Eilverfahren: WWF will Überprüfung von mutmaßlich illegalem Teakholz durch Bundesverfassungsgericht erzwingen

Berlin, 20.08.2021: Der Deutsche Naturschutzring (DNR) und der WWF ziehen die Gorch Fock wegen mutmaßlich illegal verbautem Tropenholz vor das Bundesverfassungsgericht. Die Umweltschützer wollen erreichen, dass Deutschlands höchste Richter eine Überprüfung des Teakholzes veranlassen, welches für die Restauration des Decks des Bundeswehr-Schiffs verwendet wurde. Der WWF kritisiert, das aus Myanmar stammende Holz sei höchstwahrscheinlich illegal und verstoße gegen die Europäische Holzhandelsverordnung (EUTR). Doch die für die Einhaltung des Gesetzes zuständige und Landwirtschaftsministerin Julia Klöckner unterstellte Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE) weigere sich beharrlich, das Teak einer genauen Legalitätsprüfung zu unterziehen. Nun ist Eile geboten, denn bald enden die Aufbewahrungsfristen für die Importdokumente. Wichtige Beweise könnten so verschwinden, was die Aufklärung des Falls nahezu unmöglich machen würde.

„Der Stolz der deutschen Marine wird mit Mafiaholz restauriert und die BLE drückt beide Augen zu. Es ist ein Armutszeugnis, dass eine staatliche Behörde überhaupt durch ein Gericht gezwungen werden muss, ihrer Aufgabe nachzukommen. Während wir in Deutschland über einen besseren Umwelt- und Klimaschutz debattieren, werden mit Unterstützung von Landwirtschaftsministerium und Bundeswehr die letzten Urwälder abgeholzt. Klimakollaps und Artenschwund werden so weiter angeheizt“, sagt Johannes Zahnen, Holzexperte beim WWF Deutschland. „Es ist glasklar dokumentiert, dass das Holz überwiegend bei mutmaßlich Kriminellen eingekauft wurde und aus wertvollen Naturwäldern stammt. Gleichzeitig gibt es handfeste Indizien, dass bei der Ausfuhr aus Myanmar Exportsteuern hinterzogen wurden. Nach europäischem Recht ist es verboten, solches Holz zu importieren.“

Der Gang nach Karlsruhe folgt einer Abweisung des Eilantrages durch das Oberverwaltungsgericht Münster wegen eines vermeintlichen Formfehlers: Nach Akteneinsicht kam heraus, dass es drei statt nur einen umstrittenen Teak-Import gab. DNR und WWF hatten den Eilantrag daraufhin angepasst und die Überprüfung aller drei Importe eingefordert. Nach Ansicht der Richter hätten die Umweltschützer aber zunächst bei der BLE direkt die Kontrolle der beiden neuen Fälle einfordern müssen. Allerdings hatte die BLE zuvor schon deutlich gemacht, dass sie dazu nicht willens ist. Das OVG entschied zudem, dass der Fall nicht besonders eilbedürftig sei, obwohl ein normales Verfahren Jahre dauern kann und wichtige Beweise wie die Importdokumente bis dahin vermutlich zerstört wären.

„Das Oberverwaltungsgericht hat eine Prüfung der meisten Eilanträge willkürlich abgelehnt und wirksamen Rechtsschutz verweigert. Damit verletzt es die besonderen Rechte der Umweltorganisationen nach EU-Recht“, sagt Rechtsanwalt Moritz Quecke (Berlin), der den DNR vor dem Verfassungsgericht vertritt. „Die BLE hat sich vor und während des Verfahrens wortreich der Einsicht verschlossen, dass die Einfuhr herausgeschmuggelten Holzes ein astreiner Verstoß gegen die Holzhandelsverordnung ist. Wenn die Richter dann zusätzliche Eilanträge, die allein wegen des Schmuggelverdachts gestellt wurden, gar nicht erst prüfen, weil kein erneuter, völlig aussichtsloser Antrag bei der BLE gestellt wurde, ist das eine haarsträubende Justizverweigerung“, so der Rechtsanwalt.

DNR und WWF setzen nun darauf, dass wenigstens das Bundesverfassungsgericht die EUTR und die im EU-Recht verankerten Verfahrensgarantien ernst nimmt. Es soll veranlassen, dass die BLE die dringlichsten Prüfungen jetzt endlich vornimmt, oder den Fall vor den Europäischen Gerichtshof bringen.

 

Die Vorwürfe auf einen Blick:

  • Die Zolldeklarationsnummern des Teaks wurden beim Export des Holzes in Myanmar mehrmals geändert, offenbar, um Exportsteuern zu umgehen. Das auch für die Gorch Fock bestimmte Schnittholz wurde als Sperrholz, Fensterholz oder Parkett ausgeführt. Die EUTR verbietet es aber, herausgeschmuggeltes Holz auf den EU-Binnenmarkt zu bringen.
  • Weiterer Anhaltspunkt für eine Steuerhinterziehung ist, dass der auf Zolldokumenten deklarierte Wert des Holzes deutlich unter dem Marktpreis liegt.
  • Verkäufer des Holzes in Myanmar war ein mutmaßlicher Mafiaboss. Das geht aus den Unterlagen der BLE hervor, in denen selbst seine Adresse vermerkt ist.
  • Es wurden über 300 Kubikmeter Teak für die Gorch Fock importiert. Für das Segelschiff werden aber höchstens 80 Kubikmeter gebraucht. Wo ist der Rest des Holzes?
  • Die Verwendung des Teaks verstößt gegen die Beschaffungsrichtlinien des Bundes, da es kein Nachhaltigkeitszertifikat hat und aus Raubbau stammt. Es ist bekannt, dass aus Myanmar kein nachhaltiges Holz bezogen werden kann. Außerdem ist das Tropenholz unverhältnismäßig teuer und kommt sonst auf Luxusjachten zum Einsatz.
  • Es gab viel mehr Holzimporte für die Gorch Fock als von Bundesregierung und BLE angegeben. Die BLE, das BMEL sowie das Verteidigungsministerium zeigen seit Bekanntwerden der Vorwürfe durch den WWF im Jahr 2018 keinen Willen zur Aufklärung oder zur Prüfung der vorgeschlagenen günstigeren und nachhaltigeren Holzalternativen. Selbst eine Vertreterin der EU-Kommission bat das BMEL auf einer öffentlichen Veranstaltung zur Prüfung. Auch dieser Aufruf wurde ignoriert.

 

Über die EU-Holzhandelsverordnung

Die EU-Holzhandelsverordnung (European Timber Regulation, EUTR) soll illegales Holz von der Europäischen Union fernhalten und Holz aus nachhaltigen Quellen stärken. Wer Holz oder Holzprodukte in die EU einführt, hat dafür zu sorgen, dass es sich um legale Waren handelt. Eine bloße Zusicherung der Handelspartner, wonach alles in Ordnung sei, reicht nicht aus. Es ist verboten, in der EU Holz auf den Markt zu bringen, dass im Ursprungsland illegal geschlagen wurde. Darunter fällt auch das Herausschmuggeln von Holz. In Deutschland ist die Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE) dafür zuständig, die Einhaltung der EUTR zu kontrollieren.

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