Zum Welttag des Ozeans: WWF fordert effektiven Meeresschutz - auch in Nord- und Ostsee

Wir verdanken ihm jeden zweiten Atemzug, er ernährt Milliarden Menschen und bremst die Erderhitzung – der Ozean ist unverzichtbar für den Planeten und die Menschheit. Doch die Meere leiden unter Überlastung: vor allem Überfischung und die Zerstörung wichtiger Lebensräume am Meeresboden und den Küsten, Verschmutzung, Rohstoffabbau und die dramatischen Auswirkungen der Klimakrise setzen marinen Arten und Ökosystemen weltweit zu. Zum Welttag des Ozeans am 8. Juni fordert der WWF einen konsequenten Einsatz für die Zukunft der Meere.

„Schwindende Fischbestände, sterbende Korallenriffe, Plastikmüll im kleinsten Plankton und im größten Wal – die Alarmzeichen sind offensichtlich: Der Ozean ist in Not. Wir sind dabei ein System zu zerstören, auf das wir existenziell angewiesen sind. Wenn wir jetzt nicht gegensteuern, werden marine Nahrungsnetze zusammenbrechen und Naturkatastrophen zunehmen. Wir brauchen jetzt den Kurswechsel für effektiven Meeresschutz“, fordert Heike Vesper, Leiterin Meeresschutz des WWF Deutschland. Um besonders sensible marine Ökosysteme zu retten und Rückzugsräume zur Erholung der Artenvielfalt zu schaffen, müssen 30 Prozent des Ozeans bis 2030 unter Schutz gestellt werden. Um die globale Plastikflut einzudämmen, braucht es ein rechtlich bindendes Abkommen, das jeden Staat in die Pflicht nimmt, seinen Plastikeintrag ins Meer zu stoppen.

Globale Fischerei schwerster Eingriff ins marine Ökosystem

Besondere Bedeutung für die Gesundheit der Meere hat eine Neuausrichtung der Fischerei. Weltweit gilt ein Drittel der kommerziell genutzten Fischbestände als überfischt. Weitere 60 Prozent werden bis ans Limit befischt.  „Fischerei ist aktuell der Haupttreiber für den Verlust von Biodiversität in unseren Meeren. Um sie umweltverträglich zu betreiben, brauchen wir nachhaltige Höchstfangmengen, eine wirksame Kontrolle der Fangschiffe und ein Verbot zerstörerischer Fangpraktiken“, so Vesper. Auf globaler Ebene müssen schädliche Fischereisubventionen beendet werden. Die aktuell laufende Reform des EU-Regelwerks zur Fischereikontrolle muss Missstände beheben und eine nachhaltige und vollständig dokumentierte Fischerei gewährleisten. Derzeit bleiben etwa 49.000 Fangboote – ca. 75 Prozent der gesamten EU-Flotte - weitgehend unter dem Radar der Fischereibehörden, weil sie von der Pflicht eines Systems zur automatischen Ortung befreit sind.

Umsetzungsdefizite beim deutschen Meeresschutz

Der WWF fordert die künftige Bunderegierung auf, sich für konsequenten und umfassenden Schutz von Arten, Fischbeständen und Lebensräumen in Nord- und Ostsee einzusetzen. Der ökologische Zustand unserer heimischen Meere ist erwiesenermaßen schlecht. Zu lange ist die deutsche Meeresschutz- und Fischereipolitik von Versäumnissen geprägt worden, die europäischen naturschutzrechtlichen Verpflichtungen widersprechen.

„Der Ozean beginnt für uns in Nord- und Ostsee und genau da muss Meeresschutz viel aufholen. Es ist eine Farce, dass vor über 15 Jahren in deutschen Gewässern Meeresschutzgebiete ausgewiesen wurden, die bis heute flächendeckend befischt werden, weil keine Regulierung der Fischerei vorgenommen wurde. Bedrohte Arten wie der Schweinswal dürfen nicht länger in Fischernetzen sterben. Mindestens die Hälfte der Fläche der deutschen Meeresschutzgebiete muss freigehalten werden von jeglicher menschlicher Nutzung“, fordert Heike Vesper. Und auch außerhalb der Schutzgebiete ist eine nachhaltige Bewirtschaftung der See vonnöten, denn auch Schifffahrt, Pipelinebau und Nährstoffeinträge aus der Landwirtschaft stellen zusätzliche Belastungen dar. Der weitere Ausbau der Offshore-Windkraft etwa ist dringend nötig für den Klimaschutz, muss aber naturverträglich erfolgen und im Rahmen der ökologischen Tragfähigkeit von Nord- und Ostsee stattfinden.

Klimakrise in Nord- und Ostsee

Die Klimakrise erhöht den Druck auf die Fischbestände und die Meeresumwelt noch. Nord- und Ostsee erwärmen sich schon jetzt durch die Erderhitzung überdurchschnittlich schnell. Wichtige Fischarten wie beispielsweise Makrele oder Hering wandern ab oder verlieren ganze Nachwuchsjahrgänge. In der Ostsee laichen Heringe wegen angestiegener Temperatur schon so früh, dass die Larven noch keine Nahrung finden und verhungern. Die Situation ist so dramatisch, dass Wissenschaftler gerade empfohlen haben, die Fischerei auf westlichen Hering kommendes Jahr komplett einzustellen.  „Die Klimakrise hinterlässt bereits Spuren in Nord- und Ostsee. Eine Verringerung des CO2-Ausstoßes ist entscheidend, um die Meere zu retten“, so Vesper weiter. Umgekehrt lässt sich das Potential der Meere als Kohlenstoffsenke besser nutzen, je intakter die Ökosysteme sind. Hierzulande muss dafür Erhalt von Seegraswiesen, Riffen der Europäischen Auster, Salzwiesen und dem Wattenmeer im Fokus stehen.

„Zwar erscheinen Meere uns oft endlos weit, aber sie haben ökologische Belastungsgrenzen, die wir respektieren müssen. Die künftige Bundesregierung muss Meerespolitik endlich ernstnehmen und sich auf nationaler ebenso wie auf internationaler Ebene federführend für gesunde Meere, die nachhaltig bewirtschaftet werden, einsetzen. 

Kontakt

Britta König

Pressesprecherin, Hamburg