Zu viele Zertifikate

Europaparlament stimmt zum Emissionshandel ab / WWF: Der Handel mit Zertifikaten bleibt wirkungslos, solange keine Knappheit herrscht

Emissionen © iStock / Getty Images
Emissionen © iStock / Getty Images

Das Europaparlament hat am Mittwoch über den Emissionshandel für den Zeitraum bis 2030 abgestimmt. Die Abgeordneten haben dabei wichtige Reformvorschläge weitestgehend blockiert. Zwar folgten sie den Vorschlägen des Umweltausschusses, 800 Millionen überschüssige Zertifikate zu löschen und die Menge an Zertifikaten in der Marktstabilitätsreserve vorläufig zu verdoppeln. Den Reduktionsfaktor auf 2,4 Prozent zu erhöhen, statt der von der EU-Kommission vorgeschlagenen 2,2 Prozent, lehnten sie aber ab. Mit ihm wird die jährliche Obergrenze für Zertifikate kontinuierlich gekürzt.

 

„Der Emissionshandel hat ein Problem, das wir seit seinen Anfängen beobachten müssen: Er kann nur funktionieren, wenn CO2-Zertifikate knapp sind. Aber es fehlt der politische Wille, tatsächlich eine Knappheitssituation herzustellen“, sagt Juliette de Grandpré, WWF-Expertin für europäische Klimapolitik. Der Überschuss an Zertifikaten bleibt gewaltig, das drückt den Preis: Er ist viel zu niedrig, um Anreiz für Emissionsminderungen zu geben. „Um wirklich einen spürbaren Effekt zu erzielen, müsste man zwei bis drei Milliarden überschüssige Zertifikate löschen – und das endgültig.“

 

Außerdem bräuchte es dringend eine Korrektur des Startpunkts für das Emissionsniveau 2021, sonst wächst der Überschuss  noch weiter. „Derzeit ist der Startpunkt gleichbedeutend mit dem 2020-Ziel. Dieses Ziel wird aber weit übertroffen. Durch die Diskrepanz zwischen Ziel und tatsächlichem Emissionsniveau entsteht bis 2030 ein zusätzlicher Überschuss von mehr als zwei Milliarden Zertifikaten“, erklärt de Grandpré. Ein wichtiger Reformvorschlag dazu wurde am Mittwoch abgelehnt.

 

„Auf Druck mächtiger Industrielobbys können zudem noch mehr Zertifikate als ohnehin schon kostenlos zugeteilt werden. Nur: Ohne Versteigerung gibt es kein Preissignal, und ohne Preissignal kein Anreiz zur Emissionsminderung“, kritisiert de Grandpré.  Auch dem vom Umweltausschuss vorgeschlagenen Grenzausgleichmechanismus für den Zementsektor erteilte das EU-Parlament eine Absage. Unter diesem Mechanismus hätten Zementhersteller künftig zwar Zertifikate ersteigern müssen, ähnliche Kosten hätten aber auch Importeure getragen.

 

Ein positiver Punkt: Das Parlament hat einer Regelung zugestimmt, nach der die Mitgliedstaaten die Möglichkeit bekommen, selbst Zertifikate zu löschen, wenn sie ihre Klimapolitik ambitioniert betreiben. „Steigt Deutschland aus der Kohle aus, und das muss es, wenn es das Pariser Abkommen ernst nimmt,  werden dadurch viele zusätzliche Zertifikate frei. Diese Verschmutzungsrechte dürfen nicht einfach ins Ausland abwandern oder einen neuen Überschuss bilden“, sagt de Grandpré.

 

Die heute Abstimmung im Europaparlament war ein wichtiger Schritt zur Reform des Emissionshandel für den Zeitraum 2021 bis 2030. Am 28. Februar wird sich der Umweltrat mit dem Thema beschäftigen, danach beginnen die Verhandlungen zwischen Europaparlament, Rat und Kommission.

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