Seegraswiesen bilden einen eigenen kleinen Mikrokosmos im Meer. Sie bieten zahlreichen anderen Tierarten Laich- und Nahrungsgrund, können CO2 in ihren Wurzelrhizomen speichern und übernehmen Küstenschutzfunktionen. In Nord- und Ostsee ist vor allem das Echte oder Gewöhnliche Seegras, Zostera marina, verbreitet.

Seegräser im Steckbrief

Verwandtschaft Samenpflanze, Familie der Seegrasgewächse (Zosteraceae), Gattung Seegräser (Zostera)
Größe Echtes Seegras bis zu 2 Meter lang, Zwerg-Seegras bis zu 30 cm
Besonderheiten Beide Arten bilden Seegraswiesen, die einen besonders schützenswerten Lebensraum im Meer bilden.
Fortpflanzung Verbreitung über Wurzelrhizome im Meeresboden und über Samen.
Lebenserwartung Oberirdische Blätter sterben meist im späten Herbst ab, Austrieb im frühen Frühjahr. Wurzelrhizome können mehrere hundert Jahre alt werden.
Geografische Verbreitung Seegräser sind weltweit verbreitet. Die Gattung Zostera kommt vor allem in gemäßigten bis subtropischen Breiten und nur auf der Nordhalbkugel vor.
Lebensraum klare, lichtdurchflutete Flachwasserbereiche im Meer und in Mündungsbereichen von Flüssen. Echtes Seegras bis zu 15 m, Zwerg-Seegras bis ca. 10 m Wassertiefe. Im Wattenmeer derzeit nur in trockenfallenden Bereichen. Vorkommen in größerer Wassertiefe von Lichtverhältnissen abhängig. Brack- bis Salzwasser.
Ernährung Photosynthese
Gefährdungsstatus IUCN: beide Arten nicht gefährdet, aber abnehmender Bestand weltweit. Letzte Bewertung von 2007, Neubewertung ausstehend.
Rote Liste Deutschland: beide Arten gefährdet.
Ökosystemleistungen Seegraswiesen bieten einer Vielzahl anderer Arten Lebensraum, Nahrung, Versteck und Laichmöglichkeiten, insbesondere für Fischarten und Wirbellose. Durch ihre Wurzelrhizome halten sie Sedimente und haben so eine wichtige Küstenschutzfunktion. Von besonderer Bedeutung ist der Beitrag der Seegraswiesen zum Klimaschutz, denn sie nehmen durch die Photosynthese eine große Menge Kohlendioxid auf und speichern den Kohlenstoffanteil in großer Menge in ihren Wurzeln.

Wo werden Seegräser in der zoologischen Systematik eingeordnet?

Von Ordnungen, Familien und Arten

Seegräser gehören zu den marinen Blütenpflanzen und damit nicht zu den Algen. Es sind Samenpflanzen aus der Klasse der Bedecktsamer und sind Teil der Ordnung Froschlöffelartige. Der Umfang und die Abgrenzung der Familien und Gattungen wird kontrovers diskutiert. Einige Wissenschaftler:innen gehen davon aus, dass es weltweit bis zu 65 Arten der Seegräser gibt. Sie kommen in mehr als 150 Ländern und auf sechs Kontinenten vor. Die Familie der Seegrasgewächse Zosteraceae besteht aus etwa 20 Arten. Die Gattung Seegräser (Zostera) kommen auf der Nordhalbkugel vor und enthält auch die Arten Zostera marina, das Echte oder Gewöhnliche Seegras, sowie Zostera noltii, das Zwerg-Seegras.

Wie sehen Seegräser aus?

Merkmale, Eigenschaften und Besonderheiten

Seegraswiese in der Ostsee © Wolf Wichmann
Seegraswiese in der Ostsee © Wolf Wichmann

