Im Vorfeld der morgigen Diskussion des EU-Parlaments zur EU-Verpackungs- und Verpackungsabfallverordnung (PPWR) weist der WWF auf den massiven Trend hin zu Papierverpackungen als vermeintlich umweltfreundlichere Alternative, der sich auch im aktuellen Entwurf widerspiegelt. Die Umstellung von Kunststoffverpackungen auf Papierverpackungen müsse zugunsten von grundsätzlicher Vermeidung und Mehrwegsystemen gestoppt werden.
„Wir kommen mit einer unbequemen Wahrheit: Papier ist nicht zwingend ökologisch vorteilhafter als andere Materialien. Ein einfacher Austausch reicht nicht aus, um den dramatischen Anstieg des Verpackungsmülls zu bekämpfen. Vermeidung und optimierte Mehrwegsysteme sind die effizientesten Lösungen zur Reduktion der Verpackungsabfallmengen. Die Herstellung von Papier geht mit einem hohen Energie-, Chemikalien und Wasserverbrauch einher. Sie verbraucht viel Gas, rund die Hälfte der Energie stammt aus nachwachsenden Rohstoffen, also der Verbrennung von Holzbestandteilen, was schlecht ist für das Klima. Zudem sind Papierverpackungen deutlich schwerer – eine Umstellung würde die Abfallmengen weiter erhöhen. Es steht schlicht weg nicht genügend Wald zur Verfügung, um eine massive Nachfragesteigerung zu bedienen. Steigt die Waldübernutzung weiter an, können Klima- und Artenschutzziele nicht erreicht werden. Davor darf man in dieser Debatte die Augen nicht verschließen!“, sagt Johannes Zahnen, Wald- und Papierexperte beim WWF Deutschland.
Papierverpackungen bestehen zunehmend nicht nur aus reinem Papier oder Karton, sondern aus einem Verbund mit anderen Materialien. Dieser Papierverbunden ist in der Regel schlechter recycelbar und zudem ist dann nur der Holzfaseranteil recyclingfähig, für den Kunststoffanteil bleibt oftmals nur die thermische Verwertung. Verschmutzungen verhindern zusätzlich das Recyceln von Papierverpackungen.
Diese Punkte müssen auch bei den Verhandlungen zur neuen EU-Verordnung über Verpackungen und Verpackungsabfälle berücksichtigt werden. Der WWF fordert die Mitglieder des europäischen Parlaments auf, sich bei der kommenden Plenarabstimmung gegen eine Sonderstellung von Papierverpackungen einzusetzen. Vielmehr braucht es materialübergreifende Reduktionsziele, um ungewollte Substitutionseffekte zu vermeiden und ambitionierte Mehrwegquoten. Die Streichung der Mehrwegquoten im Take-Away Bereich war bereits eine schlimme Fehlentscheidung, ein weiteres Aufweichen darf es nicht geben.
Obwohl die Recyclingquoten in der EU gestiegen sind, nimmt das Abfallaufkommen mit einem Anstieg von mehr als 20 Prozent in den letzten zehn Jahren, insbesondere bei Einwegverpackungen, schneller zu als das tatsächliche Recycling. So landen im Jahr 2021 in der EU 188,7 Kilogramm Verpackungsabfall pro Einwohner im Müll, in Deutschland liegt der Wert bei 237 Kilogramm. Dabei entfallen europaweit gut 40 Prozent des Verpackungsabfalls auf Pappe und Papier sowie 19 Prozent auf Kunststoff. Dabei ist der Onlinehandel einer der Treiber. So hat laut Umweltbundesamt der Verbrauch von Papierverpackungen im Distanzhandel von 1996 bis 2017 um 607 Prozent zugenommen.
Mit der EU-Verordnung über Verpackungen und Verpackungsabfälle will die EU-Kommission als Teil des Green Deal dazu beitragen, den Verpackungsmüll zu vermindern. Ziel der für alle Mitgliedstaaten gültigen Verordnung ist es, die negativen Auswirkungen von Verpackungen auf die Umwelt zu minimieren, indem die Hersteller zur Verantwortung gezogen werden. Außerdem soll sie die Etablierung einer Kreislaufwirtschaft fördern.