Keine Zeit mehr für Lippenbekenntnisse

WWF: 14. UN-Biodiversitätskonferenz zeigt mangelnden politischen Willen / Konferenz 2020 muss Chefsache werden

Eisvogel © Wild Wonders of Europe Novak naturepl
Eisvogel © Wild Wonders of Europe Novak naturepl

Zum Abschluss der 14. UN-Konferenz zum Schutz der biologischen Vielfalt (CBD) im ägyptischen Sharm-El-Sheikh zieht der WWF Deutschland ein ernüchterndes Fazit. Die 196 CBD-Länder werden viele der 20 UN-Biodiversitätsziele innerhalb der nächsten zwei Jahre nicht mehr erreichen. Mangelnder politischer Wille macht es unmöglich, den Verlust biologischer Vielfalt bis 2020 zu stoppen. Für die nächste Konferenz in zwei Jahren in Peking fordert der WWF die verbindliche Teilnahme der Staats- und Regierungschefs. Dann geht es um die neue Biodiversitätsstrategie bis 2030. Der WWF ruft die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel auf, sich für einen Natur-Gipfel der Staats- und Regierungschefs in 2020 stark zu machen. "Um uns herrscht der dauerhafte ökologische Ausnahmezustand, bloße Lippenbekenntnisse bringen nichts. Die Chefs gehören persönlich an den Verhandlungstisch, um die Biodiversitätskrise zu bewältigen", so Günter Mitlacher, Leiter Internationale Biodiversitätspolitik beim WWF.

 

Die 14. UN-Konferenz in Ägypten zeigt, dass viele der 2010 verabschiedeten 20 Biodiversitätsziele bis 2020 nicht erreicht werden. Zwei Jahre vor Ablauf der Vereinbarung hat die Hälfte der Mitgliedsstaaten beim Erhalt von Lebensräumen für Pflanzen und Tiere keine Fortschritte gemacht oder vermeldet sogar Rückschritte. Ähnlich unbefriedigend sieht es beim Kampf gegen die Überfischung der Ozeane oder beim Schutz der Korallenriffe aus. Echte Fortschritte, wie etwa bei der Ausweisung von 17 Prozent Schutzgebieten weltweit, sind Mangelware. 2020 tagt die nächste UN-Konferenz zum Schutz der biologischen Vielfalt (CBD) in Peking. Dann geht es um die 10-Jahresstrategie für Biodiversität und Natur bis 2030.

 

"Für das laufende Abkommen ist der Zug weitestgehend abgefahren. Peking muss die Wende bringen. Wir brauchen keinen weiteren zahnlosen Tiger, sondern ein starkes "Peking-Abkommen für Mensch und Natur" - getrieben von den Staats- und Regierungschefs persönlich, unterfüttert mit ambitionierten Zielen, funktionierenden Prüfmechanismen und konsequenter nationaler Umsetzung", fordert Mitlacher.

 

Der Fahrplan von Sharm El-Sheikh bis Peking ist sportlich: Auf fünf Zwischenkonferenzen soll die neue Strategie bis 2030 verhandelt werden. Dabei kommen altbekannte Konfliktthemen wieder mit auf den Tisch, zum Beispiel die Debatte um die Biopiraterie der Industrieländer. Die neue Form der Biopiraterie - digitale Sequenzierung der Gene von Lebewesen - muss weltweit einheitlich geregelt werden. Dafür setzen sich die biodiversitätsreichen Länder ein. Allerdings ist das deutsche Forschungsministerium hier einer der Bremser. "Forschung unterliegt auch ethischen Grenzen und darf die gerechte Verteilung von Wohlstand nicht blockieren", kritisiert Mitlacher.

 

"Wenn es um den Schutz der biologischen Vielfalt geht, brauchen Politik und Wirtschaft einen Tritt in den Allerwertesten. Eine starke, globale Bürgerbewegung für die Vielfalt des Lebens auf dieser Erde kann den entscheidenden Unterschied machen. Wir müssen jetzt über Grenzen hinweg unsere zivilgesellschaftlichen Kräfte bündeln, um das Blatt zu wenden", sagt Günter Mitlacher vom WWF. Mit Blick auf die am 2. Dezember in Katowice startende 24. UN-Klimakonferenz fordert Günter Mitlacher einen gemeinsamen Sonderbericht von IPBES und IPCC, um geschlossen gegen Erderhitzung und Biodiversitätsverlust vorzugehen. Biodiversität und Klima seien zwei untrennbar miteinander verbundene Seiten ein und derselben ökologischen Medaille.

 

Weltweit schrumpfen die Tier- und Pflanzenbestände. Von Rohstoffen, Wasser, Lebensmitteln, Arzneimitteln und Energie bis hin zu Bestäubung, Bodenbildung sowie Schutz vor Fluten, Stürmen und Erosion - die natürlichen Systeme der Erde sind überlebenswichtig für die Menschheit. Den schlechten Zustand der Biodiversität weltweit unterstreichen in erschreckender Regelmäßigkeit auch Zahlen wie die des Living Planet Report des WWF, der Ende Oktober in seiner aktuellsten Ausgabe einen Rückgang der globalen Wirbeltierbestände um 60 Prozent vermelden musste.

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