Forum in Köln belegt Erfolge und zeigt Herausforderungen auf

Teilnehmer:innen des „Tropical Forestry Forum on the Congo Basin“ © FSC
Teilnehmer:innen des „Tropical Forestry Forum on the Congo Basin“ © FSC

Rund 60 internationale Expertinnen und Experten aus Wissenschaft, Wirtschaft, Politik und Zivilgesellschaft versammelten sich am 22. Mai 2025 im Kölner Zoo, um im Rahmen des „Tropical Forestry Forum on the Congo Basin“ über die Zukunft der tropischen Wälder im Kongo-Becken zu diskutieren. Ausgerichtet wurde die Veranstaltung von FSC Deutschland, WWF Deutschland und ATIBT in Kooperation mit der Universität Utrecht. Im Zentrum stand die Frage, wie nachhaltige Forstwirtschaft, insbesondere nach FSC-Standard, zum Erhalt von Biodiversität, Klimaschutz und zur Verbesserung der Lebensbedingungen der lokalen Bevölkerung beitragen kann – und welche Hürden es dabei zu überwinden gilt.
 
Die Bedeutung des Kongo-Beckens
Das Kongo-Becken ist mit rund 200 Millionen Hektar das zweitgrößte zusammenhängende Regenwaldgebiet der Erde und speichert etwa 60 Milliarden Tonnen CO₂. Es beherbergt etwa ein Fünftel der weltweiten Artenvielfalt und ist Lebensgrundlage für Millionen Menschen. Doch die Region steht unter massivem Druck: Biodiversitätsverlust, Ressourcenerschöpfung, wirtschaftlicher Druck auf lokale Gemeinschaften und die Folgen des Klimawandels gefährden sowohl die Natur als auch die Menschen.
 
Wissenschaftliche Erkenntnisse: FSC-Zertifizierung wirkt
Ein zentrales Thema der Konferenz waren die neuesten Forschungsergebnisse zur Wirkung von FSC-zertifizierter Forstwirtschaft. Der Vortrag von Dr. Joeri Zwerts (Universität Utrecht) stach dabei besonders hervor. Er präsentierte anschaulich eine groß angelegte Studie zur Vielfalt der größeren Tierwelt im Wald, die in der Region durchgeführt wurde. Die Ergebnisse sind eindeutig: In FSC-zertifizierten Wäldern leben 2,7-mal mehr große Säugetiere wie Gorillas und Waldelefanten und 2,5-mal mehr mittelgroße Arten wie Leoparden und Schimpansen als in nicht-zertifizierten Wäldern. Das Utrechter Forscherteam verweist zudem auf wissenschaftlich belegte Zusammenhänge zwischen dem Vorkommen von großen Säugetieren in einem Wald und der Fähigkeit dieser Waldgebiete mehr CO₂ zu absorbieren als andere Waldgebiete.

Die Ergebnisse wurden von den Forschenden in Verbindung mit konkreten Anforderungen aus den im Kongobecken geltenden FSC-Standards gebracht. Insbesondere die Schließung von Forststraßen nach der Ernte, die Zugangskontrolle durch Check-Points in Waldgebiete und die Einbindung der örtlichen Bevölkerung in den Forstbetrieb und die Weiterverarbeitung tragen gepaart mit unabhängigen Kontrollen zum Rückgang von Wilderei und illegaler Entwaldung bei.
„Unsere Daten zeigen, dass FSC-zertifizierte Forstwirtschaft nicht nur den Lebensraum für große und bedrohte Säugetiere schützt, sondern auch die Funktionsfähigkeit des gesamten Ökosystems stärkt und den Menschen vor Ort nachhaltige Perspektiven eröffnet“, betonte Dr. Zwerts in seinem Vortrag.
 
Soziale und wirtschaftliche Aspekte
Die Referierenden unterstrichen, dass nachhaltige Forstwirtschaft im Kongo-Becken nicht nur ökologisch, sondern auch sozial unverzichtbar ist. Sie schafft Arbeitsplätze, sorgt für gerechte Beteiligung der lokalen Bevölkerung und trägt zur Armutsbekämpfung bei. Innovative Geschäftsmodelle, Investitionen und Programme wie „WWF Forest Forward“ oder FSC Verified Impact wurden vorgestellt, die nachhaltige Wirtschaftsmodelle bieten sowie alternative oder zusätzliche Einkommensquellen für die Menschen vor Ort erschließen sollen.
 
Staaten des Kongobeckens heben den Wert des verantwortungsvollen Umgangs mit Wald hervor.
Ein wichtiger Programmpunkt der Konferenz war der Vortrag von Chouaibou Nchoutpouen, dem stellvertretenden Exekutivsekretär der Zentralafrikanischen Waldkommission (COMIFAC). In seinem Beitrag betonte er die zentrale Rolle von COMIFAC als koordinierende Institution für die Forst- und Umweltpolitik in Zentralafrika und als anerkanntes technisches Kooperationszentrum für das globale Biodiversitätsabkommen.

Nchoutpouen hob hervor, dass die Wälder des Kongo-Beckens mit 301 Millionen Hektar als „grüne Lunge der Erde“ gelten, jährlich rund 720 Millionen Tonnen CO₂ aufnehmen und enorme Kohlenstoffvorräte speichern. Trotz Fortschritten – etwa 36 Millionen Hektar werden nachhaltiger bewirtschaftet, davon sind 6,5 Millionen Hektar Wald FSC-zertifiziert – stehen die Länder der Region vor großen Herausforderungen: zu wenig internationale Finanzierung, komplexe Förderzugänge, wachsende Bedrohungen durch Wilderei, illegale Nutzung und politische Instabilität. Bergbau und Flächenausbreitung von Siedlungen und Landwirtschaft bedrohen die bisher intakten Primärwälder der Region.

