Auffälliger Wolf „MT6“

WWF-Stellungnahme zur geplanten Entnahme durch das niedersächsische Umweltministerium

Moritz Klose, WWF Referent Wildtiere in Deutschland und Europa © Robert Günther / WWF
Moritz Klose, WWF-Referent Wildtiere in Deutschland und Europa © Robert Günther / WWF

Das niedersächsische Umweltministerium hat entschieden, einen auffällig gewordenen Wolf wenn möglich einzufangen und in ein Gehege zu bringen. Der mit einem Sender ausgestattete Wolf („MT6“) hatte sich im Verlauf der letzten Monate wiederholt Menschen mit Hunden genähert. Am vergangenen Wochenende soll er Berichten zufolge den Hund einer Familie bei ihrem Spaziergang angegriffen haben.

 

Zuvor hatten Vergrämungsaktionen in den vergangenen Monaten keine Erfolge gezeigt. In einer Stellungnahme erklärte der WWF Deutschland, man verfolge die aktuellen Entwicklungen mit „großem Bedauern über das Schicksal des Einzeltieres“. Zugleich äußerte der WWF Verständnis für die Entscheidung des Umweltministeriums, da die Akzeptanz aller Wölfe in Deutschland auf dem Spiel stehe. Um derartige Vorfälle zukünftig zu vermeiden, mahnte die Organisation ein besseres und effizienteres Management und ein verstärktes Monitoring seitens der Behörden an - vor allem in potentiellen Konfliktfällen.

 

Hierzu erklärt Moritz Klose, Referent Wildtiere in Deutschland und Europa beim WWF Deutschland:

 

„Seit vielen Jahren setzt sich der WWF für die Rückkehr des Wolfes nach Deutschland ein. Wir betrachten es als großen Erfolg und zugleich große Herausforderung für den Naturschutz, dass es hierzulande wieder wildlebende Wölfe gibt. Klar ist: Die dauerhafte Rückkehr des Wolfs ist nur mit der breiten Akzeptanz der Bevölkerung möglich. Es muss daher vermieden werden, dass ein einzelner auffälliger Wolf die Akzeptanz der ganzen Art gefährdet. Auch muss verhindert werden, dass ein auffälliger Wolf sein Verhalten an den Nachwuchs weitergibt und somit möglicherweise ein ganzes Rudel unerwünschtes Verhalten zeigt. Im aktuellen Fall wurde zunächst versucht, dem Tier mit der Hilfe eines Experten aus Skandinavien durch Vergrämungsaktionen wieder Scheu vor dem Menschen beizubringen. Das hat jedoch bedauerlicherweise nicht funktioniert. Der WWF kritisierte damals auch die Art und Weise des Vorgehens und insbesondere die mangelhafte Ursachenforschung. Daher betrachten wir die Entnahme leider als letztlich notwendigen Schritt, um mögliche Risiken für Menschen auszuschließen, da dieses Tier inzwischen ein nicht mehr zu kalkulierendes Risiko darstellt.

 

Die Pläne, den Wolf in einem Gehege unterzubringen, sehen wir - ähnlich wie andere Natur- und Wolfsschutzorganisation – kritisch. Ausgewachsene Wölfe aus freier Wildbahn vertragen eine Gefangenschaft in aller Regel nicht. Das wäre Tierquälerei. Wir halten daher eine sogenannte „letale Entnahme“ in diesem Fall für die einzig mögliche Option. Uns ist bewusst, dass eine derartige Entscheidung für das Schicksal eines einzelnen Tieres tragisch ist. Für die Gesamtpopulation der Wölfe in Deutschland kann es jedoch überlebensnotwendig sein.

 

Kritisch ist nach WWF-Auffassung zugleich, dass nicht ausreichend untersucht ist, wodurch das auffällige Verhalten ausgelöst wurde. Daher plädieren wir ausdrücklich für die intensive Beobachtung des Munsteraner Rudels, aus dem das Tier ursprünglich stammt. Ziel muss es sein, dass sich ein Verhalten bei anderen Wölfen nicht wiederholt. Für den Fall, dass weitere Tiere auffälliges Verhalten zeigen, sollten zeitnah umfassende Vergrämungsmethoden eingeleitet werden. Eine besondere Gefahr geht davon aus, wenn Wölfe durch Menschen angefüttert werden und man sie auf diese Weise lehrt, Menschen aktiv aufzusuchen. Deshalb muss die Aufklärungsarbeit auch seitens der zuständigen Behörden in diesem Bereich weiter intensiviert werden.

 

Besonders wichtig ist dem WWF zudem, dass sich aus dem aktuellen Fall keine Gesetzmäßigkeit ableiten lässt. Der Wolf muss als Tierart bis auf weiteres in Deutschland streng geschützt bleiben. Jedes potentiell kritische Verhalten muss gesondert bewertet werden. Richtschnur und Leitlinie hierfür muss ein entsprechender Wolfs-Managementplan sein, der von den einzelnen Bundesländern im Vorfeld erarbeitet wurde. Die Einschätzung von Konfliktfällen beruht dabei auf einer Veröffentlichung des Bundesamtes für Naturschutz (<link https: www.bfn.de fileadmin mdb documents service skript201.pdf external-link>BfN Skript 201/2007  Seite 115 f.) zum Umgang mit Wölfen in Deutschland. Die Entscheidung zu Maßnahmen im Einzelfall muss zudem mit einem Expertengremium abgestimmt werden. In Deutschland steht seit 2016 dafür die Dokumentations- und Beratungsstelle des Bundes zum Wolf beratend zur Verfügung.“

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WWF Presse-Team