Seegräser sind grasartige Pflanzen mit verzweigten Stängeln, an denen mehrere Blätter entspringen. Je nach Arten unterscheiden sie sich in ihrer Größe und Ausprägung. Die Blätter des Echten Seegrases werden bis zu einen Zentimeter breit und bis zu 200 Zentimeter lang und haben fünf oder mehr Blattnerven, die am Ende typisch abgerundet zusammenlaufen. Dahingegen hat das Zwerg-Seegras deutlich schmalere Blätter, mit zwei randlichem und einem mittleren Blattnerv, und wird nur bis zu 30 Zentimeter hoch. Die Blütensprosse sind rundlich und können ebenso lang wie die Blätter werden. Im Gegensatz zu Landpflanzen weisen die Blätter der Seegräser keine Blattporen auf. Stattdessen sind sie von einer dünnen Membran überzogen, die es ermöglicht, dass Gase und Nährstoffe aus dem Meerwasser in das Blatt und zurück ausgetauscht werden können. Die Wurzeln bilden dichte Matten, aus denen einzelne Sprossen nach oben wachsen. Auf einem Quadratmeter können bis zu 1.000 Blattsprosse zu finden sein. Auf diese Weise bilden Seegräser ganze „Wiesen“, die einen neuen, einzigartigen Lebensraum bieten für andere Arten.

Was ist über die Fortpflanzung von Seegräsern bekannt?

Alles über die Vermehrung von Seegras

Seegräser pflanzen sich auf zwei verschiedene Weisen fort – geschlechtlich und ungeschlechtlich. Wie bei der geschlechtlichen Fortpflanzung von Landpflanzen bilden die Seegras-Pflanzen Blüten und Samen aus. In der Ostsee beispielsweise blüht das Echte Seegras etwa Ende Mai. Die „Bestäubung“ allerdings übernimmt das Meerwasser, denn die Wasserströmung trägt den Pollen zu den Blüten. Nach etwa vier Wochen werden die Samen ins Wasser entlassen. Sie sind nur drei bis vier Millimeter groß und werden daher auch mit der Strömung verdriftet, bevor sie zu Boden sinken.

Bei der ungeschlechtlichen Fortpflanzung breitet sich das Seegras mit Hilfe der Wurzelausläufer – Rhizome – aus. Das dichte Wurzelwerk bildet seitliche, unterirdische Ausläufer, aus denen dann neue Blattstängel aus dem Meeresboden nach oben wachsen.

Seegräser sind mehrjährige Pflanzen. Dabei sind ihre oberirdischen Teile jedoch meist nur einjährig, sterben also im Herbst nach und nach ab und treiben erst im zeitigen Frühjahr wieder aus. Die unterirdischen Teile, die Wurzelrhizome können viele Jahre überleben. Es gibt Berichte, wonach in der Ostsee bei den vor Schweden liegenden Åland-Inseln Wurzelrhizome im Alter zwischen 800 und 1.600 Jahren nachgewiesen wurde. Seegraswiesen des Mittelmeeres aus Neptun-Seegräsern (Posidonia ssp.) wurden sogar auf bis zu 3.000 Jahre datiert. Die Wurzelrhizome sind dann mehrere Meter mächtig.

Wie ernähren sich Seegräser?

Photosynthese und Nährstoffe, Seegraswiesen als Kohlenstoffspeicher

Seegras unter Wasser. Deutlich erkennbar sind die lange Halme. © Wolf Wichmann
Seegras unter Wasser. Deutlich erkennbar sind die lange Halme. © Wolf Wichmann

Seegräser können Nährstoffe und Wasser mit Hilfe ihrer Wurzeln aus dem Meeresboden aufnehmen. Sie betreiben Photosynthese über ihre Blätter. Dabei nehmen sie Kohlendioxid aus dem Meerwasser auf und wandeln dieses mit Hilfe von Sonnenlicht in Zucker und Sauerstoff um. Ausreichend Tageslicht ist daher für das Wachstum und das Überleben von Seegräsern essentiell. Das wiederum bedeutet, dass Seegraswiesen vor allem in Flachwasserbereichen vorkommen und nur dort in größere Tiefen vordringen können, wo ausreichend klares Wasser einen genügenden Lichteinfall gewährleisten kann. Algenwachstum, beispielsweise durch Nährstoffeinträge verursacht, behindert die Lichtdurchlässigkeit und kann so die Photosynthese des Seegrases verringern. Gleichzeitig sorgen sie – wie ein Wald – für eine gute Sauerstoffversorgung ihrer Umgebung.

