„Dam Removal Progress Report“: 2024 mindestens 542 zurückgebaute Wehre und andere Querbauwerke in 23 europäischen Ländern

  • Acht Rückbauprojekte aus Deutschland, darunter drei mit WWF-Beteiligung
  • WWF: Jedes abgerissene Querbauwerk ist ein Gewinn für die Artenvielfalt und Gewässerökologie – das zeigt das aktuelle Beispiel der Kleinen Paar/Bayern

 

Berlin, den 15.05.2025: Die Initiative „Dam Removal Europe“ hat für das Jahr 2024 insgesamt 542 zurückgebaute Querbauwerke in 23 europäischen Ländern dokumentiert – so viele wie nie zuvor. Aus Deutschland wurden acht Rückbauprojekte gemeldet, darunter Maßnahmen an der Kleinen Paar, dem Stöckigtbach und der Volme. Diese wurden maßgeblich vom WWF Deutschland im Rahmen der Projekte „Lebendige Flüsse“ und „Fluss.Frei.Raum“ finanziert. Querbauwerke wie Wehre haben gravierende negative Auswirkungen auf die Gewässerökologie und die Artenvielfalt von Flüssen und Bächen. Der WWF setzt sich daher für den Rückbau nicht benötigter Barrieren in Flüssen ein.

Dass der Rück- und Umbau von Barrieren wirkt, zeigt das Beispiel der Kleinen Paar, eines Zuflusses zur Donau in Bayern. Der WWF Deutschland hat 2024 mit finanzieller Unterstützung und einem Arbeitseinsatz vor Ort dazu beigetragen, den kleinen Bach von zwei nicht durchgängigen Sohlschwellen zu befreien. Die Kleine Paar ist jetzt auf einer Länge von sieben Kilometern wieder frei passierbar für Fische. Eine kürzlich abgeschlossene Untersuchung der Auswirkungen des Rückbaus zeigt eine deutliche Verbesserung des Gesamtzustands der Kleinen Paar ober- und unterhalb der beiden Baustellen. Viele sensible Arten mit hohen Ansprüchen an ihren Lebensraum finden in dem nun sauberen und durchgängigen Bach wieder ein Zuhause, darunter große und kleine Bachforellen, Elritzen, Äschen und Mühlkoppen. Arten wie Rotauge, Rotfeder und Aitel sind ebenfalls zugewandert. Überraschend positiv fielen auch die Funde von Kleinstlebewesen am Gewässergrund aus, darunter Bachflohkrebse, Eintagsfliegenlarven und Wassergeistchen. Sie profitieren davon, dass der zuvor verschlammte Bach nun wieder durchströmt wird und sie im sauberen Kies einen Lebensraum finden.

Sigrun Lange, Leiterin des WWF-Teams "Frei fließende Flüsse": "Der Rückbau von Querbauwerken ist eine effiziente und vergleichsweise kostengünstige Renaturierungsmaßnahme, um die ökologische Durchgängigkeit von Fließgewässern wiederherzustellen. Gefährdete Wanderfischarten wie Lachs, Äsche oder Nase erreichen so wieder die Oberläufe zum Laichen. Andere kälteliebende Arten finden in den wieder angebundenen Gewässerabschnitten Rückzugsgebiete. Dies ist gerade vor dem Hintergrund des immer schneller voranschreitenden Klimawandels von großer Bedeutung.

Die ökologische Durchgängigkeit der Fließgewässer ist eines der Hauptziele der EU-Wasserrahmenrichtlinie und in der EU-Naturschutzverordnung in einem eigenen Artikel verankert. EU-weit sollen bis 2030 25.000 Kilometer frei fließende Flüsse erreicht werden. „Bis dahin ist es noch ein weiter Weg. Die Methodik zur Identifizierung überflüssiger Bauwerke ist noch unklar“, sagt Sigrun Lange vom WWF. Und es gibt keine systematische Erfassung des Rückbaus von Querbauwerken in der Europäischen Union, auch nicht in Deutschland. Die von „Dam Removal Europe“ zusammengetragenen Zahlen lassen daher keine direkten Rückschlüsse darauf zu, ob diese Renaturierungsmaßnahme immer häufiger angewendet oder nur häufiger als früher gemeldet wird.

Über die Dam Removal Coalition und den „Dam Removal Progress Report“:

Dam Removal Europe (DRE) ist ein Zusammenschluss von sechs Organisationen: World Wide Fund For Nature, The Rivers Trust, The Nature Conservancy, European Rivers Network, Rewilding Europe und Wetlands International. Ziel von DRE ist es, den Zustand der Flüsse in Europa wiederherzustellen und den Rückbau unnötiger Barrieren als wichtigstes Instrument der Renaturierung zu etablieren. Der „Dam Removal Progress Report“ berichtet jährlich über die Anzahl der Rückbauten von Querbauwerken in Europa. Die Daten für 2024 wurden von Ministerien, Kommunen, Wasserbehörden, Flussverwaltungen, Nichtregierungsorganisationen, Wissenschaftlern, Forschern und Praktikern der Flussrenaturierung zur Verfügung gestellt. Eine genaue Schätzung der Anzahl der jährlich beseitigten Barrieren ist schwierig, da es sehr zeitaufwändig ist, diese Projekte zu überprüfen und festzustellen, ob sie die DRE-Kriterien für den Rückbau erfüllen. In Ländern wie Spanien, Frankreich und Dänemark gibt es ein zentrales Verfahren zur landesweiten Erfassung dieser Informationen, in den meisten europäischen Ländern fehlt dies jedoch. Die Zahl der beseitigten Hindernisse könnte daher höher sein.

Kontakt

Wiebke Elbe

Pressesprecherin für Agrarrohstoffe, Biodiversität und Bergbau / Berlin

  • Feldberger Seenlandschaft © Ralph Frank / WWF Deutschland

    Im Norden, Süden, Osten und Westen Deutschlands ist der WWF aktiv und engagiert sich für den Erhalt wertvoller Landschaften, die für zahlreiche Arten wichtiger Lebensraum sind. Mehr zu deutschen Naturschutz-Projekten