Nach dreijährigen Verhandlungen zwischen den WHO-Mitgliedsländern wurde heute auf der Jahrestagung der Weltgesundheitsorganisation ein Pandemieabkommen verabschiedet. Der Vertrag umfasst Verpflichtungen zur Prävention, zur Vorsorge und zur Reaktion auf Pandemien. Sobald 60 Länder das Abkommen ratifiziert haben, tritt es in Kraft. Der WWF begrüßt das Abkommen, insbesondere die Hervorhebung der Pandemie-Prävention basierend auf dem „One Health“-Ansatz. Dieser ganzheitliche Ansatz zielt darauf ab, die Gesundheit von Menschen, Nutz- und Wildtieren sowie Ökosystemen in Einklang bringen.
„Die Gesundheit von Mensch, Tier und Umwelt ist untrennbar miteinander verbunden, die drei sind sogar voneinander abhängig. Das WHO-Abkommen erkennt an, dass diese Wechselbeziehung ein zentraler Faktor bei Ausbruch und Ausbreitung neuer Infektionskrankheiten oder Pandemien ist. Je weiter der Mensch in die Urwälder der Erde vordringt, umso schwächer werden die Barrieren, die uns vor den Krankheiten der Wildtiere schützen. Bis zu 75 Prozent aller neuen menschlichen Infektionskrankheiten sind Zoonosen, überspringen also die Artenbarriere zwischen Mensch und Tier“, erklärt Dr. May Hokan, Veterinärmedizinerin des WWF Deutschland. Zu den Hauptursachen für das Auftreten neuer Zoonosen zählen Entwaldung und Landnutzungswandel, also die Veränderung und Zerstörung natürlicher Lebensräume. „Pandemieprävention ist ohne Stärkung des Naturschutzes nicht denkbar“, so Hokan. Der WWF fordert Mitgliedsstaaten auf, das Abkommen zügig zu unterzeichnen, zu ratifizieren und mit Umsetzung der Maßnahmen zu beginnen.
Ein weiterer Punkt im WHO-Abkommen ist die Überwachung von Krankheitserregern mit dem Ziel, Pandemien möglichst früh zu verhindern. Genau dies macht der WWF gemeinsam mit Partnern in den Wäldern des Kongobeckens. Die Region gilt als Hotspot für das Auftreten zoonotischer Krankheiten. Um die Ausbreitung gefährlicher Infektionen zu verstehen und zu verhindern, werden verstorbene Wildtiere durch ausgebildete Tierärzte unter Einhaltung von Sicherheitsstandards beprobt und vor Ort in Feldlaboren untersucht. Unter dem neu gestarteten Projekt INFORBIO, gefördert von der Internationalen Klimainitiative (IKI) des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz (BMUV), soll mit diesen Erkenntnissen zusammen mit den lokalen Gesundheitsbehörden ein Frühwarnsystem erschaffen werden. „Je früher wir Erreger bei Wildtieren erkennen und je besser wir verstehen wann, wo, und wie sie auf den Menschen übertragen werden, umso erfolgreicher lässt sich die mögliche Ausbreitung von Zoonosen verhindern“, so May Hokan. Die Analysen aus den Feldlaboren werden mit verschiedenen Daten aus Biomonitoring und Satellitenaufnahmen von Entwaldung in einer komplexen Datenbank zusammengeführt. Auch die Beobachtungen, die indigene Völker und lokalen Gemeinschaften in den Wäldern machen, fließen in das System ein. Die Kombination dieser vielseitigen Daten ermöglicht es,. einerseits Risikogebiete für Zoonosen zu ermitteln und gleichzeitig besonders schützenswerte Regionen erkennen.