Kampf und Krampf an allen Fronten

Große Ranger-Umfrage: Wildhüter ringen mit Gewalt, medizinischer Versorgung, Ausbildung und Ausrüstung

Studie „Life on the Frontline“
Studie „Life on the Frontline“ © WWF

Berlin: Mit einem Volumen von geschätzten 20 Milliarden Euro ist der illegale Artenhandel Teil des international organisierten Verbrechens. Unzählige Spezies wie Elefant, Nashorn oder Schuppentier werden seit vielen Jahren massiv gewildert oder stehen wie der Tiger sogar am Rande des Aussterbens. Anlässlich der am Donnerstag startenden Regierungskonferenz zum illegalen Artenhandel in London macht der WWF auf die Bedeutung der Wildhüter aufmerksam. Ihr Einsatz im Feld biete meist die letzte Chance, die hochgerüstete Wildtiermafia aufzuhalten.

 

Eine große Umfrage unter Rangern in Afrika und Asien zeigt indes, mit welchen schwierigen Bedingungen es Wildhüter häufig zu tun haben: Wildereibanden, Infektionskrankheiten, Mangel an Ausbildung und Ausrüstung und manchmal schwierige Beziehungen zu lokalen Gemeinden. Schon an der Befriedigung der Grundbedürfnisse während der Patrouillen mangele es erheblich. So geben 60 Prozent der über 4.600 Befragten an, keinen oder nur eingeschränkten Zugang zu sauberem Trinkwasser zu haben und 58 Prozent bemängeln das Fehlen einer Unterkunft während der Zeit im Feld.

 

Schon an einfachster Ausrüstung fehle es vielerorts. Jeder vierte Ranger gibt zu Protokoll, im vergangenen Jahr an Malaria erkrankt zu sein. Besonders dramatisch ist die Situation in Afrika, wo 72 Prozent der Wildhüter unter Malaria litten, während in Südasien 16 und Südostasien zwölf Prozent betroffen waren. Trotz dieser offensichtlichen berufsbedingten Gefahr sagen nur 20 Prozent, dass ihnen stets Moskitonetze zur Verfügung stehen.

 

Weitere Ergebnisse der Umfrage:

  • 82 Prozent der Ranger schätzen ihre Arbeit aufgrund von Zusammenstößen mit Wilderern als sehr gefährlich ein
  • Dennoch hat nur jeder zweite eine Lebensversicherung, die die Familie im Todesfall unterstützt (laut International Ranger Federation kamen zwischen Juli 2017 und 2018 weltweit 107 Wildhüter ums Leben)
  • 38 Prozent sind der Meinung, dass sie nicht angemessen für ihre Arbeit ausgebildet wurden und nur unzureichenden Zugang zu Fortbildungen haben
  • Die Ranger gaben im Durchschnitt an, 76 Stunden pro Woche zu arbeiten, inklusive Nachtarbeit, für weniger als neun US-Dollar pro Tag
  • 59 Prozent sind während ihrer Patrouillen nicht mit grundlegenden Kommunikationsmitteln wie Funkgeräten oder Mobiltelefonen ausgestattet; 45 Prozent mussten ihre Uniform und 35 Prozent ihre Stiefel selbst bezahlen
  • Von den verheirateten Rangern (Anteil 75 Prozent) können aufgrund von Arbeitszeiten, schwieriger Erreichbarkeit des Einsatzortes oder der allgemeinen Bedrohungslage nur 38 Prozent mit ihren Familien zusammen leben

 

„Wildhüter stehen an vorderster Front und riskieren alles, um Natur und Wildtiere zu schützen. Wer eine derart wichtige Arbeit verrichtet darf nicht mit so katastrophalen Bedingungen ausgebremst werden. Dass es in vielen Fällen gar an der Grundversorgung hapert ist untragbar. Wir befinden uns mitten in einer dramatischen Wildereikrise, deren Auswirkungen weit über das Verschwinden der Tiere hinausgehen. Um diese Entwicklung zu stoppen benötigen Ranger eine angemessene Ausrüstung, Ausbildung und Bezahlung, die die Wichtigkeit ihrer Arbeit widerspiegeln“, fordert Katharina Trump, Referentin für illegalen Artenhandel beim WWF Deutschland.

 

Ein weiteres Ergebnis der Umfrage ist die hohe Bedeutung der Beziehungen zwischen Rangern und lokalen Gemeinden. Über 80 Prozent der Wildhüter geben an, dass ihr Erfolg auch von Informationen der örtlichen Bevölkerung abhängt. Die Mehrheit beschreibt ihr Verhältnis zu den Anwohnern als gut. So sagen 78 Prozent, dass die Mitglieder der Gemeinden ihnen vertrauen. Jeder Dritte wurde jedoch während seiner Patrouillen schon beschimpft, belästigt oder bedroht und neun Prozent gaben an, körperliche Gewalt erfahren zu haben.

 

Im Vorfeld der Konferenz zum illegalen Artenhandel am 11. und 12. Oktober London fordert der WWF die Regierungen auf, die Arbeits- und Lebensbedingungen der Ranger umfassend zu verbessern. Angemessene Schulungen, einschließlich einer breit angelegten Erstausbildung, Notfallpläne für medizinische Behandlungen sowie bessere Ausrüstung und Kommunikationsmittel, die den schwierigen Bedingungen in der Wildnis genügen, gehören laut WWF zu den dringend zu behebenden Mängeln. Darüber hinaus fordern die Umweltschützer einen 100-prozentigen Versicherungsschutz im Bereich der Kranken- und Lebensversicherung. Nicht zuletzt müssten sich die Regierungen in einigen Regionen dafür einsetzen, das Vertrauen zwischen Rangern und lokalen Gemeinschaften, darunter auch indigenen Völkern, zu verbessern.

 

Zur Studie „Life on the Frontline“:

Bei „Life on the Frontline“ handelt es sich um die weltweit größte jemals durchgeführte Befragung von Rangern. Die Studie wurde vom WWF mit Unterstützung der Ranger Federation of Asia und der University of Central Florida durchgeführt. Über 4.600 staatliche Wildhüterinnen und Wildhüter an 294 Standorten in 17 Ländern in Asien und Afrika wurden zwischen Oktober 2016 und Juli 2018 zu ihren Arbeitsbedingungen befragt.

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WWF Presse-Team