Er machte deutlich, dass nachhaltige Forstwirtschaft entscheidend für den Erhalt der Wälder, die Biodiversität und die Lebensgrundlagen der Menschen sind. Gleichzeitig forderte er eine gerechtere internationale Anerkennung und finanzielle Entlohnung der ökologischen Leistungen der Region. Nur so könne das Kongo-Becken als globales Gemeingut langfristig geschützt werden.

„Es benötigt innovative Finanzierungsansätze mit einem Fokus auf Mischfinanzierung, um nachhaltige lokale Wertschöpfungsketten zu fördern“ ergänzt Dr. Julia Barske, WWF Deutschland, „nur so können die Wälder gemeinsam mit und durch die lokale Bevölkerung langfristig geschützt werden.“

Herausforderungen: Sinkende Nachfrage in Deutschland
Trotz der nachweislichen Vorteile der FSC-Zertifizierung wurde auf dem Forum auch ein drängendes Problem deutlich: Die Nachfrage nach FSC-zertifiziertem Tropenholz in Deutschland und Europa ist gering und nimmt sogar weiter ab. Gründe sind unter anderem Vorbehalte gegenüber Tropenholz, Unsicherheiten im Markt und ein fehlendes Bewusstsein für die positiven Effekte nachhaltiger Forstwirtschaft.
Produkte wie Kakao und Kaffee zeigen, dass komplexe Lieferketten und ökologische Herausforderungen kein Hinderungsgrund sein müssen. Für diese Rohstoffe wird zunehmend auf anerkannte Zertifizierungen und politische Unterstützung gesetzt. Tropenholz aus nachhaltiger Bewirtschaftung verdient denselben proaktiven Ansatz – statt pauschaler Ablehnung.
 
Abschlussstatement: Einigkeit über nachhaltige Holzwirtschaft im Kongobecken
Starke nationale Forstgesetze im Kongobecken fördern eine nachhaltige Forstwirtschaft im ganzen Land. Die Umsetzung dieser Ansätze muss durch eine enge Zusammenarbeit mit der jeweiligen Regierung gestärkt werden. Es sollte eine Harmonisierung der verschiedenen Regulierungen in der Region angestrebt werden, um besonders durch einheitliche Rückverfolgungssysteme die Einhaltung der Vorgaben effizient umzusetzen und verifizieren zu können.

Die Veranstaltung wurde von Kim Carstensen, dem ehemaligen Generaldirektor von FSC International und früheren Geschäftsführer von WWF Dänemark, souverän und mit großer Expertise moderiert. Carstensen verstand es, die unterschiedlichen Perspektiven zusammenzuführen, die Diskussionen zu strukturieren und immer wieder auf die gemeinsamen Ziele hinzuweisen: „Der Erhalt der Wälder des Kongo-Beckens ist eine globale Aufgabe, bei der FSC-zertifizierte Forstwirtschaft eine Schlüsselrolle spielt“, so Carstensen.

Zum Abschluss der Konferenz einigten sich die Organisatoren auf ein gemeinsames Statement, das die wichtigsten Erkenntnisse bündelte:
„Nachhaltige Forstwirtschaft im Kongo-Becken ist alternativlos, wenn es um den Erhalt der Wälder, den Schutz der Artenvielfalt, die Bindung von CO und die Sicherung der Lebensgrundlagen der lokalen Bevölkerung geht. Politik, Wirtschaft und Zivilgesellschaft sind aufgerufen, nachhaltige Forstwirtschaft und Lieferketten im Kongobecken zu stärken. Nachhaltige Nutzung und Schutz müssen als ein Kontinuum verstanden werden, das im Zusammenspiel langfristige Vorteile für die lokale Bevölkerung, die Artenvielfalt und das globale Klima schafft – und damit letztlich uns allen zugutekommt. “
 
Fazit
Das Tropical Forestry Forum in Köln hat eindrucksvoll gezeigt: Nachhaltige Forstwirtschaft im Kongo-Becken ist ein wirksames Instrument zum Schutz von Natur und Klima, wobei Zertifizierungen wie FSC (Forest Stewardship Council) eine wichtige Rolle bei der Sicherstellung dieser Nachhaltigkeit spielen – und insbesondere für die Menschen vor Ort. Eine der größten Herausforderungen bleibt, diese Erfolge auch in den Märkten sichtbar zu machen und die Nachfrage nach nachhaltigem Tropenholz zu steigern, dort wo das Holz seine Stärken in den Nutzungseigenschaften ausspielen kann. Die Einigkeit der internationalen Expertinnen und Experten war unübersehbar: Ohne mehr Anstrengungen und langfristige Lösungen, die unterschiedliche Ansätze wie FSC-zertifizierte Forstwirtschaft und Schutzkonzepte gleichberechtigt integrieren, ist der Erhalt des Tropenwaldes im Kongo-Beckens und seiner einzigartigen Ökosysteme nicht möglich.

Kontakt

Immo Fischer

Pressesprecher für Afrika, Lateinamerika, Wald & Holz, menschenrechtliche Sorgfaltspflicht / Berlin

  • Amur-Tiger © Ola Jennersten / WWF Schweden Bedrohte Arten

    Der Rückgang der biologischen Vielfalt wird maßgeblich durch menschliches Handeln verursacht. Der WWF setzt sich weltweit für den Schutz bedrohter Arten ein. Erfahren Sie mehr zum Artenschutz