Gutachten ist Arbeitsauftrag an Bundestag und Bundesregierung gleichermaßen

Berlin, 20.02.2024: Mitte Januar schloss der vom deutschen Bundestag eingesetzte Bürgerrat „Ernährung im Wandel“ seine Arbeit ab. Dienstag übergibt das Gremium sein Gutachten zu neun erarbeiteten Empfehlungen an das Parlament. Der WWF Deutschland appelliert an Fraktionen und Abgeordnete, die Ergebnisse ernst zu nehmen und in konkrete Gesetzesinitiativen zu gießen. Das Gutachten ist auch ein Arbeitsauftrag an die Bundesregierung: „Die kürzlich verabschiedete Ernährungsstrategie bleibt in entscheidenden Punkten hinter dem Gestaltungswillen der Bürgerinnen und Bürger zurück. Die Bundesregierung muss nachlegen.“, so Elisa Kollenda, Referentin für nachhaltige Ernährung beim WWF Deutschland.

Die 160 ausgelosten Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Bürgerrats haben neun Empfehlungen formuliert und priorisiert. Nach der kostenfreien und gesunden Gemeinschaftsverpflegung an Kitas und Schulen folgt auf Platz zwei ein verpflichtendes staatliches Label für Lebensmittel. Es soll die Bereiche Klima, Tierwohl und Gesundheit berücksichtigen, wissenschaftlich fundiert sein und für alle in Deutschland und der Europäischen Union verkauften Produkte gelten. „Ein erster Schritt ist, in Deutschland eine einheitliche und belastbare Datengrundlage zu schaffen, damit eine Ökobilanzierung einzelner Lebensmittel überhaupt möglich ist. Die Bundesregierung muss dafür sorgen, dass dazu notwendige vollständige, valide Produktionsdaten zentral gesammelt werden und öffentlich verfügbar sind. Dafür könnten sich auch Fraktionen im Bundestag einsetzen und so den Druck auf die Bundesregierung hier erhöhen“, fordert Elisa Kollenda vom WWF.

In Zugzwang ist die Bundesregierung auch im Bereich der Besteuerung von Lebensmitteln. Die Ernährungsstrategie schweigt zu fiskalischen Hebeln. Der Bürgerrat empfiehlt einen neuen Kurs samt einer Überarbeitung der Definition von Grundnahrungsmitteln. „Kurzfristig könnte die Bundesregierung die Mehrwertsteuer auf gesunde Erzeugnisse wie Obst, Gemüse und Hülsenfrüchte streichen. Mittelfristig braucht es eine Neuausrichtung der Lebensmittelbesteuerung in Form einer Nachhaltigkeitssteuer. Sie sollte an das verpflichtende Nachhaltigkeitslabel gekoppelt sein“, ordnet Elisa Kollenda ein.

Bei der vom Bürgerrat in zwei Empfehlungen angesprochenen Gemeinschaftsverpflegung fordert der WWF Deutschland noch diese Legislaturperiode konkrete erste Schritte. „Die Bundesregierung bekennt sich zu einer gesünderen und ökologischeren Gemeinschaftsverpflegung. Offen ist, wie die finanziellen Rahmenbedingungen dafür geschaffen werden. Denkbar wäre zum Beispiel ein Bundesinvestitionsprogramm mit Eigenanteilen der Länder für die Umstellung und Bereitstellung einer gesunden und nachhaltigen Gemeinschaftsverpflegung - in Kitas, Schulen, der Kinder- und Jugendhilfe, in Krankenhäusern, Pflege- und Senioreneinrichtungen oder Justizvollzugsanstalten“, regt Kollenda vom WWF an.

Mit dem Bürgerrat „Ernährung im Wandel“ schließt der erste vom Bundestag eingesetzte Bürgerrat seine Arbeit ab. Das Gutachten soll in die parlamentarischen Beratungen gehen. Dazu soll es in erster Beratung eine Aussprache im Plenum des Deutschen Bundestages geben. Anschließend soll der Bericht an die thematisch zuständigen Ausschüsse überwiesen werden. Danach entscheidet der Bundestag, wie er mit den Ergebnissen weiter umgeht.

Kontakt

Wiebke Elbe

Pressesprecherin für Ernährung, Landwirtschaft, Bergbau / Berlin

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