Der Kohlenstoffanteil, den die Seegräser aus dem Kohlendioxid bei der Photosynthese „erzeugen“, wird in Blättern und Wurzeln eingelagert. Sterben die Blätter im Herbst ab, sinken sie in der Seegraswiese zu Boden, werden aber auch mit Strömung und Wellen verdriftet. In den Wurzeln bleibt der Kohlenstoff im Boden. Gleichzeitig wirken Seegraswiesen wie Sedimentfallen, so dass auch die Blattreste von Sand und Schlick überdeckt werden können. Selbst wenn Wurzeln absterben, werde diese aufgrund der Sauerstoffarmut und verminderter Abbauprozesse im Meeresboden kaum zersetzt. Die Seegraswiese wächst auf diese Weise quasi nach oben – und speichert immer mehr und mehr Kohlenstoff. Man nennt Seegraswiesen daher auch Kohlenstoffsenken oder Kohlenstoffspeicher. Es gibt Angaben, nach denen sie auf einem Quadratmeter 30 bis 50mal mehr Kohlenstoff speichern sollen als Waldökosysteme an Land.

Wo leben Seegräser und wo kommen sie in Nord- und Ostsee vor?

Ihr Verbreitungsgebiet und Lebensraum

Seegräser sind in verschiedenen Familien und Gattungen weltweit verbreitet und umfassen etwa 65 Arten. Seegraswiesen bedecken nur rund 0,1 - 0,2 Prozent des Meeresbodens, aber dies in mehr als 150 Ländern und auf allen Kontinenten. Ihre Gesamtfläche wird mit zwischen 180.000 und 317.000 Quadratkilometern angegeben.

Seegräser bevorzugen klare, lichtdurchflutete Flachwasserbereiche im Meer und in Mündungsbereichen von Flüssen. Sie sind erstaunlich salzgehaltstolerant und leben sowohl im Brack- als auch im Salzwasser.

Die beiden Seegrasarten Echtes Seegras (Zostera marina) und Zwerg-Seegras (Zostera noltii) kommen nur auf der Nordhalbkugel vor. Das Echte Seegras ist dabei von subarktischen Gewässern Alaskas bis zur Baja California entlang der Pazifischen Küste verbreitet, im Atlantik von Kanada, Grönland und Island bis auf die Höhe von Gibraltar, in der Ostsee, im Mittelmeer und im Schwarzen Meer.

Das Zwerg-Seegras ist im Ostatlantik, in der Ostsee nur bis maximal Höhe der vor Schweden liegenden Ålandinseln, im Mittelmeer, Schwarzen Meer und sogar im Kaspischen Meer und dem Aralsee verbreitet. Die südlichsten Vorkommen befinden sich um die Kapverden und die Kanarischen Inseln sowie vor der Küste Mauretaniens. Die nördliche Verbreitungsgrenze liegt etwa bei den Shetlandinseln.

Im Wattenmeer kommen beide Arten vor – das Echte Seegras und das Zwerg-Seegras.

Seegräser wie die beiden hier genannten Arten bevorzugen sandige bis schlickige Meeresböden und eine Wassertiefe von ein bis etwa zehn bis 15 Meter. An manchen Standorten kommt das Echte Seegras auch in größerer Tiefe vor, jedoch nur bei ausreichend guten Lichtverhältnissen. Eine starke Wassertrübung, ob durch Trübstoffe oder Algen, verringert die Photosyntheseleistung des Seegrases. Seegraswiesen gedeihen daher eher küstennah und sind auch entlang der Ostseestrände oder an der Wattenmeerküste zu sehen.

Wie ist die spezielle Situation im Wattenmeer?

Seegraswiese im trockenfallenden Wattenmeer © Hans-Ulrich Rösner
Seegraswiese im trockenfallenden Wattenmeer © Hans-Ulrich Rösner

Im Wattenmeer waren Seegraswiesen bis in die 1970er und 1980er Jahre hinein sehr stark zurückgegangen. Forschungen zeigten, dass dies vermutlich aufgrund hoher Nährstoffeinträge, insbesondere durch Phosphat und Stickstoff, geschah. Zugleich breiteten sich Grünalgen aus, die durch Nährstoffeinträge begünstigt wurden und dann die Seegräser überdeckten. In den ständig wasserbedeckten Bereichen führte ein eingeschleppter Pilz schon Jahrzehnte davor zum nahezu vollständigen Zusammenbruch des Bestands an Echtem Seegras.

Seit den 1990er Jahren nehmen die Seegraswiesen im Wattenmeer zwar wieder zu – doch genaues Hinschauen im Rahmen der Monitoringprogramme hat gezeigt, dass dies nicht überall der Fall ist: So sind die Seegrasbestände im Sublitoral, also dem ständig wasserbedeckten Bereich nicht wieder zurückgekehrt. Warum das so ist, kann derzeit nur gemutmaßt werden. Es könnte auch mit der grundberührenden Fischerei zusammenhängen, die vor allem in den Prielen stattfindet.

