Landwirtschaft hat Vorfahrt - Wo ist der Naturschutzminister?

Umweltverbände ziehen Bilanz zu 20 Jahren Minister Dr. Till Backhaus

Ostseeküste © Annika Magdorf WWF
Ostseeküste © Annika Magdorf WWF

„Bedauerlicherweise steht die Arbeit als Landwirtschaftsminister für Minister Backhaus nach wie vor an erster Stelle“, sagt NABU-Landesgeschäftsführerin Dr. Rica Münchberger anlässlich einer Bilanz, welche die drei Umweltverbände NABU, BUND und WWF in Mecklenburg-Vorpommern zu 20 Jahren Amtszeit von Minister Backhaus ziehen. Auch wenn es einige Lichtblicke in den letzten elf Jahren als Naturschutzminister gab, dominieren die Entscheidungen zu Lasten der Natur, kritisieren die Umweltverbände. Positiv bewerten sie die unaufgeregte Behandlung der Rückkehr der Wölfe im Land, die Entscheidung, den Nothafen Darßer Ort zugunsten eines Ersatzhafens in Prerow zu schließen, die Steigerung des Ökologischen Landbaus und die Fortführung des Moorschutzprogrammes sowie den Alleenschutz.

 

„Die konsequente Industrialisierung der Landwirtschaft und das Ausbluten der Naturschutzverwaltung in den letzten 20 Jahren erfolgten jedoch zu Lasten des Naturschutzes und haben damit aktiv zum Verlust unserer heimischen Biodiversität sowie zur Erhöhung der Schadstoffbelastung unseres Grundwassers beigetragen“, sagt Dr. Rica Münchberger.

 

Auch mit Blick auf die Ostsee sieht die Bilanz nicht besser aus. „Obwohl die Überdüngung das Problem Nummer eins der Ostsee ist, beschränkt sich Minister Backhaus meist auf gut gemeinte Ratschläge. Ernsthafte Maßnahmen, um die Düngeflut zu stoppen, sucht man vergebens“, sagt Jochen Lamp vom WWF. „Der düngefreie Gewässerrandstreifen wurde mit der letzten Novellierung des Landeswassergesetzes auf Drängen der Landwirte quasi gestrichen, wirksame Beschränkungen der Düngung in Wasserschutzgebieten oder ein Feuchtgebietsprogramm zur Nährstoff-Rückhaltung sind nicht in Sicht.“

 

Zwar habe der Minister erkannt, welche Bedeutung etwa der Ökologische Landbau für eine Kehrtwende haben könnte. „Die Umstellungen auf ökologische Landwirtschaft nehmen erfreulicherweise zu. Außerdem gibt es einen vom Land geförderten Landesverbund der Anbauverbände des Ökologischen Landbaus“, so Corinna Cwielag, Landesgeschäftsführerin des BUND in MV. „Die eingeplanten Finanzmittel sind jedoch viel zu gering, um dem steigenden Interesse gerecht werden zu können.“ Es sei zwar anzuerkennen, dass weitere 13 Millionen Euro für den Ökolandbau nachgeschossen wurden. „Dass das Geld jedoch aus EU-Mitteln stammt, die eigentlich dem Naturschutz zur Verfügung stehen sollten, zeigt einmal mehr, welchen Stellenwert Naturschutz für den Minister hat.“

 

Dies wird auch in der Genehmigungspraxis für Massentierhaltungsanlagen deutlich, für die Minister Backhaus seit 2017 ebenfalls zuständig ist.

„Trotz entgegenstehender Umwelt- und Naturschutzvorschriften werden Megaställe für zehntausende Schweine oder Millionen Hühner genehmigt und trotz Widersprüchen von Verbänden und der Bevölkerung zum sofortigen Bau freigegeben, statt endgültige Entscheidungen abzuwarten“, so Corinna Cwielag weiter.

 

Dagegen werden wichtige gesamtgesellschaftliche Aufgaben des Landes von Minister Backhaus eher stiefmütterlich behandelt. Etwa die Umsetzung der vom Ministerium selbst erarbeiteten /Landesstrategie zu Erhaltung und Entwicklung der biologischen Vielfalt in Mecklenburg-Vorpommern/. Viele der in dieser Ende 2012 vorgestellten Biodiversitätsstrategie enthaltenen Ziele und Maßnahmen weisen in die richtige Richtung. Jedoch scheint es sich nach Sicht der Verbände eher um Lippenbekenntnisse statt um ernstgemeinte Ziele zu handeln. „Besonders für den Bereich Wald wurde die Chance vertan, endlich ein wirksames Konzept gegen das Artensterben vorzulegen. Mit den genannten Prinzipien zur Waldbewirtschaftung ist ein Scheitern des Konzepts im Wald unausweichlich“, sagt NABU-Landesgeschäftsführerin Dr. Rica Münchberger. Zudem liegt die für

2016 versprochene Halbzeitbilanz noch immer nicht vor. „Das Zurückhalten der Halbzeitbilanz lässt befürchten, dass die Ergebnisse so schlecht sind, dass sich der Minister damit nicht an die Öffentlichkeit traut.

Wenn jedoch schon diese nach sechs Jahren nicht vorliegt, wie will das Land seine Strategie zum Artenschutz in den zwei Jahren bis 2020 umsetzen?“

 

Auch an anderer Stelle lässt Minister Backhaus erhebliche Zweifel an diesen Zielen. So unterscheidet sich in vielen Schutzgebieten im Land, sowohl auf NATURA 2000-Flächen als auch in Naturschutzgebieten (NSG), die Intensität der Landnutzung nicht von der auf ungeschützten Flächen.

Nutzungseinschränkungen gibt es nur selten. „Es ist jedoch die Verpflichtung des Landes, die Einhaltung der Schutzziele in den Vordergrund aller Bemühungen zu stellen und das Erreichen dieser Ziele auch zu überprüfen und sicherzustellen“, so Münchberger. Hier herrscht ein klares Vollzugsdefizit, welches nicht zuletzt dem erheblichen Personalabbau in der Naturschutzverwaltung geschuldet ist.

 

Fest steht: Minister Backhaus ist Umwelt- und Landwirtschaftsminister.

Er hat somit alle Möglichkeiten, auch auf dem Gebiet des Naturschutzes die Verpflichtungen aus Landes- und europäischem Recht umzusetzen.

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WWF Presse-Team