WWF-Report: Schweiz ist Drehscheibe für Gold aus illegalem Bergbau und Konfliktregionen / Auch Deutschland betroffen

Zürich/Berlin, 08.11.2021: Die Goldgewinnung geht weltweit oft mit Ausbeutung und massiver Umweltzerstörung einher. Bis zu 70 Prozent des weltweit gehandelten Goldes passieren das Import- und Exportland Schweiz, zeigt jetzt ein neuer WWF-Report. Dort aber sind die Kontrollen besonders lax, kritisiert die Umweltschutzorganisation. „Anders als in der EU oder den USA gibt es in der Schweiz überhaupt keine gesetzlichen Vorgaben zur Sorgfaltspflicht bei der Einfuhr von Mineralien aus Konfliktgebieten. Das macht die Schweiz zum El Dorado, um giftiges Gold aus illegalem Bergbau und Konfliktregionen in die Märkte zu drücken. Auf Kosten von Menschen und Umwelt gelangt dieses Gold auch nach Deutschland“, kritisiert Tobias Kind-Rieper, Globaler Leiter für Bergbau beim WWF Deutschland.

Der neue WWF-Report zeigt: Jährlich werden ca. 3.300 Tonnen Gold abgebaut. 50 bis 70 Prozent allen Goldes passiert die Schweiz physisch. Sie ist die zweit größte Goldimporteurin und die größte Exporteurin der Welt. Oft gelangt das Gold auf Umwegen über internationale Zwischenhändler in die Schweiz. „Die Schweiz ist wiederum der wichtigste Lieferant für Gold in Rohform für den deutschen Einzelhandel. Über 47 Tonnen im Wert von rund 1,6 Milliarden Euro gelangen von dort nach Deutschland“, so Kind-Rieper. Hinzu kommen Schmuck und Uhren Made in Swiss.

Die Studie belegt, dass die meisten Goldimporte aus Ländern stammen, die keine primäre Goldproduktion haben, beispielsweise aus Großbritannien (Import 2019 von 130 Tonnen), den Vereinigten Arabischen Emiraten (128 Tonnen) oder Italien (68 Tonnen). Dieses vielschichtige Handelssystem verschleiert die Rückverfolgbarkeit des Goldes und ermöglicht die Vermischung von Gold aus verschiedenen Quellen. Problematisch ist, dass die Zwischenländer oft niedrige Standards in Bezug auf Kundenkontrollen und Einfuhrbestimmungen haben. Das begünstigt den illegalen Goldschmuggel und verschleiert die ursprüngliche Herkunft des Goldes und die Umstände des Abbaus.

Kritisch sieht Kind vor diesem Hintergrund das deutsche Durchführungsgesetz zur EU-Konfliktmineralienverordnung. Die Strafen seien zu gering. Und welche Unternehmen in Deutschland durch ihre Importe überhaupt unter die Verpflichtung fallen, weiß nur die Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe. Sie darf darüber aber keine Auskunft geben. Der WWF fordert, dass die unter die Verordnung fallenden Importeure für die gesamte EU jährlich veröffentlicht werden - einschließlich Deutschland. „Nur so lässt sich zivilgesellschaftlich sicherstellen, dass Unternehmen ihre Sorgfaltspflichten beim Schutz der Menschenrechte und der Umwelt ernst nehmen,“, meint Kind.

Für viele Uhren- und Schmuckhändler beginnt in Deutschland in diesen Wochen mit dem Weihnachtgeschäft die umsatzstärkste Zeit im Jahr. Der aktuelle WWF-Report zeigt erneut: Beim Einkauf lässt sich oft nur schwer nachvollziehen, woher das Gold im Schmuckstück stammt und unter welchen Bedingungen es gewonnen wurde. Wer Goldschmuck verschenken will, dem rät der WWF zum Kauf von Goldschmuck aus Altgold oder Leihschmuck

Hintergrund Goldbergbau und seine Folgen:

Goldabbau ist oft mit schlechten Arbeitsbedingungen, Sklaverei, Menschenhandel, Kinderarbeit und Zwangsprostitution verbunden. Beim Goldabbau verschmutzen giftige Chemikalien wie Quecksilber und Zyanid die Flüsse und gelangen so über Fische und Landwirtschaft bis zum Menschen. Allein seit 2011 wurden mehr als 500 Quadratkilometer des Amazonas durch Goldabbau zerstört, zurück bleiben Mondlandschaften. In der Amazonas-Region leiden 1,5 Millionen Menschen unter den Folgen der Vergiftung, darunter Nieren- und Lungenerkrankungen, Ödeme oder Lähmungen. Weltweit werden jährlich 3.300 Tonnen Gold abgebaut. Etwa ein Viertel des Edelmetalls stammt aus dem kleinhandwerklichen Goldminensektor, wo rund 40 Millionen Menschen arbeiten. Ihre Arbeitsbedingungen sind häufig ausbeuterisch, insbesondere im Kleinbergbau werden Arbeitsrechte und Sozialstandards missachtet. Viele Minenarbeiter arbeiten in illegalen Minen, allein in Südamerika sind 30.000 Menschen betroffen.

Kontakt

Wiebke Elbe

Pressesprecherin, Berlin