WWF-Analyse zeigt weit verbreitete illegale Fänge von Haien und Rochen im Mittelmeer

Geschützte und gefährdete Hai- und Rochenarten sind nach wie vor Ziel regelmäßiger illegaler, unregulierter und nicht gemeldeter Fischerei im Mittelmeer. Eine aktuelle Analyse des WWF anlässlich des Shark Awareness Days am 14. Juli zeigt erschreckende Bilder verbotener Fänge vom Aussterben bedrohter Weißer Haie, Makohaie, Riesenhaie, Engelshaie oder gefährdeter Teufelsrochen. Die Artenschützer kritisieren, dass europäische Gesetze zum nachhaltigen Management der Fischerei von den EU-Mitgliedsstaaten und anderer Mittelmeeranrainer nicht eingehalten werden. Mehr als die Hälfte der Hai- und Rochenarten im Mittelmeer sind bereits gefährdet, einige könnten in naher Zukunft sogar aussterben. Der WWF fordert daher eine umfassende Verbesserung von Transparenz und Rückverfolgbarkeit im Rahmen der EU-Fischereikontrollverordnung.

Das M.E.C.O-Projekt – ein Citizen Science-Projekt von Meeresschutzorganisationen im Mittelmeer - hat zahlreiche Videos und Fotos von bedenklichen Fischereiaktivitäten aus 11 Mittelmeer-Anrainerstaaten zusammengetragen, von denen über die Hälfte der EU angehören – darunter Spanien, Italien, Frankreich, Kroatien, Griechenland und Zypern. Der WWF wertete diese aus und fand unter anderem Aufnahmen illegaler Anlandung von stark gefährdeten Teufelsrochen in Spanien und vom Aussterben bedrohten Weißen Haien, Mako- und Hammerhaien auf italienischen und französischen Märkten.

„Die Auswertung zeigt, dass gefährdete und geschützte Hai- und Rochenarten weiterhin gefangen und sogar offen auf Märkten angeboten werden“, so Heike Zidowitz, Expertin für Haie und Rochen beim WWF Deutschland. „Das Mittelmeer ist das am stärksten überfischte Meer weltweit und die ausgewerteten Aufnahmen beweisen, dass Fangverbote vielerorts nicht eingehalten werden. Fischereigesetze werden auf nationaler Ebene nicht ordentlich umgesetzt und die Regeln, die es gibt, werden regelmäßig ignoriert. Im schlimmsten Fall verlieren wir so wichtige Arten, die eine irreparable Lücke im Ökosystem Meer hinterlassen.“ Zu den Bedrohungen durch illegale Fischerei und Überfischung kommen auch die Folgen der im Mittelmeer stark zu beobachtenden Klimakrise und der steigenden Verschmutzung durch Plastikmüll, der gefressen wird oder in dem sich die Tiere verfangen.

Mitverantwortlich für die Fischerei auf Haie und Rochen ist der Etikettenschwindel bei Fischprodukten. Der WWF warnt Mittelmeer-Urlaubende, dass Verbraucherinnen und Verbraucher, die zum Beispiel Schwertfisch essen, oft unbewusst zu illegal vermarktetem Haifischfleisch greifen.

Eine robuste Fischereikontrolle ist essenziell für eine nachhaltige Fischerei. Durch effiziente Kontrollmechanismen auf See, lückenlose Rückverfolgbarkeit, sowie vollständige Dokumentation der Fischerei und der Entnahme von Fisch wird gutes und nachhaltiges Fischereimanagement ermöglicht. In der EU kann sich Deutschland mit der derzeitigen Ratspräsidentschaft besonders stark machen und die Gelegenheit der Überarbeitung der bisher zahnlosen Kontroll-Verordnung nutzten, um die existierenden Schwächen auszubügeln.

Hintergrund:

Die EU-Kontrollverordnung zur Verhinderung, Bekämpfung und Beseitigung der illegalen, nicht gemeldeten und unregulierten Fischerei (IUU) ist seit dem 1. Januar 2010 in Kraft. Gleichzeitig gibt es seit 2014 die reformierte Gemeinsame Fischereipolitik (GFP), die sicherstellen soll, dass Fischerei und Aquakultur ökologisch, wirtschaftlich und sozial nachhaltig sind. Illegale Fischereitätigkeiten in EU-Gewässern findet allerdings nach wie vor im großen Stil statt und Maßnahmen wie die Anlande-Verpflichtung (für Beifang) konnten nicht erfolgreich umgesetzt werden. Das EU-Fischereikontrollsystem, das sicherstellen soll, dass die Regeln der GFP in der Praxis eingehalten werden, versagt und muss in diesem Jahr umfassend reformiert werden.

Über 80 Hai- und Rochenarten leben im Mittelmeer. Während weltweit etwa ein Viertel der Hai- und Rochenarten bedroht sind, sind es im Mittelmeer knapp über 50 Prozent. Zu den meistbedrohten Arten gehören u.a. Mako-, Blau-, Herings- und Hammerhai sowie alle drei Engelhaiarten und der Weiße Hai. Von den Rochenarten sind Schmetterlings-, Glatt- und Sägerochen am stärksten gefährdet.

Kontakt

Freya Duncker

WWF Pressestelle