Nächste Woche beginnt in Genf die letzte Verhandlungsrunde über ein UN-Abkommen gegen Plastikverschmutzung (INC-5.2). Der WWF Deutschland ruft die verhandelnden Staaten auf, jetzt für ein wirksames Abkommen mit verbindlichen Regeln inklusive gezielter Verbote zu kämpfen. Zuletzt hatten oftmals wenige Staaten eine Einigung aufgrund wirtschaftlicher Interessen verhindert, während sich die Mehrheit von Ländern aus allen Weltregionen für ehrgeizige Maßnahmen aussprach.
„Plastikverschmutzung ist nicht nur eine globale Umweltkrise, sondern auch Ausgangspunkt eines wachsenden Gesundheitsproblems. Umso dringlicher ist vorsorgliches, entschlossenes Handeln der Staatengemeinschaft gefordert. Um die weltweite Plastikkrise zu stoppen, brauchen wir ein verbindliches globales Abkommen, das sich auf den gesamten Lebenszyklus von Plastik bezieht und Verbote besonders schädlicher Kunststoffprodukte und Chemikalien einschließt“, fordert Florian Titze, Leiter Internationale Politik beim WWF Deutschland.
Wenn dies, wie in vergangenen Verhandlungsrunden, in Einstimmigkeit der verhandelnden Länder nicht erreichbar ist, bestehe auch die Option einer Mehrheitsabstimmung. Die Staaten müssten alle Möglichkeiten für ein starkes Ergebnis ausschöpfen. Der WWF warnt vor zahnlosen Kompromissen und fordert insbesondere die Bundesregierung auf, sich gemeinsam mit der EU in Genf gegen einen verwässerten Kompromiss zu wehren. „Politischer Einsatz für einen umweltpolitischen Meilenstein bedeutet auch, ein starkes Abkommen in Zweifel gegen den Druck der wenigen bremsenden Staaten zu erstreiten. Es darf keine Einigung um jeden Preis geben. Ein freiwilliges Abkommen des kleinsten gemeinsamen Nenners wird die Plastikkrise nicht lösen. Eine solche Scheinlösung fesselt uns an einen Pfad kontinuierlich wachsender Plastikverschmutzung und wäre der denkbar schlechteste Ausgang der Verhandlungen“, so Titze weiter.
Report Plastik und One Health
Über Jahrzehnte hat sich eine enorme Menge an Plastikverschmutzung in der Umwelt angesammelt. Längst gelangt Mikro- und Nanoplastik unvermeidlich auch in unsere Körper, etwa beim Atmen, Essen und Trinken. Die teils winzigen Partikel und die ihnen bei der Herstellung zugesetzten Chemikalien stehen im Verdacht Schäden an Lunge, Herz, Gehirn, Verdauungstrakt, Immun- und Hormonsystem hervorzurufen. Neuere Studien deuten darauf hin, dass Mikro- und Nanoplastik sich in Arterien ablagern, Entzündungen fördern und das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen wie Herzinfarkt und Schlaganfall erhöhen könnten. Auch wenn nicht alle Zusammenhänge abschließend geklärt sind, entwickeln sich die wissenschaftlichen Erkenntnisse über die Auswirkungen von Mikro- und Nanoplastik und die damit verbundenen Chemikalien rasant. Für den gemeinsamen Report „Plastik und One Health“ hat die Universität Birmingham den aktuellen Forschungsstand basierend auf 200 Studien zusammengefasst.
„Die Evidenz, dass Mikro- und Nanoplastik sowie zugesetzte Chemikalien die menschliche Gesundheit über verschiedene Organsysteme hindurch beeinflussen, nimmt zu. Es ist von ernstzunehmenden gesundheitlichen Risiken auszugehen, denn es zeigt sich eine flächendeckende Belastung. Auch wenn noch Wissenslücken bestehen, ist die Last der wissenschaftlichen Beweislage so erdrückend, dass hier das Vorsorgeprinzip zur Anwendung kommen muss“, sagt Prof. Dr Stefan Krause von der Universität Birmingham, UK.
Auch aus Sicht des WWF bekräftigt der Forschungsstand den politischen Handlungsbedarf. Ein Abkommen, das die Plastikverschmutzung an ihrer Quelle bekämpft, ist ökologisch unerlässlich und gleichzeitig ein Gebot der öffentlichen Gesundheit. Denn die Gesundheit von Menschen, Tieren und Umwelt ist eng miteinander verbunden.