Die Seegrasbestände im nordfriesischen Wattenmeer haben sich auf den trockenfallenden Wattflächen (Eulitoral) sehr gut erholt und umfassen mehr als 100 Quadratkilometer. Sie bestehen zum großen Teil aus dem Zwerg-Seegras. Als Hauptgrund für diese Entwicklung führen Forschende vor allem die verbesserte Wasserqualität an. Leider haben sich die Bestände im Dithmarscher Watt kaum ausgedehnt, und im niedersächsischen Wattenmeer sind die Seegraswiesen in den letzten Jahren sogar zurückgegangen. Diese Flächen liegen näher an der Mündung der großen Flüsse Elbe, Weser und Ems, die das Seegras möglicherweise durch Nähr- und Schadstoffeinträge beeinträchtigen. Selbst erfahrene Wissenschaftler und Kenner des Wattenmeeres sind erstaunt über die vielen Wechselbeziehungen, die bei der Entwicklung von Seegraswiesen eine Rolle spielen.

Ökologische Bedeutung von Seegras

Alles über die Ökosystemleistungen von Seegraswiesen

Seegras im Spülsaum an der Ostseeküste © Katrin Wollny-Goerke
Seegras im Spülsaum an der Ostseeküste © Katrin Wollny-Goerke

Die besondere ökologische Wertigkeit von Seegraswiesen beruht vor allem auf drei Aspekten: sie sind ein „Hot Spot“ der Lebensvielfalt und sichern die marine Biodiversität; sie sind bedeutende Kohlenstoffsenken und tragen daher in besonderem Maße zum Klimaschutz bei; sie festigen Sedimente und haben eine wichtige Küstenschutzfunktion.

Seegraswiesen und Biodiversität: Blühwiesen auf dem Festland bieten kleinen und großen Tieren Lebensraum, Versteck und Nahrung, von den kleinsten Ameisen, Bienen und anderen Insekten bis hin zu Rebhuhn, Hase oder Reh. Ähnlich ist es im Meer mit den Seegraswiesen mit ihren Lebensgemeinschaften aus Einzellern, Ringelwürmern, Muscheln, Krebstieren und Schnecken. Zum Beispiel „putzen“ Wattschnecken kleinste Algen von den Blättern; Muscheln profitieren von der hohen Kohlendioxidaufnahme von Seegraswiesen und der damit verbundenen Reduzierung der Ozeanversauerung; Krebstiere finden hier Schutz und Nahrung. Seegraswiesen wirken auch als eine Art „Biofilter“ und scheinen Krankheitserreger und die Wirkung pathogener Keime zu reduzieren. Von besonderer Bedeutung sind Seegraswiesen als Laichplatz und Aufwuchsgebiet für unzählige Fischarten, von der Strandgrundel und dem Hornhecht bis hin zu kommerziell genutzten Arten wie z.B. dem Hering. Viele Speisefischarten weltweit sind in wichtigen Lebensphasen auf Seegraswiesen angewiesen. Andere Fischarten wie die Grasnadeln und ihre Verwandten aus der Familie der Seenadeln leben ständig hier, denn zwischen den Halmen können sie sich ideal verstecken. Auch Seepferdchen sind in Seegraswiesen zu finden. Bis zu 50 Fischarten wurden beispielsweise in einer küstennahen Seegraswiese an der schottischen Westküste nachgewiesen. Im Wattenmeer profitieren darüber hinaus auch Zugvögel wie Ringelgänse und Pfeifenten von den Seegraswiesen, denn sie ernähren sich bei ihrem Aufenthalt im Herbst unter anderem von Seegras. Je weniger Seegras, desto eher weichen diese Pflanzenfresser auf die Wintersaat der landwirtschaftlichen Flächen aus.

