Gamechanger für den Klimaschutz

In einer wegweisenden Stellungnahme hat der Internationale Gerichtshof in Den Haag die Verantwortung der Staaten im Kampf gegen die Klimakrise betont. Konkret hieß es, dass alle Staaten verpflichtet sind, Klimaschutzmaßnahmen zu ergreifen und den größten ihnen möglichen Beitrag zu leisten, um das gemeinsame Ziel des Pariser Abkommens, die Erderhitzung auf 1,5 Grad zu begrenzen, zu erreichen. Der Gerichtshof sieht eine Pflicht der Staaten zur Kooperation, um konkrete Emissionsreduktionen zu erzielen. Diese Verpflichtung erstreckt sich auch auf die Wechselwirkungen zwischen Klima- und Biodiversitätsschutz und gilt selbst für Staaten, die nicht Teil der Klimaabkommen sind. Der Gerichtshof hat festgestellt, dass eine gesunde Umwelt ein Menschenrecht ist und dass alle Staaten dafür zu sorgen haben. 

Dazu sagt Viviane Raddatz, Klimachefin beim WWF Deutschland:

„Die Stellungnahme des Gerichts ist ein Gamechanger für den internationalen Klimaschutz. Staaten tragen Verantwortung dafür, Menschen vor den Folgen der Klimakrise zu schützen – und zwar über die eigenen Grenzen hinweg. Dies kann nur über die schnelle Reduktion klimaschädlicher Emissionen geschehen. Hier sind der Stellungnahme nach alle Staaten, insbesondere aber die Hauptemittenten in der Pflicht. Sie heizen die Klimakrise an, und während einige wenige davon auf kurze Sicht profitieren, leidet langfristig das Wohlergehen aller darunter. Insbesondere ärmere Menschen vor allem in ärmeren Staaten und die Bewohner:innen kleiner Inselstaaten werden von den Folgen der Erderhitzung unverhältnismäßig hart getroffen. Aber auch in Deutschland spüren wir die Auswirkungen der Klimakrise immer drastischer. Dass durch verspätetes Handeln auch Freiheitsrechte künftiger Generationen gefährdet werden, hat bereits das deutsche Verfassungsgericht unterstrichen. Jetzt bezieht auch der Internationale Gerichtshof entsprechend Stellung. Klimaschutz ist ein Recht der Menschen und Verpflichtung für Staaten. Als einer der historisch größten Hauptverursacher der Klimakrise steht Deutschland in der Verantwortung, klare Verlässlichkeit zu zeigen, etwa bei der Umsetzung seiner eigenen Klimaziele und der Festlegung des EU-Beitrags (NDC) zum Pariser Abkommen, der bis zum September stehen muss. Statt Bierzeltparolen braucht es von der Bundesregierung durchdachte Pläne im Sinne der Bürger:innen.”

Hintergrund

Die Generalversammlung der Vereinten Nationen hat im März 2023 eine Resolution verabschiedet, in der sie den Internationalen Gerichtshof (IGH) auffordert, ein Gutachten über die völkerrechtlichen Verpflichtungen der Staaten zur Bewältigung der Klimakrise zu erstellen und die rechtlichen Konsequenzen einer Untätigkeit zu prüfen. Dies war das Ergebnis einer Initiative zahlreicher Inselstaaten unter der Führung von Vanuatu. (siehe https://www.icj-cij.org/case/187)

Der WWF hat eine Eingabe beim IGH gemacht, in der er die Verbindung aus Klimakrise und Biodiversitätsverlust betont: Einerseits leidet die Natur unter den Folgen der Klimakrise, andrerseits ist eine gesunde Natur Teil der Lösung für ein stabiles Klimasystem. Der Schutz von Klima und Natur muss daher gemeinsam adressiert werden. (siehe: https://wwf.panda.org/wwf_news/?11676441/WWF-ICJ-submission-climate-change-biodiversity)

Die Stellungnahme vom IGH reiht sich ein in eine Reihe bemerkenswerter juristischer Verfahren innerhalb kurzer Zeit. Erst im Mai hatte das Oberlandesgericht Hamm ein wegweisendes Urteil gesprochen: Unternehmen, die große Mengen C02 ausstoßen, können zivilrechtlich für die Folgen der Klimakrise zur Verantwortung gezogen werden. Und vergangenes Jahr hatte der Internationale Seegerichtshof klargestellt, dass die Mitgliedsstaaten des Seerechtsabkommens dazu verpflichtet sind, die Meeresumwelt zu erhalten – dies umfasse auch die Pflicht, die Ozeane vor den Auswirkungen der Klimakrise zu schützen.

Kontakt

Julian Philipp

Pressesprecher für Transformation von Wirtschaft und Finanzmarkt / Berlin

Lea Vranicar

Pressesprecherin für Klimaschutz und Energiepolitik / Berlin

  • Amur-Tiger © Ola Jennersten / WWF Schweden Bedrohte Arten

    Der Rückgang der biologischen Vielfalt wird maßgeblich durch menschliches Handeln verursacht. Der WWF setzt sich weltweit für den Schutz bedrohter Arten ein. Erfahren Sie mehr zum Artenschutz