WWF fordert Fangquoten mit vorsorglichem “Klima-Puffer“

Am Sonntag und Montag verhandeln die Fischereiminister:innen der EU-Staaten darüber, wieviel Fisch ihre Fischer im Jahr 2023 in der Nordsee und im Nordostatlantik fangen dürfen. Die Kabeljaubestände in diesen Gebieten sind seit Jahren überfischt und in besorgniserregendem Zustand. Der WWF fordert die Minister:innen auf, nicht nur die Überfischung endlich zu beenden, sondern auch die Fischereien klimafest zu machen und die Fangmengen vorsorglich niedriger festzusetzen. „Die Gesundheit des gesamten Ökosystems liegt auf den Schultern von Arten wie Kabeljau, Hering und Sandaal. Räuber-Beute-Beziehungen und der Druck der Klimakrise müssen über einen vorsorglichen Puffer bei der Fangmengenvergabe einkalkuliert werden“, fordert Stella Nemecky, Fischerei-Expertin beim WWF Deutschland. Veränderte Umweltbedingungen, wie zum Beispiel höhere Wassertemperaturen belasten die Bestände zusätzlich zum Fischereidruck. Besonders schlimm steht es um den Kabeljau. Für alle Kabeljaubestände außerhalb der Nordsee empfehlen Wissenschaftler, die direkte Fischerei im kommenden Jahr ganz einzustellen. Der Nordsee-Kabeljaubestand ist ebenfalls zu klein, zeigt aber eine erste, leise Erholung nach vielen Jahren außerhalb sicherer biologischer Grenzen. „Den Nordsee-Kabeljau sollten die Minister:innen mit Samthandschuhen anfassen.  Man darf die Fehler der Vergangenheit nicht wiederholen und jede kleinste Erholung durch zu hohe Fangmengen zunichtemachen“, warnt Nemecky. Der Heringsbestand in der Nordsee schrumpft seit Jahren, auch hier sieht der WWF Grund zur vorsorglichen Mäßigung bei den Fangmengen. Zudem müsse die Fischerei auf den vom Aussterben bedrohten Aal für sechs Monate geschlossen werden.

Der Brexit hat die Regelung der Fischerei noch komplizierter gemacht. In der Nordsee teilen sich EU, das Vereinigte Königreich und Norwegen viele wichtige Fischbestände, darunter Hering, Kabeljau und Scholle. Seit vielen Wochen wird über Fangmengen verhandelt, wie der WWF mit Sorge beobachtet. „Wenn zwei sich streiten, darf nicht immer der Fisch verlieren. In den vergangenen drei Jahren konnten sich EU und Großbritannien nur darauf verständigen, Kabeljau und Hering in der Nordsee zu überfischen. Doch Überfischung können wir uns angesichts von Klimakrise und Artensterben erst recht nicht mehr leisten“, kritisiert die WWF-Expertin Stella Nemecky. Die EU müsse sich endlich an ihre eigene Fischereigesetzgebung für nachhaltige Bewirtschaftung der Bestände halten, sonst untergräbt das Fischereimanagement sämtliche Bestrebungen zum Schutz mariner Ökosysteme, ob das die Verhandlungen in Montreal sind oder der EU Green Deal. Auch die ausgerufene Meeresoffensive der Ampelregierung muss sich in der deutschen Verhandlungsposition abbilden.

Kontakt

Britta König

Pressesprecherin für Meeresschutz und Plastikmüll / Hamburg

  • Amur-Tiger © Ola Jennersten / WWF Schweden Bedrohte Arten

    Der Rückgang der biologischen Vielfalt wird maßgeblich durch menschliches Handeln verursacht. Der WWF setzt sich weltweit für den Schutz bedrohter Arten ein. Erfahren Sie mehr zum Artenschutz