„Swiss Made“ mit Makel

Schweizer Uhren- und Schmuckindustrie lässt beim Thema Nachhaltigkeit Glanz und Präzision vermissen

Gold © Zig Koch/WWF

"Präzise wie ein Schweizer Uhrwerk" mag gelten, aber an der Nachhaltigkeit von Uhren aus der Schweiz sind Zweifel angebracht. Das ist das Ergebnis eines aktuellen WWF-Ratings von 15 großen Schweizer Uhren- und Schmuckunternehmen. Sie kümmern sich kaum um Nachhaltigkeit in ihren Lieferketten, agieren intransparent und informieren nicht oder äußerst spärlich über die Auswirkungen ihres Geschäftes auf Umwelt und Soziales.

 

"Das Gütesiegel "Swiss Made" ist mit einem besorgniserregenden Makel behaftet", so Dario Grünenfelder vom WWF Schweiz. Insbesondere die Beschaffung und Weiterverarbeitung von Rohmaterialien für die Herstellung von Uhren und Schmuck belastet die Umwelt stark. So wird zum Beispiel beim Abbau von Gold Quecksilber und Blausäure eingesetzt - mit oft toxischen Folgen für Mensch und Natur. Rund 50 Prozent der jährlichen weltweiten Goldproduktion landet im Uhren- und Schmucksektor. Hinzu kommen weitere Rohstoffe wie Edelsteine, Platin, Titan, Lithium oder Zink, die weltweit unter häufig fragwürdigen Bedingungen abgebaut werden.

 

Abgefragt wurden 16 zentrale Handlungsfelder, darunter der Einsatz von kritischen Rohstoffen aus zertifizierten Quellen, die Unterstützung alternativer umweltfreundlicherer Abbaumethoden vor Ort, die Berücksichtigung von Umweltaspekten bei der Materialauswahl für Produkte, der Umgang mit kritischen Rohstoffen oder Reduktionsziele für Treibhausgasemissionen in der Lieferkette. Nur sechs Unternehmen, jene der Richemont Gruppe und TAG Heuer, beantworteten den Fragebogen. Neun Unternehmen wurden aufgrund öffentlich verfügbarer Informationen bewertet.

 

Keines der beurteilten Unternehmen schafft es im WWF-Ranking in die höchsten Kategorien "Visionär" oder "Vorreiter". Einzig IWC aus der Richemont Gruppe erreicht die Kategorie "Ambitionierte". Rund die Hälfte der untersuchten Unternehmen schneidet schlecht ab und gehört zur Kategorie "Intransparente/Nachzügler": Audemars Piguet, Breguet, Longines, Omega, Patek Philippe, Rolex, Swatch und Tissot.

 

Dario Grünfelder vom WWF sieht dringenden Handlungsbedarf für die Schweizer Uhren- und Schmuckindustrie: "Die Unternehmen müssen mehr Verantwortung für ihre negativen Umwelteinflüsse entlang ihrer gesamten Wertschöpfungskette übernehmen, ihre Geschäftstätigkeiten transparent darlegen und sich um Zusammenarbeit bemühen, um die Nachhaltigkeit der Branche gemeinsam zu verbessern." Die großen und bekannten Schweizer Unternehmen haben eine Signalwirkung für die ganze Branche und könnten als Vorreiter die gesamten globalen Lieferketten und damit den Weltmarkt verändern.

 

Verbrauchern rät der WWF Uhren und Schmuck möglichst selten zu kaufen, lange zu tragen und bei Bedarf reparieren zu lassen. Nicht mehr Getragenes kann man umarbeiten oder wiederverwerten lassen. Beim Neukauf gilt: Produkte aus legalen, zertifizierten Recycling- oder öko-zertifizierten Fairtrade-Quellen haben Vorfahrt. Uhren und Schmuck aus recycelten Materialien sind solchen aus neu gewonnenen Rohstoffen vorzuziehen.

Hintergrund:

Ranking der Uhren- und Schmuckunternehmen im WWF-Rating

  • Visionär: -
  • Vorreiter: -
  • Ambitioniert: IWC
  • Oberes Mittelfeld: Cartier, Jaeger-LeCoultre, Piaget, Vacheron Constantin
  • Unteres Mittelfeld: Chopard, TAG Heuer
  • Intransparent/Nachzügler: Audemars Piguet, Breguet, Longines, Omega, Patek Philippe, Rolex, Swatch, Tissot

Umweltauswirkungen der Uhren- und Schmuckbranche

Die größten Umweltschäden entstehen bei der Beschaffung von Rohmaterialien (z.B. Abbau von Edelmetallen wie Gold etc.). Wasser- und Bodenverschmutzung, aber auch Entwaldung und Landvernichtung, führen zum Verlust biologischer Vielfalt. Schadstoffeinträge und Landveränderungen fragmentieren und zerstören wertvolle Ökosysteme und wirken sich negativ auf Süßwasser, Wälder und Wildtiere aus. Aufwärts der gesamten Wertschöpfungskette findet ein erheblicher Energieverbrauch statt, welcher mit CO2-Emissionen verbunden ist: Vom Mahlen der Steine bis zum Schmelzen der Metalle, von den Langstreckentransporten über die Anfertigung der Endprodukte bis zur Anlieferung zum Endverbraucher.

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WWF Presse-Team