Bei Lebensmittelverschwendung halbherziger Schritt in die richtige Richtung

  • EU-Kommissions-Vorschlag für überarbeitete EU-Abfallrahmenrichtlinie betrifft auch Lebensmittelabfälle
  • Rechtsverbindliche Reduktionsziele – aber zu niedrig und nur für Teile der Lebensmittelkette
  • WWF kritisiert: Nahrungsmittelverluste in der Landwirtschaft werden weiter komplett ignoriert

Brüssel/Berlin, 05. Juli 2023: Heute hat die EU-Kommission ihren Vorschlag zur Überarbeitung der bestehenden EU-Abfallrahmenrichtlinie vorgestellt. Diese legt auch den Rechtsrahmen für den Umgang mit Lebensmittelabfällen innerhalb der Europäischen Union fest. Die EU-Kommission plant rechtsverbindliche Ziele für die Verringerung der Lebensmittelverschwendung. Allerdings spart der Kommissions-Vorschlag Verluste in der landwirtschaftlichen Produktion, der sogenannten Primärproduktion, aus. Verluste, die vor, während und nach der Ernte oder der Aufzucht von Tieren entstehen werden nicht mit Reduktionszielen versehen, kritisiert die Umweltschutzorganisation WWF. „Die Kommission macht einen halbherzigen Schritt in die richtige Richtung, solange die Primärproduktion unter den Tisch fällt“, sagt Elisa Kollenda, Referentin für nachhaltige Ernährung beim WWF Deutschland. Überraschend ist ebenfalls, dass die Kommission bei den Zielvorgaben bis 2030 für Handel und Verbraucher:innen weit hinter den UN-Nachhaltigkeitszielen für diese Bereiche zurückbleibt.

Per Definition blendet die Politik Verluste aus, die rein systembedingt sind. Dazu gehören zum Beispiel Überschüsse, die daraus resultieren, dass Vertragslieferanten gewährleisten müssen, immer ausreichend Ware in “richtiger” Farbe, Form und Beschaffenheit liefern zu können. Auch Preisschwankungen führen dazu, dass es bei gefallenen Erzeugerpreisen für Landwirte kostengünstiger ist, unterzupflügen statt zu ernten“, sagt Elisa Kollenda. Schätzungen des WWF UK zufolge fallen in Europa inklusive des Vereinigten Königreichs allein auf der Ebene der Landwirtschaft jährlich rund 150 Millionen Tonnen Lebensmittelabfälle an.

Der Vorschlag der EU-Kommission sieht außerdem vor, dass die Ebene der Verarbeitung ihre Lebensmittelabfälle um 10 Prozent bis 2030 verringern soll. Für Handel und Konsum setzt sie eine 30-Prozentmarke bis 2030. „Die EU-Kommission hat sich in ihrer Farm to Fork-Strategie explizit zum UN-Nachhaltigkeitsziel von 50 Prozent bis 2030 für Handel und Verbraucher:innen bekannt. Das Ziel beinhaltet zudem eine Reduktion der Abfälle entlang der gesamten Lieferkette, beginnend mit der Landwirtschaft. Es ist unverständlich, dass sie davon nun abrückt“, sagt Kollenda vom WWF.

Sollte es auf EU-Ebene bei dem blinden Fleck im Bereich der Landwirtschaft und den niedrig gesetzten Zielen bleiben, setzt die Umweltschutzorganisation WWF auf die Bundesregierung: „Zuständig für die Umsetzung der EU-Abfallrahmenrichtlinie auf nationaler Ebene ist grundsätzlich das Bundesumweltministerium. Es kann dabei zusätzliche nationale Anforderungen stellen zum Beispiel für die Primärproduktion”, so Kollenda.

Im nächsten Schritt werden der Rat und das Europäische Parlament zum EU-Kommissionsvorschlag Stellung beziehen. Der WWF fordert deshalb das BMUV und die zuständigen Parlamentarier dazu auf, sich für Reduktionsziele einzusetzen, die wirklich von Acker bis zum Teller greifen.

Kontakt

Wiebke Elbe

Pressesprecherin für Ernährung, Landwirtschaft, Bergbau / Berlin

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