Oldenburg im „Epizentrum der Schweinemast“

WWF-Regionalbericht Oldenburg warnt vor Nitratbelastung im Grundwasser und Artensterben auf dem Land. Fehlgeleitete Agrarpolitik: Immer weniger Landwirte – aber immer mehr Gülle. WWF mit Foodtruck in Oldenburg: Regionale „Foodhelden“ auf Schlossplatz

Regionalbericht Oldenburg © WWF
Regionalbericht Oldenburg © WWF

Das Oldenburger Land liegt bei der Intensiv-Schweinemast und der Belastung des Grundwassers mit Nitrat weit über dem Bundesdurchschnitt. Böden, Gewässer und Artenvielfalt in der Region leiden massiv unter den direkten wie indirekten Folgen einer teilweise aus dem Ruder gelaufenen Agrarindustrie. Gleichzeitig müssen viele Landwirte aufgeben, denn ein gerechtes und zuverlässiges Einkommen vor allem für nachhaltig wirtschaftende Betriebe fehlt. Davor warnt der WWF in einem <link http: www.wwf.de fileadmin fm-wwf publikationen-pdf wwf-regionalbericht_oldenburg_landwirtschaft_und_ernaehrung.pdf _blank external-link>Regionalbericht, den der Naturschutzverband am Donnerstag im Rahmen seiner deutschlandweiten Foodtruck-Tour auf dem Oldenburger Schlossplatz vorgelegt hat.

 

„Das Oldenburger Land als Epizentrum der Schweinemast in Deutschland vollzieht eine paradoxe Entwicklung: Obwohl es immer weniger Landwirte gibt und viele Bauern aufgeben müssen, nimmt die Anzahl der Tiere in den Ställen und die Gülle auf den Äckern und Weiden zu. In der Region Oldenburg zeigt sich, dass eine fehlgeleitete Politik die deutsche Landwirtschaft in eine ökologische wie ökonomische Sackgasse hineinmanövriert“, so Matthias Meissner, Referent Landwirtschaft und Ernährung beim WWF Deutschland. „Durch die zunehmende Intensivierung entzieht sich der Agrarsektor mittelfristig  seiner eigenen Lebensgrundlage und verliert zugleich auch noch die Akzeptanz in einem großen Teil der Gesellschaft. Es wäre die Aufgabe der Politik hier unterstützend gegenzusteuern. Leider ist das in den vergangenen Jahren versäumt worden. Umweltfreundlich produzierende Landwirte brauchen ein gerechtes und zuverlässiges Einkommen, um gegen die Billigproduktion von Intensivmastbetrieben wirtschaftlich bestehen zu können.“

 

Allein 1,7 Mio. der bundesweiten rund 28 Mio. Schweine werden im Umkreis von 50 Kilometern um Oldenburg gehalten. Der Anteil an ökologisch bewirtschafteter Fläche in der Region liegt mit nur zwei Prozent weit unter dem Bundesdurchschnitt von 6,5 Prozent. Jede dritte Grundwasser-Messstelle verzeichnet Nitratwerte, die die Grenzwerte für Trinkwasser teils massiv überschreiten. Als Hauptursache gilt die Überdüngung der Äcker. Auch die Tier- und Pflanzenwelt leidet: Mehr als die Hälfte der 43 Vogelarten, die überwiegend in unserer landwirtschaftlich geprägten Kulturlandschaften siedeln, steht in Niedersachsen auf der Roten Liste. Bei Arten wie Uferschnepfe, Kiebitz, Wiesenpieper, Braunkehlchen und Goldammer verzeichnen Wissenschaftler anhaltende Bestandseinbrüche. Eine Trendwende ist laut WWF nicht erkennbar. „Wir fragen uns, wie lange Wasser, Böden, Tier und Pflanzen das noch mitmachen“, so Meissner. „Natur und Landwirtschaft sind keine voneinander abgekoppelten Systeme. Sie können nur gemeinsam dauerhaft erfolgreich sein und müssen wieder in Einklang gebracht werden.“

 

Zugleich müsse sich auch der Konsum verändern und der verschwenderische Umgang mit Lebensmitteln gestoppt werden. Laut WWF-Berechnungen fallen allein in Oldenburger Haushalten vermeidbare Lebensmittelverluste von knapp 10.000 Tonnen pro Jahr an. Zudem ist sowohl auf lokaler wie auch auf globaler Ebene der hohe Fleischbedarf ein Problem. Insgesamt fragen die Oldenburger pro Jahr rund 14.000 Tonnen Fleisch nach. Dafür werden über 16.000 Hektar landwirtschaftliche Fläche benötigt, vor allem um Tierfutter anzubauen, wie etwa gentechnisch verändertes Soja in Südamerika. „Wir essen in Deutschland nicht nur zu viel Fleisch, sondern produzieren oben drauf und exportieren die Überschüsse ins Ausland. Doch mit Schweinefleisch aus deutscher Intensivmast wird höchstens der Regenwald in Südamerika zerstört oder das Grundwasser in Deutschland verschmutzt, aber sicherlich nicht der Hunger in der Welt bekämpft Dieses System ist nicht nachhaltig“, so Meissner.

  • Vermeidbare Lebensmittelverlust pro Jahr: 9.994 Tonnen
  • Jährliche Flächenfußabdruck der Oldenburger Ernährung: 39.270 Hektar
  • das sind 55.000 Fußballfelder (68 Meter x 105 Meter)
  • Anteil Bio-Bauernhöfe in der Großregion Oldenburg: 2 Prozent (193 Betriebe)

WWF-Foodtruck in Oldenburg

Im Sommer 2017 tourt der WWF-Foodtruck quer durch die Bundesrepublik. Am 22. und 23. Juni steht der Foodtruck mit einer großen Erlebniswelt auf dem Oldenburger Schlossplatz.  Food-Helden aus der Region stellen ihre Projekte für nachhaltiges Essen vor. An Erlebnis- und Wissensstationen gibt es Mitmach-Aktionen für die ganze Familie. WWF-Experten geben Tipps, worauf es beim Einkaufen und Essen ankommt, um die Natur zu schützen. Pünktlich ab 12 Uhr gibt es den leckeren, regionalen Mittagspausen-Snack der WWF-Foodtruck-Köche.

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WWF Presse-Team