Seegraswiesen als Kohlenstoffsenke: Intakte und gesunde Seegraswiesen leisten einen sehr wichtigen Beitrag zum Klimaschutz, denn sie mildern die Auswirkungen des Klimawandels. Wie bereits oben ausgeführt, speichern Seegräser Kohlenstoff in ihren Blättern und vor allem in ihren Wurzeln. Wissenschaftler:innen konnten nachweisen, dass in den obersten 25 Zentimeter Meeresboden in einer Seegraswiese des Echten Seegrases im Durchschnitt 2,7 Kilogramm Kohlenstoff pro Quadratmeter eingelagert werden, in den Seegraswiesen der deutschen Ostsee z.T. sogar bis zu 10,7 Kilogramm pro Quadratmeter. Je nach Standort, Art und Störungsgrad unterscheiden sich die genauen Mengen an Kohlenstoff, die in Seegraswiesen gespeichert werden. Je besser die Lebensbedingungen und je älter die Seegrasvorkommen, desto mehr Kohlenstoff wird gespeichert. Sterben die Seegraswiesen ab, auch die unterirdischen Wurzelrhizome, würden sie ihre Stabilität verlieren. Strömungen, Wind und Wellen würden die Sedimente mobilisieren, so dass Kohlenstoff freigesetzt werden würde.

Seegraswiesen und Küstenschutz: Die meisten Seegraswiesen befinden sich in Küstennähe in flacheren Meeresbereichen, wo Wellen einen starken Einfluss auf den Meeresboden haben können. Die Wurzelrhizome der Seegräser festigen das Sediment und schützen die Sand- und Schlickkörnchen vor Verdriftung. Sedimentpartikel aus der Umgebung und Reste der Blätter sinken zwischen den Seegräsern zu Boden. So wächst eine Seegraswiese auch langsam weiter nach oben. Dadurch und durch die dichten, wogenden Halme der Pflanzen werden Strömung und Wellenschlag gebremst.

Wodurch sind Seegraswiesen bedroht?

Bedrohungen, Gefährdungsstatus

Seegras © Hans-Ulrich Rösner / WWF
Seegras in einem Halligpriel. © Hans-Ulrich Rösner

Im 20. Jahrhundert sind weltweit rund 30 Prozent der Seegraswiesen verloren gegangen, derzeit beträgt der globale Rückgang rund 7 Prozent pro Jahr. Die IUCN bewertet die Bestände beispielsweise vom Echten Seegras in ihrer „Red List of Threatened Species“ mit „least concern“, also nicht bedroht. Jedoch ist die Bewertung bereits von 2007, und die Situation ist sehr unterschiedlich in den verschiedenen Meeresregionen.

In der deutschen Roten Liste werden Echtes Seegras und Zwerg-Seegras mit „gefährdet“ angegeben. Als größte Bedrohung gilt – neben der mechanischen Zerstörung der Seegraswiesen durch Grundschleppnetzfischerei – die Überdüngung der Meere durch Nähr- und Schadstoffe aus der Landwirtschaft und den Kläranlagen. Sie begünstigt die Entwicklung von Algen(blüten), sowohl von einzelligen Algen als auch von Grünalgen. Ersteres führt zu einer Wassertrübung, die den Lichteinfall behindert und somit die Photosynthese der Seegräser beeinträchtigt. Wissenschaftler*innen haben festgestellt, dass Seegraswiesen immer seltener in tieferen Wasserbereichen vorkommen, da ihnen das Licht fehlt. Grünalgen werden durch Nährstoffeinträge begünstigt. Wachsen sie massiv zu Algenmatten heran und legen sich über die Seegräser, fehlt denen das Licht und sie gehen ein. Doch auch hier ist das marine Ökosystem komplex. Grünalgen können sich nur dort durch Nährstoffeinträge so massiv vermehren, wo sie nicht von Schnecken gefressen werden, wo auch ihnen nicht das Licht fehlt, wo Stürme sie nicht fortspülen. Es braucht also mehr, um das Verschwinden und Absterben der Seegraswiesen zu erklären.

Gravierend ist vor allem mechanische Zerstörung der Seegraswiesen durch grundberührende Fischerei. Die empfindlichen Gewächse werden aus dem Boden gerissen, vielfach wird auch das Rhizom geschädigt, das Sediment aufgewühlt, wodurch Sauerstoff in den Boden gelangt und Zersetzungsprozesse begünstigt. Kohlenstoff wird freigesetzt. Die zunehmende Nutzung der Küsten(gewässer), nicht nur in Nord- und Ostsee, sondern auch beispielsweise im Mittelmeer, führt zu einer immer stärkeren Beanspruchung des Lebensraums für Seegräser. Ähnlich den Fanggeschirren der grundberührenden Fischerei können in Flachwassergebieten Jetskis, Boote oder Bootsanker Seegräser aus dem Boden reißen.

