Der Thüringer Wald ist um einen neuen Bewohner reicher: Der einjährige Luchskuder Carlo wurde heute (29.08.2025) in der Nähe von Oberhof ausgewildert. Er ist bereits der sechste Luchs, der seit Projektbeginn im Januar 2024 im Rahmen des Artenschutzprojekts „Luchs Thüringen – Europas Luchse vernetzen“ im Thüringer Wald eine neue Heimat gefunden hat. Initiiert und koordiniert wird das Projekt vom BUND Thüringen, der gemeinsam mit dem WWF Deutschland, ThüringenForst und weiteren Partnern die Rückkehr der Luchse in die Region begleitet.
Carlo stammt aus dem Zoo Karlsruhe, wo er in einem großen, naturnah gestalteten Gehege ohne direkten Kontakt zu Menschen aufwuchs. Nach seiner Ankunft in Thüringen verbrachte er zunächst einige Zeit im Auswilderungsgehege, um sich an die neue Umgebung zu gewöhnen. Seit heute streift er frei durch den Thüringer Wald und reiht sich in die Gruppe der bisher ausgewilderten Luchse Frieda, Viorel, Vreni, Kilian und Ionel ein.
Ein Jahr lang wird Carlo mithilfe eines GPS-Senders beobachtet, der Einblicke in Carlos Raumnutzung und Verhalten erlaubt. Anschließend fällt das Halsband automatisch ab. Nur durch verlässliche Daten lässt sich einschätzen, wie erfolgreich das Projekt ist und ob sich im Thüringer Wald langfristig eine stabile Luchspopulation etablieren kann. Ergänzend liefern Fotofallen regelmäßig Einblicke in das Leben der Tiere: So wurde etwa die Luchsin Frieda kürzlich nahe des Ruppbergs von einer Wildtierkamera erfasst. Auch die Daten von Ionel, Kilian und Viorel bestätigen, dass sie sich in ihrer neuen Umgebung gut eingelebt haben.
Gemeinsam mit Carlo konnte auch der junge Luchs „Baron“ ausgewildert werden. Er war im Juni in der Umgebung von Bockstadt gesichtet worden und wirkte abgemagert. In Abstimmung mit den zuständigen Behörden sowie der örtlichen Jägerschaft entschied das Projektteam „Luchs Thüringen“, ihn einzufangen und in Obhut zu nehmen. Durch die engagierte Pflege des Bärenparks Worbis erholte sich „Baron“ rasch: Inzwischen bringt der einjährige Kuder 14 Kilogramm auf die Waage und ist wieder fit für die Wildnis.
Im kommenden Jahr sollen weitere Luchse im Thüringer Wald angesiedelt werden. Das Ziel des Projekts „Luchs Thüringen“ ist es, eine stabile mitteldeutsche Luchspopulation aufzubauen, die als Bindeglied zwischen den bislang isolierten Beständen im Harz und im Bayerischen Wald dient. Auf diese Weise wird die genetische Vielfalt der Luchse gestärkt und das langfristige Überleben der Art in Deutschland gesichert.
Eine gute Möglichkeit, sich näher über das Projekt zu informieren, bietet das BUND-Wildkatzendorf Hütscheroda: Die Ausstellung vor Ort, ein aktueller Luchs-Film mit Aufnahmen aus dem Thüringer Wald sowie die Schaufütterungen der dort lebenden Luchse geben Besucherinnen und Besuchern einen spannenden Einblick in das Leben dieser sonst so heimlichen Wildtiere.
Stimmen der Projektpartner
BUND Thüringen
Carlo ist im Zoo Karlsruhe unter optimalen Bedingungen aufgewachsen. Ich bin daher zuversichtlich, dass er sich in seiner neuen Heimat gut zurechtfinden wird. Besonders sorgfältig werden wir Baron beobachten. Die nächsten Wochen und Monate werden zeigen, ob er sich in der Wildnis wieder zurechtfinden wird. Ich bin froh, dass wir ihm eine neue Chance geben konnten. Es liegt nun allein in seiner Hand, sie auch zu ergreifen.“
WWF Deutschland
„Durch den gemeinsamen Einsatz der vielen beteiligten Projektpartner kommen wir dem Ziel einer gesunden Luchspopulation im Thüringer Wald mit jedem ausgewildertem Tier ein Stück weit näher“, erklärt Dr. Max Boxleitner, WWF Deutschland. „Bei einer noch so jungen und kleinen Population kommt es allerdings nach wie vor auf jedes einzelne Tier an.“
Zoo Karlsruhe
„Wir freuen uns sehr, dass Carlo nun seine neue Heimat im Thüringer Wald gefunden hat“, sagt Dr. Marco Roller, Zootierarzt im Zoo Karlsruhe. „Mit unserer gezielten Zucht von Luchsen für Wiederansiedlungsprojekte leisten wir einen wichtigen Beitrag zum Erhalt dieser faszinierenden Tierart in Europa.“
Luchsmeldung
Das Kompetenzzentrum Wolf, Biber, Luchs ist die zuständige Stelle für Meldungen von Luchsbeobachtungen. Wer in Thüringen einen Luchs beobachtet, sollte die Sichtung direkt dort melden. Dies hilft bei der Überwachung der Luchspopulation und dem Schutz dieser scheuen Tiere.
Hintergrund
„Luchs Thüringen – Europas Luchse vernetzen“ ist ein Gemeinschaftsprojekt von BUND, WWF, ThüringenForst, dem Wildkatzendorf Hütscheroda, dem Landesjagdverband Thüringen, dem UNESCO-Biosphärenreservat Thüringer Wald, dem Naturpark Thüringer Wald, der Georg-August-Universität Göttingen sowie der rumänischen Projektpartner ACDB und Romsilva. Das Projekt ist Teil des europäischen Luchsexperten-Netzwerks Linking Lynx, das sich dem Erhalt und der Vernetzung der Luchspopulationen Mitteleuropas verschrieben hat. Ziel ist es, durch gezielte Auswilderungen und die Vernetzung bestehender Populationen eine stabile und eigenständige Luchspopulation in Mitteleuropa aufzubauen.
Das Projekt wird im Programm „Förderung von Vorhaben zur Entwicklung von Natur und Landschaft“ (ENL) umgesetzt und vom Thüringer Umweltministerium gefördert.