Die Naturschutzorganisation WWF hat gemeinsam mit internationalen Wissenschaftlern von zwei Universitäten in Hong Kong ein Risiko-Raster für Zoonose-Gefahren entwickelt. Im Fokus stehen dabei Wildtiermärkte in Asien, wie etwa jener in Wuhan, auf dem die ersten Corona-Fälle weltweit beobachtet wurden. Die Naturschützer analysierten mit ihrer neuen Methode gesammelte Daten von 46 Wildtier-Märkten und -Verkaufsständen in Laos bzw. Myanmar. Das Ergebnis: Im Beobachtungszeitraum wurde an 46 Prozent der Beobachtungstage ein „hohes Risiko“ und an elf Prozent ein „mittleres Risiko“ für die Übertragung von Zoonosen festgestellt. 43 Prozent der Stichproben lieferten ein „niedriges Risiko“. Veröffentlicht wurde die Untersuchung nach einer Peer-Review in der Zeitschrift „One Health“. Anlässlich des Welt-Zoonose-Tags am 6. Juli warnte der WWF davor, die Gesundheitsgefahren, die von Wildtiermärkten, etwa in Südostasien, ausgehen, zu unterschätzen. „Schon aus unserer Stichprobenuntersuchung geht hervor, dass es Wildtiermärkte gibt, die offenbar immer ein hohes Zoonose-Risiko haben“, warnt Dr. Stefan Ziegler, einer der Autoren und Asien-Referent beim WWF Deutschland. Das neu entwickelte Risiko-Raster berücksichtigt sowohl die Art als auch die Anzahl gehandelten Wildtiere sowie die Verkaufssituation auf dem Markt.
Ein Ergebnis der Studie ist, dass der Handel mit Wildtieren sehr dynamisch ist und von Tag zu Tag variiert. „Besonders auffällig sind kleinstädtische Wildtiermärkte, auf denen der Handel von Wildtieren mit hohem Risiko scheinbar permanent stattfindet“, so Ziegler. Gerade solche urbanen Räume seien problematisch, da dort ein Virensprung von einem Wildtier auf einen Menschen schnell zu einem großflächigen Krankheitsherd führen kann. Kleine dörfliche Märkte und Märkte am Straßenrand wiesen fluktuierende Risiken auf, da dort die zum Verkauf dargebotene Palette an Wildtieren am stärksten variiert.
Laut WWF werden jedes Jahr in der Region dutzende Millionen Wildtiere zu Nahrungszwecken oder zur Verwendung in der traditionellen Medizin gehandelt. Neben Wildschweinen und Hirschen sind das häufig Nagetiere und Fledermäuse, die als Reservoir für eine Vielzahl von pathogenen Erregern gelten. Die Einstellung des illegalen und unregulierten Wildartenhandels ist dabei ebenso wichtig wie die Überwachung der Wildtiermärkte, Wildtierfarmen und Restaurants, in denen das Fleisch von Wildtieren angeboten wird. Nationale Behörden, die den Handel mit Wildtieren überwachen und geltendes Recht durchsetzen sollen, sind jedoch stark unterfinanziert. Doch Pandemieschutz ist eine globale Aufgabe und der WWF unterstreicht daher die Rolle der Weltgemeinschaft, gezielt beim Aufbau der nationalen Kapazitäten zur Pandemie-Prävention Unterstützung zu leisten. „Nur durch regelmäßige Überwachung der Wildtiermärkte und die Untersuchung auf pathogene Erreger bei Menschen und Tieren lassen sich pandemische Risiken im Keim ersticken. Ziel müsse es sein, dass Risiken im legalen Handel mit Wildtieren minimiert werden. Das von uns entwickelte Risiko-Raster kann dazu einen sinnvollen Beitrag leisten“, so Ziegler.