Historischer Moment: Nun auch wieder Luchse in den italienischen Alpen

Erfolg für die Artenvielfalt in Europa: Durch die italienischen Alpen pirschen nun wieder fünf Luchse. Gestern haben ein Konsortium von Forstpolizei, Naturschützern und Jägern Karlo, ein einjähriges Luchsmännchen in einem italienischen Tal nahe dem italienischen Tarvisio freigelassen. Er war der letzte von insgesamt fünf Luchsen aus der Schweiz, Rumänien und Kroatien, die im Rahmen des Projekts „ULyCA2“ in den italienischen Julischen Alpen ausgesetzt wurden.

Moritz Klose, Programmleiter Wildtiere des WWF Deutschland sagt: „Karlo und die anderen Luchse sind Hoffnungsträger für eine gesündere Natur in Europa. Denn mit seiner Freilassung kommen wir dem Ziel ein Stück näher, dass der Luchs in Mitteleuropa wieder flächendeckend in geeignete Lebensräume zurückkehrt. Mit dem neuen Luchsvorkommen kann eine wichtige Verknüpfung zwischen den Luchspopulationen der Dinariden und der Westalpen geschaffen werden.“

Der Luchs starb Ende des 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts in den Alpen aus. Durch Wiederansiedlungsprojekte leben in den slowenischen und schweizerischen, nicht aber in den italienischen Alpen wieder Luchse. Das Projekt „ULyCA2“ möchte das ändern, Karlo und die anderen ausgesetzten Luchse sollen ein neues italienisches Luchsvorkommen begründen, um die genetische Verarmung der Population zu verhindern. Der WWF hofft, dass die freigelassenen Luchse bald mit ihren slowenischen und schweizerischen Artgenossen zusammenkommen und einen neuen, vitalen Populationskern bilden. Alle freigelassenen Luchse tragen ein Funkhalsband, damit ihre Bewegungen bei der Suche nach einem Territorium verfolgt werden können.

Mittlerweile gibt es in den Alpen wieder mehr als 200 Luchse. Die Art ist weiterhin stark gefährdet, vor allem Inzucht, Wilderei und Verkehrsunfälle bedrohen die Pinselohren. Luchse ernähren sich hauptsächlich von mittelgroßen Säugetieren wie Rehen und Gämsen. Für Menschen sind sie harmlos; sie bekommen die Waldbewohner nur selten zu Gesicht. Auch zu Übergriffen auf Nutztiere kommt es nur äußerst selten, wenn diese nicht oder nicht ausreichend geschützt sind.

In Deutschland gibt es zurzeit zwischen 160 bis 200 erwachsene Luchse. Damit gilt der Luchs hierzulande nach wie vor als vom Aussterben bedroht. Nach erfolgreichen Wiederansiedlungen im Harz, Bayerischen Wald und Pfälzerwald wurden jüngst neue Projekte zur Bestandstützung und Vernetzung bestehender Vorkommen in Deutschland gestartet. So werden unter Beteiligung des WWF in den nächsten Jahren in Thüringen und Baden-Württemberg mehrere Luchse aus Gehege-Nachzuchten und Wildfängen aus Rumänien freigelassen.

ULyCA ist ein Projekt der Carabinieri Forestali. Das Progetto Lince Italia der Universität Turin ist für die technischen und logistischen Aspekte zuständig. Finanziell wird das Projekt von mehreren WWF Büros unterstützt.

Bisher im Projekt „ULyCA2“  freigelassene Luchse und ihr derzeitiger Aufenthaltsort:

1. Margy ist eine 3-jährige junge Katze aus dem Kanton Jura, Schweiz. Ihr Name wurde von Projektleiter General Raffaele Pio Manicone gewählt. Sie wurde am 9. März 2023 freigelassen und zog in Richtung Norden, wobei sie Slowenien durchquerte und derzeit die Nockberge in der Region  Kärnten erreicht hat.

2. Sofia ist ein 6-jähriges Weibchen ebenfalls aus dem Kanton Jura, Schweiz. Ihr Name wurde vom Projektträger WWF gewählt. Sie wurde am 16. März 2023 freigelassen und befindet sich derzeit ebenfalls in Kärnten, nördlich der Stadt Villach.  

3. Jago ist ein 3-jähriger männlicher Luchs aus Vrancea, Rumänien. Er wurde von örtlichen Jägern getauft, die ihn am 16. Mai 2023 in die Freiheit entließen. Er erkundet jetzt die Julischen Alpen.

4. Talia ist ein 2-jähriges Weibchen, ebenfalls aus Vrancea, Rumänien. Ihr Name wurde von Grundschulkindern in Tarvisio gewählt. Sie wurde zusammen mit Jago am 16. Mai 2023 freigelassen.

5. Der männliche Luchs Karlo wurde am 13. Juni 2023, in Tarvisio freigelassen. Er war am 22. Oktober 2022 in Kroatien gefangen worden, nachdem er seine Mutter verloren hatte.

Kontakt

Rebecca Gerigk

Pressesprecherin für Wald, Biodiversität, Südamerika, Wildtiere in Deutschland / Berlin

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