Finger weg!

EU-Parlament stärkt Naturschutz den Rücken / WWF: Bessere Umsetzung statt neuer Gesetze

Das größte Schutzgebietsnetz der Welt, die Natura2000-Gebiete der EU, steht derzeit auf dem Prüfstand der EU-Kommission. Der WWF befürchtet, dass so Naturschutzregeln aufgeweicht werden sollen.  Das EU-Parlament sieht das ähnlich. Eine große Mehrheit der Abgeordneten hat den Plänen am Dienstag laut WWF „eine Abfuhr erteilt“ und bedrohten Arten und Ökosystemen in Europa „den Rücken gestärkt“. Bei den Beratungen zur Halbzeitbilanz der EU-Naturschutzstrategie habe man sich in Straßburg klar gegen Änderungen der betreffenden Naturschutzrichtlinien positioniert. Stattdessen solle deren praktische Umsetzung mit mehr personellen und finanziellen Ressourcen vorangetrieben werden.

 

„Finger weg von den Naturschutzrichtlinien, das ist die eindeutige Botschaft des EU-Parlaments an die Kommission. Stattdessen braucht es mehr Geld und mehr Personal, um vor Ort das Natura2000-Netzwerk zum Erfolg zu bringen“, kommentiert Günter Mitlacher, Leiter Internationale Biodiversitätspolitik beim WWF Deutschland. Nicht die Gesetzgebung, sondern deren bisherige Umsetzung sei das Problem. So verfügten gerade einmal 58% der Natura2000-Gebiete über einen Managementplan. Auch seien nur knapp ein Viertel der Arten und sogar nur 16% der Lebensräume in Europa „in einem günstigen Erhaltungszustand“.

 

„Es ist paradox: Anstatt vor Ort in den Mitgliedsländern dem Naturschutz endlich entsprechende Mittel zur Verfügung zu stellen, prüft die Juncker-Kommission, ob die Gesetzgebung fit ist“, so die Kritik von Mitlacher.  Dabei seien Schutzgebiete eine lohnende Investition. Die Natura-2000-Gebiete der EU benötigen jährlich 6 Milliarden Euro, erbringen aber im gleichen Zeitraum Umweltleistungen im Wert von bis zu 300 Milliarden Euro, zum Beispiel sauberes Wasser, Klimaschutz und Erholungsräume.

 

Anfang 2015 startete die EU-Kommission den „Fitness-Check“ der Vogelschutz- und der Fauna-Flora-Habitat-(FFH)-Richtlinie. Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker  beauftragte Umweltkommissar Karmenu Vella, „Verschmelzung“ und „Modernisierung“ dieser wichtigsten europäischen Naturschutzgesetze zu prüfen. Noch im Laufe 2016 wird die Kommission einen Bericht vorlegen, ob die Richtlinien unverändert bleiben oder überarbeitet werden sollten.

 

Der WWF  befürchtet, dass man nur darauf abzielt hohe Standards herabzusetzen. Dies beträfe gefährdete Tier- und Pflanzenarten wie Fledermäuse und Orchideen genauso, wie ökologisch bedeutsame Lebensräume, etwa Buchenwälder, Moore, Auen und küstennahe Meeresgebiete. Sie alle sind in den EU-Naturschutzrichtlinien gelistet und als Natura 2000-Gebiete geschützt. Werden die Richtlinien verändert, könnte der Schutz von über 5.000 Gebieten auf 15,4 Prozent der Landfläche in Deutschland geschwächt werden. „Eine Jahre andauernde Rechtsunsicherheit wäre die Folge, die niemandem hilft, erst recht nicht der Natur,“ so der WWF.

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