Zum Start der Koalitionsverhandlungen zwischen Union und SPD am Donnerstagabend erklärt Viviane Raddatz, Leiterin Klimaschutz und Energiepolitik beim WWF Deutschland:
„Ohne Klima- und Naturschutz blüht uns nichts Gutes! Das Sondierungspapier von Union und SPD liest sich, als hätten beide Parteien die letzten zehn Jahre verschlafen. Klima- und vor allem Naturschutz kommen darin praktisch nicht vor – und das in einer Zeit, in der Hitzewellen, Dürren und Überschwemmungen längst die Realität sind. Wer heute noch glaubt, Klimaschutz ignorieren zu können, hat die Zeichen der Zeit nicht erkannt. Ohne intakte Lebensgrundlagen können wir unsere Ziele zu einer zukunftsfähigen Wirtschaft vergessen.
Die Unternehmen selbst sehen die massiven Risiken, die durch fehlende Klima- und Umweltmaßnahmen entstehen. Und die Wirtschaft braucht klare Rahmenbedingungen für die Transformation statt ständiger Kehrtwenden und Verunsicherung. Wir fordern die Verhandlungsparteien auf, jetzt Verantwortung zu übernehmen. Es braucht umfassende Maßnahmen zur Einhaltung der Klimaziele im Verkehrs- und Gebäudesektor, zur Elektrifizierung von Industrie, Gebäuden und Verkehr. Es fehlen im Sondierungspapier für die Koalitionsverhandlungen Bekenntnisse zum Ausbau der Schieneninfrastruktur und des ÖPNV ebenso wie ein Plan zum europäischen Emissionshandel für Gebäude und Verkehr und zum Gasausstieg.
Was wir brauchen, ist ein entschlossenes Verfolgen der Klimaziele: Dafür notwendig sind der Kohleausstieg bis 2030, naturverträglicher Ausbau der Erneuerbaren, konsequente Elektrifizierung, wirksamer Waldschutz und klare Rahmenbedingungen für eine zirkuläre Wirtschaft. Dies sind wirtschaftliche Notwendigkeiten für ein zukunftsfähiges Deutschland. Die Sicherheit Deutschlands ist auch maßgeblich vom Schutz unserer Flüsse, Moore, Wälder oder artenreichen Agrarflächen abhängig, sei es als natürlicher Hochwasserschutz, Grundwasserspeicher oder Kohlenstoffsenke. Wir brauchen ein konsequentes Umsetzen der vielen starken Programme der Bundesregierung und der EU.
Union und SPD sind aufgerufen, in ihrem Koalitionsvertrag festzuhalten, wie sie die Klima- und Naturschutzziele erreichen wollen. Querschnittsthemen wie Klima- und Naturschutz brauchen klare Zuständigkeiten und Strukturen in der nächsten Bundesregierung. Ein wirkungsorientierter Haushalt ist zwar erwähnt, aber ohne Idee, wie das funktionieren soll. Das Sondierungspapier bietet viele Leerstellen, aus denen im Koalitionsvertrag ein echter Zukunftsvertrag werden kann – wenn Klima- und Naturschutz nicht vergessen werden.“