, um den Klimawandel zu bremsen, sie werden von rund 80 Prozent der terrestrischen biologischen Vielfalt der Erde im Laufe des Lebens gebraucht. Die Studie zeigt auf, dass Zerstörung von Wald und Fragmentierung von Lebensräumen sowie zu wenig und nicht gut erhaltene und gemanagte Schutzgebiete Hauptursachen für den Verlust der Artenvielfalt sind. Die biologische Vielfalt nimmt dadurch schon seit langem rapide ab.

Größte direkte Verursacherin von Entwaldung ist die Landwirtschaft. Aber auch die Forstwirtschaft verursacht erhebliche globale Waldzerstörungen. Nicht nur über die reine Menge der Holzentnahme, sondern auch durch falsch gelenkte Bewirtschaftungsweisen. In einigen Produktbranchen geht der Bedarf an Holz zwar zurück, weil sich die Bedarfe und Märkte verändern, etwa für Zeitungs- und Druckpapier. Generell jedoch expandieren die Märkte für holzbasierte Produkte.

Holz gewinnt im Wohnungsbau an Bedeutung. Ein nachhaltiger Umgang mit der Ressource spielt dabei eine immer größere Rolle. © IMAGO / Hoch Zwei Stock/Angerer
Holz gewinnt im Wohnungsbau an Bedeutung. Ein nachhaltiger Umgang mit der Ressource spielt dabei eine immer größere Rolle. © IMAGO / Hoch Zwei Stock/Angerer

Das gilt vor allem für die traditionellen Verwendungszwecke: im Bauwesen, in der Energieerzeugung und für Verpackungen. Heute werden rund 40 Prozent des industriell geernteten Holzes für die Papierherstellung verwendet. Davon gehen wiederum 60 Prozent aufs Konto von Verpackungen. Von 2010 bis 2050 wird sich der weltweite Verbrauch von Papier und Pappe voraussichtlich verdoppeln. Auch „neue“ Produkte verzeichnen ein schnelles Wachstum, etwa in den Bereichen Textilien, Kunststoffe und Chemikalien. Diese Sektoren sind derzeit mengenmäßig noch klein, so die Studie. Doch es zeichne sich ein hohes Investitionsniveau und starke Wachstumserwartungen für die Zukunft ab.

Mit Blick auf die Energieerzeugung etwa sagt die Studie klar: Die Verbrennung von geerntetem Holz ist keine gute Nutzung unserer begrenzten Vorräte. Dies gilt insbesondere im Hinblick auf die Klimakrise und die Tatsache, dass bei der Verbrennung von Holz Kohlenstoff freigesetzt wird, während er bei der stofflichen Nutzung oder als Baum im Wald gebunden bleibt. Deshalb seien national festgelegte Kriterien erforderlich, um die Verwendung von Stammholz für Energiezwecke, insbesondere für die Strom- und Wärmeerzeugung, zu begrenzen. Das heißt: Holzprodukte sollten erst nach stofflicher Kreislauf- und Kaskadennutzung Energie liefern, also wenn alle Möglichkeiten der Wiederverwendung und des Recyclings ausgeschöpft sind.

Wird Holz im Bauwesen verwendet, kann dies zwar CO2-Emissionen verringern. Hier ist jedoch Vorsicht geboten, warnt die Studie: Dabei sei die Größenordnung relevant. Es ist möglich, große Mengen an CO2-Emissionen einzusparen, wenn man einzelne Gebäude vergleicht und Stahl sowie Beton durch Holz ersetzt. Die Substitution in großem Maßstab würde jedoch mehr Holz erfordern, als sich nachhaltig ernten lässt. Die potenziellen Folgen: Übernutzung, Schwächung, Fragmentierung des Waldes, Degradierung der Waldökosysteme und vermehrte Freisetzung von Kohlenstoff aus den Waldböden und der Waldvegetation.
 
Zu den wichtigsten Instrumenten, um Wälder zu erhalten und nachhaltig zu entwickeln, zählen geschützte Gebiete, einschließlich der indigen und gemeinschaftlich genutzten. Sie sind auch Eckpfeiler beim Schutz der biologischen Vielfalt. Die Zahl der Schutzgebiete liegt jedoch weit unter dem, was nach den Ergebnissen der meisten wissenschaftlichen Studien notwendig wäre, um weitreichende Erhaltungsziele zu erreichen. 

Die zentralen Fragen der Studie lauten: Welche Versorgungskapazitäten haben wir bei Holz, welche Spielräume lassen sich entwickeln, wie verhält sich dies zur wachsenden Nachfrage? Hierzu liefert die Studie „Alles aus Holz – Der Rohstoff der Zukunft oder die nächste selbstgemachte Krise?“ belastbare Aussagen und gibt Orientierung für die Transformation hin zu einer nachhaltigeren Lebensweise. Sie finden die Studie ab Anfang Juli 2022 auf der WWF-Webseite.