WWF: „Gewässerschutz als Querschnittsaufgabe begreifen“

In einem neuen Bericht warnen der WWF und die NGO -Koalition Living Rivers Europe vor gravierenden Mängeln bei den Entwürfen der Flussgebietsmanagementspläne zahlreicher EU-Länder – darunter Deutschland. Zu den 13 untersuchten Flüssen zählen auch Rhein und Elbe, deren Bewirtschaftungspläne insgesamt schlechte Noten erhalten.  Diese Pläne sind das wichtigste Instrument zur Umsetzung der EU-Wasserrahmenrichtlinie, die den „guten Zustand“ der Gewässer bis 2027 zum Ziel hat. Ein Fazit des Berichts: Mit den jetzt vorliegenden Planentwürfen verfehlt Deutschland den gesetzlichen Auftrag, in allen Oberflächengewässern und Grundwasser die geltenden Umweltziele zu erreichen. Vor allem die unzähligen Querbauwerke in den Fließgewässern und die Überdüngung sind die Hauptgründe, warum über 90 Prozent der Gewässer in Deutschland in keinem guten Zustand sind.

„Die Pläne offenbaren ein weitgehendes Versagen, den Gewässerschutz und die Umweltziele der Wasserrahmenrichtlinie in andere Politikbereiche zu integrieren, insbesondere in die Energie- und Agrarpolitik. Diese Sektoren sind hauptverantwortlich dafür, dass Flüsse verbaut werden, aquatische Artenvielfalt verloren geht und Grundwasserressourcen beeinträchtigt werden. Wirksamer Gewässerschutz dagegen ist eine Querschnittsaufgabe“, kritisiert Stephan Zirpel, Fachbereichsleiter Naturschutz beim WWF Deutschland. In Deutschland schaden vor allem die Agrarsubventionen und das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) den Gewässern. Mit öffentlicher Förderung zerstückeln Wasserkraftwerke Gewässerlebensräume und töten tonnenweise Wanderfische wie den stark bedrohten Aal. Aktuelle Negativbeispiele sind die großzügige Erhöhung der Einspeisevergütung für Wasserkraftanlagen im EEG 2021 sowie Erleichterungen für den Ausbau der Wasserkraft, die der Bundestag diese Woche beschließen will. Den Gewässerschutz zur Querschnittsaufgabe machen hieße vor allem, solche umweltschädlichen Subventionen endlich abzubauen, statt sie erneut fortzuführen.

Auch ökonomische Anreize für den sorgsamen Umgang mit Wasser sind laut dem Koalitions-Bericht in Deutschland noch entwicklungsfähig. Im Elbgebiet erheben z.B. nur wenige Bundesländer überhaupt Wasserentnahmeentgelte. Im wasserarmen Brandenburg kostet ein Kubikmeter Grundwasser für die Beregnung heute weniger als 1 Cent, Oberflächenwasser ist seit ein paar Jahren sogar umsonst. Hier wird laut WWF eine Chance vergeben, regulierend zum Wohl der Gewässer Einfluss zu nehmen.

Ohne deutliche Nachschärfungen bei der Umsetzung der WRRL kann auch die gerade vorgestellte Nationale Wasserstrategie nicht ans Ziel kommen. Ein naturnaher Landschaftswasserhaushalt ist essenziell für alle Gewässer, Feuchtgebiete und Moore.

„Wenn die Umweltminister der Länder die kommende Nationale Wasserstrategie zu Recht loben, sollten sie auch zügig mehr Ressourcen bereitstellen, um die bereits geltenden Umweltziele beim Wasser zu erreichen“, so Zirpel weiter. „Die Bewirtschaftungspläne nach Wasserrahmenrichtlinie sind nach wie vor das zentrale Instrument für einen nachhaltigen Umgang mit unseren Wasserressourcen, mit Seen, Fließgewässern und dem Wasser in der Landschaft. Das Ambitionsniveau der aktuellen Pläne ist zu niedrig, hier muss dringend nachgebessert werden“.

Die Bewirtschaftungspläne für Deutschlands Flussgebiete liegen noch bis zum 22. Juni 2022 zur Kommentierung aus und werden anschließend bis Ende des Jahres fertiggestellt.

 

Über die Studie: Für die Studie untersuchte der WWF gemeinsam mit der „Living Rivers Europe Coalition“ die Entwürfe der Gewässerbewirtschaftungspläne für 13 verschiedene Flusssysteme in acht EU-Staaten. Diese Pläne dienen dazu, die EU-Wasserrahmenrichtlinie national umzusetzen. Von den 13 analysierten Entwürfen hatten nur zwei  das Potential, die Qualität der betroffenen Flüsse bis 2027 auf „gut“ anzuheben. Die restlichen Pläne erreichen derzeit lediglich „schlechte“ oder „mäßige“ Noten. Die Bewertung erfolgte anhand von 47 Indikatoren aus elf Bereichen und in den Abstufungen „sehr gut“, „gut“, „mäßig“ und „schlecht“.

Living Rivers Europe ist ein Zusammenschluss von sechs Umwelt- und Anglerorganisationen: Das europäische Netzwerk des WWF, die European Anglers Alliance, das European Environmental Bureau, das European Rivers Network, Wetlands International Europe und The Nature Conservancy.

Kontakt

Britta König

Pressesprecherin, Hamburg