Abwarten und Tee trinken. Im Naturschutz ist das in der Regel kein Erfolgsrezept – doch Paraguay scheint hier die Ausnahme zu sein. Mate-Tee, sozusagen das Nationalgetränk, kann hier helfen, die letzten verbliebenen Teile des Regenwaldes zu retten. Was es dazu braucht? Ein wenig Erfindungsreichtum, etwas Hilfe vom WWF und eine Gruppe starker Frauen.

Der Atlantische Regenwald

Landwirtschaftliche Arbeiten wo einst dichter Regenwald stand © Sonja Ritter / WWF
Landwirtschaftliche Arbeiten wo einst dichter Regenwald stand © Sonja Ritter / WWF

Hier im Osten des Landes war einst das ganze Gebiet mit Wald bedeckt: der Atlantische Regenwald, der früher als artenreichster Wald der Erde galt. Im 20. Jahrhundert wurden hier rund 90 Prozent abgeholzt, hauptsächlich für die industrielle Landwirtschaft. Nun erstrecken sich kilometerweit Soja-Plantagen und Viehweiden, nur selten unterbrochen von kleinen Flecken ursprünglichen Waldes.

Soja verdrängt Kleinbauern

Der Druck auf die Kleinbäuer:innen hier ist groß, denn die Menschen leben in Armut. Mit dem Verkauf des Grundbesitzes kann schnell viel Geld gemacht werden und viele Bäuer:innen haben schon ihr Land verlassen. Eigener Grund und Boden ist hier oft das einzige Kapital und wer sein Land nicht verkaufen will, braucht kluge Ideen, um es wirtschaftlich zu nutzen.

So wie Gorgelina González. Sie ist stolz darauf, ihr Land behalten und so eine Zukunft für ihre Kinder und Enkelkinder geschaffen zu haben. Über zwanzig Jahre habe sie hart dafür gekämpft. Vor zehn Jahren gründete sie die Frauenkooperative „Virgen del Rosario” (deutsch: Jungfrau des Rosenkranzes), um anderen Frauen zu helfen, ihr Land bewirtschaften und ihre Familien versorgen zu können. Im Dorf Tavapy wird sie ehrenvoll nur mit „Doña Leli“ angesprochen. 

Die Frauenkooperative

Gemeinsam organisieren die Frauen ihren Lebensalltag, schließen sich im Anbau und im Vertrieb zusammen, um höhere Gewinne erzielen zu können. Hauptaspekt ist die Produktion von Mate-Tee, dem traditionellen Getränk im Osten Lateinamerikas.

Die Frauen gehen zusammen in den Wald, um Mate zu ernten. Im Dorf werden die Blätter getrocknet und zu Tee weiterverarbeitet, der auf lokalen Märkten verkauft wird.

Nach der Gründung investierten die Frauen viel und kauften eine Teetrocknungsmaschine aus China. Lange stand sie still, denn es fehlte ein Ingenieur, um sie in Gang zu setzen.

Das MATE-Projekt

Dann kam der WWF nach Tavapy und die Kooperative konnte Teil des MATE-Projekts werden. Das Projekt strebt eine naturnahe und an die Klimakrise angepasste Landwirtschaft an, damit weitere Abholzung verhindert und eine nachhaltige Lebensgrundlage für Bäuer:innen geschaffen wird. Kern des Konzepts ist ein sogenanntes Agroforstsystem: Mate-Bäume werden zusammen mit anderen heimischen Baumarten angepflanzt. Darunter können Nahrungsmittel wie Maniok oder Melonen angebaut werden. So können die Menschen nachhaltigen Anbau betreiben und ihre Familien versorgen - und gleichzeitig entsteht neuer Wald.

Neben Workshops über richtiges Düngen, effizientes Bewässern oder Anbau in Zeiten der Klimakrise hilft der WWF auch bei der Produktion und beim Vertrieb. Zum Beispiel besorgen die WWF-Mitarbeiter:innen vor Ort neue Technik für die Verarbeitung, machen Bodenproben und beschaffen organischen Dünger. Nicht zuletzt engagieren sie einen Ingenieur, der die Trocknungsmaschine aus China reparierte. Das Geschäft lief.

„Mit diesem Projekt erhalten wir Zugang zu Weiterbildung und besserer Technik für eine nachhaltige Landwirtschaft. Wir verbesserten unsere Produktion“, erklärt Doña Lelis Tochter Ninfa. „Wir wissen nun, wie wir unsere Mate-Bäume anbauen und düngen müssen, damit sie ertragreicher sind.“

Mehr als Tee

Nach eigenem Rezept: Kekse mit Mate © Sonja Ritter / WWF
Nach eigenem Rezept: Kekse mit Mate © Sonja Ritter / WWF

Um auf den lokalen Märkten mehr Geld zu verdienen, haben die Frauen von Tavapy sich etwas bisher Einzigartiges in Paraguay überlegt. Statt Mate nur zu trinken, wird er zu Pulver zermahlen und in Teig für Backwaren eingemischt. Zusammen mit einem vom WWF gestellten Bäckermeister entwickelten sie Rezepte für Kuchen und Doppelkekse. Die Backwaren sind nicht nur unglaublich lecker, sondern die vitalisierende Wirkung des Mate-Tees ist beim Verzehr noch intensiver.

Mate als Wegweiser für die Zukunft

Doña Leli und ihre Mitstreiterinnen verkaufen die Mate-Produkte zusammen mit anderen Anbauprodukten auf den lokalen Märkten. Die Frauen hoffen, dass sie noch viele weitere Abnehmer finden und ihren Tee vielleicht sogar einmal nach Deutschland exportieren können. Denn so können sie ihre Lebensgrundlage dauerhaft sichern und eine Zukunft für ihre Kinder schaffen.

Das Land wird nicht nur nachhaltig bewirtschaftet, sondern auch vor dem großflächigen Sojaanbau bewahrt. Mehr noch, durch das MATE-Projekt entsteht wieder neuer Wald, dort wo er bereits verloren war. Es zeigt: Landwirtschaft funktioniert auch im Einklang mit Aufforstung, Wachstum im Einklang mit der Umwelt.

  • Der atlantische Regenwald © Pedro Ferreira Mate-Tee aus dem Regenwald

    Das Projekt strebt eine naturnahe Landwirtschaft an, die den Folgen des Klimawandels trotzt und das Leben der Menschen verbessert. Weiterlesen ...