WWF: Weltweit erster Wasserkraft-Standard wird europäischen Flüssen nicht helfen

Der neue Wasserkraftstandard, der am Mittwoch auf dem World Hydropower Congress vorgestellt wurde, soll eine Verpflichtung für den Wasserkraftsektor sein, negative Auswirkungen auf Flüsse, sowie den Menschen und die Natur vor Ort zu verringern. Nach Einschätzung des WWF Deutschland wird der Standard jedoch nicht ausreichen, um die verheerenden Auswirkungen des Sektors auf die Ökosysteme und die biologische Vielfalt in Europa zu bekämpfen, denn die europäischen Flüsse sind bereits mit Wasserkraftwerken überlastet. Nur ein Stopp neuer Wasserkraftprojekte und ein Ende von deren Subventionierung kann Europas Flüsse und die Biodiversität schützen.

Der neue Wasserkraftstandard geht nach Auffassung des WWF nicht angemessen auf die Auswirkungen ein, die zusätzliche Wasserkraftwerke in ganz Europa haben würden. Zudem bewertet die Naturschutzorganisation die darin definierten „Roten Linie“ als nicht ausreichend. Die Kriterien für Standortwahl und die Treibhausgasemissionen seien nicht streng genug, um frei fließende Flüsse und kritische Lebensräume oder Arten zu schützen.

Trotz der nachgewiesenen Schäden, die die Wasserkraft der Natur zufügt, werden laut WWF Deutschland immer mehr Projekte weltweit geplant. Die Tatsache, dass die Industrie selbst versucht, das Problem anzugehen, beweise, dass die bestehenden Regeln nicht funktionieren. Für Europa fordert der WWF ein Verbot der Finanzierung von neuen Wasserkraftprojekten. Stattdessen müssten Investitionen in die Sanierung bestehender, schädlicher Wasserkraftwerke und in nachhaltige Optionen wie Wind- oder Solarenergie getätigt werden.

Hintergrund: Die europäischen Flüsse sind bereits jetzt die am stärksten zerstückelten der Welt, was größtenteils auf die 21.000 großen Wasserkraftwerke zurückzuführen ist. Dies hat katastrophale Auswirkungen auf die Süßwasserökosysteme und die biologische Vielfalt, zum Beispiel auf Lachse oder Aale, die wandern müssen, um zu überleben. Jede neue Wasserkraftanlage bringt zusätzliche negative Auswirkungen auf die Süßwasserökosysteme in Europa mit sich, die nur in begrenztem Umfang gemildert werden können und von der Natur nicht mehr bewältigt werden können.

Trotzdem wird die Wasserkraft in der Region weiter ausgebaut, und es sind fast 9.000 Anlagen in Planung. Die meisten dieser geplanten Anlagen haben eine Kapazität von weniger als 10 Megawatt - etwa so viel wie zwei große Onshore-Windturbinen - und würden daher nur einen vernachlässigbaren Beitrag zur Erzeugung erneuerbarer Energie leisten. Hinzu kommt, dass ein Drittel dieser geplanten Wasserkraftprojekte in der EU in geschützten Gebieten wie Nationalparks und Natura-2000-Gebieten liegen, die sichere Zufluchtsorte für die empfindlichste Artenvielfalt Europas sein sollten.

Kontakt

Roland Gramling

Pressesprecher, Berlin