- Neuer Report deckt auf: Industrieverbände attackieren Gewässerschutz in der EU
- Der Angriff zielt hauptsächlich auf die Wasserrahmenrichtlinie (WRRL) ab und gefährdet die Trinkwasserqualität, die Wasserversorgung, die öffentliche Gesundheit und die biologische Vielfalt
- Industrie-Vorschläge würden zur Zunahme von Projekten führen, die Flüsse, Seen und Grundwasser verschmutzen
Brüssel/Berlin, 24.11.2025: Ein neuer Report der Verbändekoalition „Living Rivers Europe“ [Link Report] zeigt, wie einige einflussreiche Industrieverbände daran arbeiten, den Gewässerschutz massiv aufzuweichen. Teile der Energie-, Chemie-, Bergbau- und Agrarlobby drängen die EU-Kommission, das für Anfang Dezember angekündigte Umwelt-Omnibuspaket zu nutzen, um grundlegende Schutzmechanismen der Wasserrahmenrichtline (WRRL) deutlich abzuschwächen. Dabei sind nach Angaben des Weltwirtschaftsforums fünf der zehn größten globalen Geschäftsrisiken wasserbezogen. Gesunde Gewässer und sauberes Grundwasser sind von grundlegender Bedeutung für die Wasser- und Ernährungssicherheit, die öffentliche Gesundheit und die Wettbewerbsfähigkeit Europas.
„Wir fordern die EU-Kommission auf, sich den einseitigen Interessen einzelner Industrieverbände nicht zu beugen und die Finger von der Wasserrahmenrichtlinie zu lassen. Die Wasserrahmenrichtlinie wirkt und schützt Europas Gewässer und Europas Grundwasserqualität. Das hat die EU-Kommission geprüft und im sogenannten „Fitness-Check“ 2019 bestätigt. Europas Bürgerinnen und Bürger haben ein Recht auf saubere, sichere und bezahlbare Wasserressourcen und intakte Gewässerökosysteme“, sagt WWF-Gewässerschutzexperte Dr. Ruben van Treeck.
Zu den Forderungen der gegen den Gewässerschutz lobbyierenden Verbände zählt, dass das Verbot der Verschlechterung des bestehenden Zustands von Gewässern und Grundwasservorkommen in der Wasserrahmenrichtlinie gestrichen wird. Somit könnte es wieder zu mehr Verschmutzung durch industrielle oder landwirtschaftliche Prozesse kommen. Außerdem soll das in der Wasserrahmenrichtlinie enthaltene Ziel, bis 2027 Europas Gewässer und Grundwasservorkommen insgesamt wieder in einen besseren Zustand zu bringen, in weitere Ferne verschoben werden.
Außerdem zu Fall bringen wollen die Industrieverbände das sogenannte „one-out-all-out“-Prinzip. Dieses regelt, dass die finale, ökologische Bewertung eines Gewässers sich nach der am schlechtesten abschneidenden Teilkomponente ausrichtet. Fällt diese Regelung, könnten Gewässer und Grundwasservorkommen beispielsweise durch den Eintrag bestimmter Chemikalien massiv im roten Bereich sein, aber dennoch eine gute Gesamtbewertung bekommen. „Das ist, als ob man einem Gebäude, dessen Fundament verrottet ist, dennoch einen guten baulichen Zustand bescheinigt, weil das Dach intakt ist und die Wände gestrichen sind. Diese Logik ist völlig absurd und öffnet Tür und Tor für die Verschmutzung unserer Flüsse, Stillgewässer und Grundwasserspeicher“, kritisiert van Treeck vom WWF.
Die Wasserrahmenrichtlinie (WRRL, 2000/60/EG) wurde im Jahr 2000 von den EU-Mitgliedstaaten verabschiedet. Sie macht für Flüsse, Seen, Übergangsgewässer, Grundwasser und Küstengewässer Vorgaben zum Schutz und zur Verbesserung dieser Ökosysteme. Bis 2027 sollen alle Gewässer in einen „guten“ ökologischen und chemischen Zustand überführt worden sein. Für Grundwässer besteht das Ziel, dass diese sich bis dahin in einem guten mengenmäßen und guten chemischen Zustand befinden. Bereits vor einigen Jahren hatte es Druck von einzelnen Industrieverbänden gegeben, die Wasserrahmenrichtlinie an zentralen Punkten aufzuweichen. Die EU-Kommission behielt die EU-Wasserrahmenrichtlinie nach Prüfung unverändert bei. Im Laufe dieses Prozesses forderten mehr als 375.000 Bürgerinnen und Bürger, dass die Richtlinie unverändert beibehalten und von den nationalen Regierungen besser umgesetzt wird.
Weiterführende Informationen:
Report Industry’s role in water resilience: How some lead – and others wreck,
Industry and water resilience: Who leads - and who wrecks
Living Rivers Europe, The EU Water Framework Directive: A modern and powerful tool to provide clean, healthy, flowing waters, https://wwfeu.awsassets.panda.org/downloads/lre-eu-water-framework-directive_web.pdf
Living Rivers Europe, 13 myths about the Water Framework Directive, https://wwfeu.awsassets.panda.org/downloads/13-myths_2-pager_web.pdf
Living Rivers Europe ist ein Zusammenschluss von sechs Umwelt- und Anglerorganisationen: dem europäischen Netzwerk des WWF, der European Anglers Alliance, dem Europäischen Umweltbüro, dem European Rivers Network, Wetlands International Europe und The Nature Conservancy. Living Rivers Europe setzt sich ein für gesunde Flussökosysteme - zum Wohle der gesamten Gesellschaft, der Wirtschaft und der nachhaltigen Entwicklung in Europa.