Der Bundestag hat heute die Novelle des Kohlendioxid-Speicherungsgesetzes (KSpG) beschlossen. Die Bundesregierung will damit die CO₂-Speicherung im Boden und vor allem unter dem Meer ermöglichen und den Aufbau eines CO2-Pipelinenetzes vorantreiben. Der WWF kritisiert, dass das Gesetz weder Gaskraftwerke von der CO2-Entsorgung ausnimmt noch die deutschen Meeresschutzgebiete vollständig vor Eingriffen bewahrt. Die CO2-Abscheidung- und Speicherung wird durch die Novelle nicht im notwendigen Maß reguliert, sondern schafft eine Grundlage, um fossile Energien weiterhin künstlich am Leben zu erhalten.
„Anstatt nur solche Industriezweige für CCS zuzulassen, deren Emissionen wie in der Zement- oder Kalkindustrie aktuell nicht vermeidbar sind, wird auch der Gasindustrie dieser Entsorgungsweg eröffnet. Emissionen aus dem Energiesektor können vermieden werden und haben im Meeresboden nichts zu suchen. Damit schafft die Novelle eine gefährliche Ausrede, um weiter an fossilem Gas festzuhalten”, sagt Karoline Schacht, Expertin für Meeresschutz beim WWF Deutschland.
Das verabschiedete neue KSpG nimmt Meeresschutzgebiete von der Verpressung des CO2 aus. Um sie aber wirklich unangetastet zu lassen, müsste auch das Verlegen von CO2-Pipelines durch die Schutzgebiete unterbunden werden. Nach Ansicht des WWF verursachen solche baulichen Eingriffe massive Störungen in den Schutzgebieten und unterlaufen ihren Schutzzweck, der auch die bodennahen Lebensräume betrifft.
„Mit dem Kohlendioxid-Speicherungsgesetz intensiviert die Bundesregierung die Industrialisierung der Meere. Der Pipelinebau und die Installation von Injektionsplattformen bedeuten massive Eingriffe in das Ökosystem von Nord-und Ostsee. Deren schlechter Zustand erfordert eigentlich eine drastische Aufwertung des Meeresschutzes, das KSpG gefährdet jedoch die wichtige Rolle der Meere als Klimaschützer und Lebenspender – entgegen der Ambition des Koalitionsvertrages. Überdies schafft sich Deutschland mit dem Speicherungsgesetz eine herausfordernde Situation für die maritime Sicherheit vor unserer Küste”, so Karoline Schacht.
In den Abendstunden wird außerdem erstmals im Bundestag darüber diskutiert, ob die Förderung von Öl- und Gas in Meeresschutzgebieten der ausschließlichen Wirtschaftszone (AWZ) ausgeschlossen werden soll. Grundsätzlich begrüßt der WWF diesen Vorstoß, da Schutzgebiete ihrem Zweck nur gerecht werden können, wenn wirtschaftliche Nutzungen weitestmöglich reduziert werden. Die Umweltorganisation mahnt jedoch an, die Chance zu nutzen und auch den Sand- und Kiesabbau zu unterbinden. „Mit dem Ausschluss weiterer Nutzungen würde Deutschland der Umsetzung der europäischen Biodiversitätsstrategie hin zu mindestens 10 Prozent strengem Schutz in Nord- und Ostsee und den eigenen hohen Ansprüchen in deren Schutz näherkommen”, erklärt Karoline Schacht.
Hintergrund:
Allein durch die Kohlenstoffabscheidung und -speicherung (CCS) für aktuell nicht-vermeidbare Emissionen in ausgewählten Industriezweigen bräuchte es etwa 2000 Kilometer neue Pipelines im Meer – in Länge entspräche das in etwa beider Nord Stream-Pipelines. Das ergab eine CO2-Infrastrukturanalyse von WWF und Öko-Institut.