Kommt erstmals ein internationales Handelsverbot für bestimmte Hai- und Rochenarten? Das ist die zentrale Frage, wenn ab heute auf der Weltartenschutzkonferenz über das Schicksal zahlreicher Hai- und Rochenarten verhandelt wird. Der WWF hält es für dringend notwendig, die bestehenden aber teils erfolglosen Handelsbeschränkungen für Walhaie, Weißspitzen-Hochseehaie sowie Manta- und Teufelsrochen durch ein Handelsverbot zu ersetzen. Die Umweltschützer erwarten aber zähe Verhandlungen und Diskussionen.
„Auch wenn auf den letzten Konferenzen der Haischutz gestärkt wurde, sind die jetzt beantragten Handelsverbote keine Selbstläufer. Es ist mit Widerstand der Fischereinationen zu rechnen, insbesondere bei einer kommerziell befischten Art wie dem Weißspitzen-Hochseehai. Das Handelsverbot ist nötig, denn die Nachfrage der internationalen Märkte ist ein massiver Treiber für die Fischerei und umfangreiche Managementmaßnahmen in den meisten Ozeanen blieben erfolglos“, so Heike Zidowitz, Haiexpertin des WWF Deutschland, die die Konferenz vor Ort begleitet. Sie hält Manta- und Teufelsrochen für ein Paradebeispiel: „Die Rochen werden wegen hoher Nachfrage nach ihren Kiemenreusen für den asiatischen Markt stark befischt. Das geht jedoch nicht auf Tradition zurück, erst vor etwa 15 Jahren ist die Nachfrage plötzlich explodiert. Die Populationen sind unter dem Fischereidruck stark eingebrochen, bis hin zur Ausrottung in manchen Gebieten. Dies geschah besonders in der letzten Dekade trotz bestehender Handelsbeschränkungen und Fischereimaßnahmen. Mantas und Teufelsrochen brauchen starken Schutz, sie vermehren sich besonders langsam, bekommen nur alle zwei bis drei Jahre ein Junges, das macht sie höchst anfällig für Überfischung.“
Bis zu 100 Millionen Haie und Rochen werden jedes Jahr weltweit in der Fischerei getötet. „Haie gelten als perfekte Räuber, doch die Jäger sind längst die Gejagten. Ihr Fleisch inklusive der Flossen dient uns als Nahrung, die Haut wird zu Leder verarbeitet und das Öl ihrer Leber und die Knorpel landen als Rohstoff in der Pharma- und Kosmetikindustrie“, so Heike Zidowitz weiter. Für ihr wertvolles Leberöl befischt werden etwa Schlingerhaie, eine Familie von Tiefsee-Haiarten, die jetzt für eine Handelskontrolle nach Anhang II vorgeschlagen sind. Handelsbeschränkungen sind auch für den Handel mit Hundshai, der auch bei uns heimisch und vom Aussterben bedroht ist, beantragt. Daran gekoppelt sind 28 ähnlich aussehende Glatthaiarten, die im Handel nicht unterscheidbar sind.
Seit den 1970er Jahren sind die weltweiten Hai- und Rochenpopulationen um 70 Prozent zurückgegangen, und über ein Drittel der Arten ist bereits vom Aussterben bedroht. Der massive Verlust von Haien und Rochen ist fatal für die Ökosysteme der Weltmeere, warnt Hai-Expertin Zidowitz: „Haie sorgen für ein ausbalanciertes Verhältnis der Arten in den marinen Lebensräumen. Sie jagen alte und kranke Tiere und halten so die Beutepopulationen vital. Auf ihren Wanderungen in den Weiten und Tiefen der Meere verteilen Haie und Rochen außerdem Nährstoffe über große Distanzen. Das macht sie zu unverzichtbaren Schlüsselarten, die Ökosysteme intakt halten und für gesunde Fischbestände sorgen“. Hai- und Rochenfischereien sind sowohl auf nationaler als auch auf internationaler Ebene oft nur unzureichend reguliert. Jetzt liegen die Hoffnungen darauf, dass die Vertragsstaaten den Handel so regulieren oder unterbinden, dass sich der Schutz der majestätischen Meeresbewohner verbessert.