Und so sehr Seegraswiesen die Auswirkungen der Klimakrise abmildern können, so sehr sind sie ihr aber auch ausgesetzt. Extremwetter-Ereignisse mit Stürmen/Sturmfluten und starken Wellen (wie zuletzt im Oktober 2023 an der deutschen Ostseeküste) können Seegraswiesen auch schädigen. Die Klimakrise mit höheren Wassertemperaturen, z.B. im Sommer, fördert das Wachstum von Algen, mit den oben erwähnten Problemen.

Wie können Seegraswiesen geschützt werden?

Schutzstatus und -maßnahmen, Wiederansiedlung von Seegras(wiesen)

Trockenfallende Seegräser im Wattenmeer, frei von Grünalgen © Hans-Ulrich Rösner
Trockenfallende Seegräser im Wattenmeer, frei von Grünalgen © Hans-Ulrich Rösner

In Deutschland unterliegen Seegraswiesen dem Bundesnaturschutzgesetz und sind gemäß § 30 BNatSchG als Biotoptyp unmittelbar gesetzlich geschützt – ohne, dass es hierzu einer Schutzgebietsausweisung bedarf. Darüber hinaus fallen sie unter die Europäische Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie und sind hier im Anhang I als Lebensraumtyp „Flache große Meeresarme und -buchten (Flachwasserzonen und Seegraswiesen)“ besonders geschützt.

Im Rahmen des Natura 2000 Schutzgebietsnetzwerks können für sie auch Schutzgebiete ausgewiesen werden. Schutzmaßnahmen für Seegraswiesen sind dringend, und zwar weltweit, aber auch in Nord- und Ostsee „vor unserer Haustür“.

Vorrangige Maßnahmen sind insbesondere:

  • die Verringerung der Nährstoffeinträge aus der Landwirtschaft. Hier gilt es insbesondere den Einsatz von Düngemitteln zu verringern und den Eintrag von Nitrat deutlich zu reduzieren.
  • die Vermeidung von Grundschleppnetzfischerei über Seegraswiesen.

Doch auch Privatpersonen können vielfältige Beiträge leisten:

  • durch den bewussten Einkauf und Verzehr von Erzeugnissen aus ökologischer Landwirtschaft,
  • durch die Verringerung der Nähr- und Schadstoffeinträge aus Haushalten, beispielsweise durch den Verzicht auf Weichspüler
  • die Beachtung von Schutzzonen mit Seegraswiesen beim Bootsverkehr und um dort nicht zu ankern.

Um den Verlust von Seegraswiesen auszugleichen, wurden vor mehreren Jahren in verschiedenen Ländern der Erde Wiederansiedlungsversuche von Seegräsern gestartet, auch in Europa. Der WWF in Großbritannien engagiert sich hier. Auch in Schottland gibt es ein erfolgreiches Projekt von Seawilding, in das auch einheimische Küstenbewohner integriert sind.

In Deutschland wird derzeit ein umfangreiches Verbundprojekt zur Wiederansiedlung von Seegraswiesen an der südlichen Ostseeküste durchgeführt, das Projekt SEASTORE. Ziel ist es, ein Leitkonzept für die Wiederherstellung von Seegraswiesen (Restauration) zu entwickeln, in dem Handlungsempfehlungen gegeben werden sollen, zum Beispiel für die richtige Standortwahl, die Methode der Neu-Anpflanzung oder auch zum Monitoring – also der Erfolgskontrolle. Hierbei gehen praktische Ansiedlungsversuche im Freiland sowie unter „Laborbedingungen“ im Strömungskanal Hand in Hand mit der Erforschung von Umweltfaktoren, die in einer Seegraswiese bestehen bzw. sie von außerhalb beeinflussen.

Im deutschen Wattenmeer wird derzeit keine Wiederansiedlung angestrebt, denn hier gilt der Grundgedanke des Nationalparks „Natur Natur sein lassen“. Seegraswiesen sollen sich hier selbst entwickeln (können). Der WWF engagiert sich daher besonders für einen umfassenden Schutz der bestehenden Seegraswiesen bzw. die Möglichkeit zur Rückkehr für das verschwundene Seegras im Unterwasserbereich, beispielsweise durch Regelungen zur Grundschleppnetzfischerei.

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